Augsburger Allgemeine (Land West)
Die liebe Not mit dem Hundekot
Naturschutz Tiere und Pflanzen im Schmuttertal sind etwas Besonderes. Eine für das Gebiet beauftragte Biologin und die Stadt Neusäß richten einen Appell an die Hundebesitzer
Neusäß Das Schmuttertal ist beliebt bei Spaziergängern und Radfahrern. Doch mitten im schönen Grün liegt oftmals ein Problem: Hundekot. Die Hinterlassenschaften sind der Biologin Annika Sezi ein Dorn im Auge. Ihre Bitte: Hundehalter sollten den Kot einsammeln und die Hunde nicht frei in den Wiesen herumlaufen lassen. Die Hauptsorge der Naturschützerin gilt den Bodenbrütern und dem Futter, das aus den Wiesen gewonnen wird.
Annika Sezi ist Gebietsbetreuerin des Naturparks Augsburg-Westliche Wälder, sie kennt sich im Schmuttertal bestens aus. Das knapp 900 Hektar große Gebiet von Fischach bis nach Täfertingen gilt als so wertvoll, dass es sogar als europäisches Schutzgebiet (FaunaFlora-Habitatgebiet) ausgewiesen wurde. Sezi spricht von einem „Juwel“. Es gebe dort noch Arten, die woanders selten oder verschwunden sind. Viele Vogelarten fühlen sich dort durch die Insektenvielfalt wohl. „Dabei kann jeder helfen, dieses Gebiet auch für die folgenden Generationen so artenreich zu erhalten oder sogar dazu beitragen, dass sich weitere Arten hier wohlfühlen“, betont die Biologin. In den Wiesen laufende Hunde seien in einigen Monaten des Jahres ein Problem. Einige bedrohte Vogelarten legen ihre Nester direkt auf den Boden.
Diese Bodenbrüter verstecken ihr Nest in brachliegenden Wiesen oder tarnen es durch Färbung der Eier. Das birgt Gefahren. Auch wenn das Nest nicht direkt angegriffen wird, so flüchtet der brütende Vogel zunächst bei Störung. Ein Spaziergänger auf der Wiese oder ein freilaufender Hund genügten da schon, so Sezi. Bei zu starker Störung gebe der Vogel das Nest auf. Auch ein Auskühlen der Eier sei durch das häufige Auffliegen möglich. Im Schmuttertal ist beispielsweise noch immer das Braunkehlchen unterwegs. Es ist vom Aussterben bedroht. Auch Störungen während der Brutzeit von April bis Juli spielen dabei eine Rolle.
Der Großteil der Wiesen im Schmuttertal dient als Futter für Rinder oder Pferde. Die Mahd der Wiesen erhalte das besondere Artenspektrum, erklärt die Biologin. Gerade die spät gemähten Wiesen (ab Mitte Juni), auf welchen viele Pflanzen blühen, tragen zur Artenvielfalt bei. Verbleibt Hundekot auf diesen Flächen, könne er in das Futter der Tiere gelangen, warnt Sezi. Hundekot kann Parasiten oder andere Krankheitserreger enthalten, die für den Hund häufig ungefährlich sind, bei Milchkühen und Pferde jedoch zu Erkrankungen und Totgeburten führen könnten.
Sezi appelliert an die Mithilfe aller Erholungssuchenden, etwas für den Erhalt des Schmuttertals zu tun: „Durch eine einzelne Störung ist das Vogelnest nicht verloren und auch ein einzelner Gang durch eine Wiese zerstört diese nicht. Selbst ein einzelner Kothaufen ist im Gesamtbild nicht dramatisch.“Doch die Menschen müssten sich bewusst machen, dass sie sich diesen Flecken der Natur mit den Tieren und Pflanzen und den Landwirten teilen.
Häufig sieht Sezi Radfahrer, die ihre Hunde nebenher laufen lassen. Das ist aus ihrer Sicht eine Alternative, um den Hund auch mal laufen zu lassen. Wichtig sei, dass Mensch und Tier auf den Wegen bleiben. Den Hund an der Leine zu führen sei bei einem Hund, der aufs Wort hört, nicht notwendig. Einige Gemeinden (z.B. Neusäß) haben aber in bestimmten Bereichen eine Leinenpflicht. Genaues dazu weiß Josef Hoppe vom Ordnungsamt Neusäß. Er betont, dass das in Bayern geltende Betretungsrecht von Flächen zwar das Hundeausführen betrifft, aber Grenzen hat. Es gelte nicht auf gesperrten Privatwegen und sonstigen vom Grundstücksberechtigten gesperrten Flächen, wie eingezäunten Wiesen und Feldern sowie auf landwirtschaftlich genutzten Flächen während der Vegetationszeit (April bis Oktober). So dürften Felder in der Zeit zwischen Saat und Ernte, bei Grünland in der Zeit des Aufwuchses und der Mahd bzw. Beweidung nicht betreten werden.
Auch Hoppe sieht in der Verunreinigung durch Hundekot ein Problem für die Landwirtschaft. Durch ihn könne Erntegut vom Geruch und Geschmack her und hygienisch so verunreinigt werden, dass zum Beispiel Rinder, Kühe und Schafe dieses Futter liegen lassen.
Beim Mähen und Ernten werde der Hundekot großflächig auf das Futter verteilt, und durch diese Verunreinigung könnten sogar Krankheiten auf Tiere übertragen werden. Vor allem der Hundebandwurm stellt laut Hoppe ein solches Risiko dar, der bei Kühen zu Fehloder Totgeburten führen kann. Um das Problem zu lösen, wurden von der Stadt bereits über 50 Behälter im Stadtgebiet und an den Zugängen zum Schmuttertal aufgestellt. Hoppe: „Der Griff zur Tüte ist eine Sache der Gewöhnung, aber nur so bekommen wir das Problem in den Griff.“Seit Jahren kontrolliert ein Sicherheitsdienst im Frühjahr und Herbst den Bereich des Schmuttertals. „Dies lief nicht ohne Widerstände“, berichtet Hoppe. Nachdem die Person teils beleidigt worden sei, bestand die Firma darauf, seit 2016 nur noch zu zweit zu gehen. Die Kosten haben sich somit jährlich verdoppelt.
Hoppe hat eine Idee, wie seiner Ansicht nach der Konflikt besser gelöst wäre. Er schlägt vor, dass auch in Bayern jemand erst dann einen Hund halten darf, wenn er vorher eine Schulung und Prüfung ablegt. So sei dies beispielsweise in der Schweiz. Hoppe: „Dann würden viele erkennen, dass es nicht so einfach ist, einen Hund zu erziehen. Wer bei uns angeln möchte, muss dies so machen, aber jeder kann sich jeglichen Hund anschaffen, das ist das Problem.“