Augsburger Allgemeine (Land West)
Geschäftsöffnung Fahrradboom in der Corona-Krise
Geschäftsöffnung Die Wahrscheinlichkeit, sich auf dem Fahrrad mit Covid-19 anzustecken, ist sehr niedrig. Was das für Händler aus der Region bedeutet
Landkreis Augsburg Während der Corona-Krise steigen viele Menschen auf ihr Fahrrad, um mobil zu bleiben oder sich zu bewegen. Beim Radeln ist die Ansteckungsgefahr mit Corona minimal. Außerdem belüftet es die Lunge und hält fit – wichtige Faktoren in Zeiten der Krise.
Kein Wunder also, dass auch in den meisten Fahrradläden der Region Hochbetrieb herrscht. Werkstätten sind sowieso in Betrieb und Ladenflächen dürfen am Montag, 27. April wieder eröffnen. Deshalb mussten Händler auch im Verkauf kreativ bleiben.
Ein Beispiel ist Gersthofen: Alle vier Fahrradläden bieten auf ihren Webseiten sowohl Verkauf als auch Reparatur an. So auch Radsport Dorn im Norden des Stadtgebietes. Die Werkstatt sei so voll, dass er mit Reparaturen kaum hinterherkomme, erklärt Inhaber Jürgen Dorn. Das Problem: „Die Leute haben im Moment viel Zeit und wollen ihre Fahrräder auch möglichst schnell wieder haben“. Erschwerend komme hinzu, dass die meisten seiner Mitarbeiter aktuell zu Hause sind. Nur einer hilft ihm, die Flut an Aufträgen zu bewältigen.
Für den Verkauf seien die Beschränkungen durch die Viruskrise allerdings „verheerend“. Dorn bietet zwar Beratung und Verkauf am Telefon oder per E-Mail an, „aber wir sind eigentlich kein OnlineHändler“, schränkt er ein. In seinem Geschäft ist die persönliche Beratung besonders wichtig. Trotzdem hat er auf dem Krisenweg schon einige Fahrräder verkauft. „Es lief besser, als ich dachte, ist aber nur ein Tropfen auf dem heißen Stein“, sagt Dorn.
Auch die Werkstatt des Radhauses E. Thiemann in Zusmarshausen ist „gnadenlos ausgelastet“, wie es Karl-Heinz Thiemann ausdrückt. Die ersten Kunden müsse er schon auf den Mai schieben. Der Grund: Das Radhaus hat kürzlich eine Werbeaktion im Zusser Marktboten gestartet. Das scheint viele Zusmarshauser dazu animiert zu haben, ihr Fahrrad herrichten zu lassen. Außerdem erklärt Thiemann: „Viele Kunden haben sich vor zehn bis zwanzig Jahren ein Rad gekauft, merken, dass sie jetzt Zeit haben und wollen es wieder nutzen.“
Die Werkstatt von Zweirad Griesberger in Gessertshausen ist noch nicht so ausgelastet, wie es Inhaberin Brigitte Pelz im Frühjahr gewohnt ist. Das Prozedere ist aktuell immer dasselbe: Die Kunden rufen an, vereinbaren einen Termin und stellen das Rad vor die Garagentür der Werkstatt. Wenn das Fahrrad fertig ist, meldet sich Brigitte Pelz beim Kunden.
Bezahlt wird entweder mit einem Umschlag im Briefkasten oder per Überweisung. „Alles läuft kontaktlos“, betont die Inhaberin. Ihr Verkauf schläft im Moment, nur Ersatzteile gibt sie hin und wieder heraus.
Die Werkstatt des E-Bike-Centers in Neusäß ist ausgebucht. Auch den Verkauf wollte das Unternehmen am Laufen halten, sogar über Skype und andere „Online-face-toface-Termine“. Leider seien die Kunden da „eher zurückhaltend“gewesen, erklärt Geschäftsführer Marcus Wiesinger.
Dafür hat sein Team schon viele Vorbereitungen für den Tag der Wiedereröffnung getroffen. „Wir kriegen täglich E-Mails vom Handelsverband mit Hinweisen“, sagt Wiesinger. Bisher hat das E-BikeCenter schon Handschuhe und Desinfektionssprays angeschafft. Auch Markierungen für den Boden und nötige Absperrungen stehen schon bereit. Wiesinger rechnet nach der Wiedereröffnung mit einem großen Andrang.
Ähnlich kreativ läuft der Verkauf von Fahrrädern im Radlmarkt Reim in Bobingen. Betreiber Jürgen Reim verkauft in der Zeit der Krise Fahrräder per WhatsApp. Der Kunde nimmt per Telefon oder E-Mail Kontakt zu ihm auf und beschreibt, welches Rad er sich vorstellen könnte. Über das Handy verschickt Reim dann Fotos von Vorschlägen, beantwortet Fragen und filmt bei Interesse auch einmal drumherum, wie er unsere Zeitung schon vor einigen Tagen erklärte.
Auch Bikeoholix in Schwabmünchen berät Kunden per E-Mail und am Telefon. Seit Inkrafttreten der Ausgangsbeschränkungen sind die Verkaufsflächen des Fahrradladens geschlossen. Dafür sei der letzte Tag, an dem der Laden geöffnet hatte, „sehr gut“im Hinblick auf den Umsatz gewesen, erklärt Mitarbeiter Bernd Filser. „Viele wollten noch Ersatzteile oder gar ein neues Rad.“Die Werkstatt von Bikeoholix ist aktuell komplett ausgelastet. „Momentan kann man nur spazieren gehen oder radeln“, erklärt Filser. Auch er hat beobachtet, dass viele Kunden ihre Räder deshalb nach vielen Jahren wieder aus dem Keller holen und herrichten lassen.
„Viele wollten noch Ersatzteile oder gar ein neues Rad.“
Bernd Filser, Mitarbeiter bei Bikeoholix