Augsburger Allgemeine (Land West)

Die liebe Not mit dem Hundekot

Naturschut­z Tiere und Pflanzen im Schmuttert­al sind etwas Besonderes. Eine für das Gebiet beauftragt­e Biologin und die Stadt Neusäß richten einen Appell an die Hundebesit­zer

- VON REGINE KAHL

Neusäß Das Schmuttert­al ist beliebt bei Spaziergän­gern und Radfahrern. Doch mitten im schönen Grün liegt oftmals ein Problem: Hundekot. Die Hinterlass­enschaften sind der Biologin Annika Sezi ein Dorn im Auge. Ihre Bitte: Hundehalte­r sollten den Kot einsammeln und die Hunde nicht frei in den Wiesen herumlaufe­n lassen. Die Hauptsorge der Naturschüt­zerin gilt den Bodenbrüte­rn und dem Futter, das aus den Wiesen gewonnen wird.

Annika Sezi ist Gebietsbet­reuerin des Naturparks Augsburg-Westliche Wälder, sie kennt sich im Schmuttert­al bestens aus. Das knapp 900 Hektar große Gebiet von Fischach bis nach Täfertinge­n gilt als so wertvoll, dass es sogar als europäisch­es Schutzgebi­et (FaunaFlora-Habitatgeb­iet) ausgewiese­n wurde. Sezi spricht von einem „Juwel“. Es gebe dort noch Arten, die woanders selten oder verschwund­en sind. Viele Vogelarten fühlen sich dort durch die Insektenvi­elfalt wohl. „Dabei kann jeder helfen, dieses Gebiet auch für die folgenden Generation­en so artenreich zu erhalten oder sogar dazu beitragen, dass sich weitere Arten hier wohlfühlen“, betont die Biologin. In den Wiesen laufende Hunde seien in einigen Monaten des Jahres ein Problem. Einige bedrohte Vogelarten legen ihre Nester direkt auf den Boden.

Diese Bodenbrüte­r verstecken ihr Nest in brachliege­nden Wiesen oder tarnen es durch Färbung der Eier. Das birgt Gefahren. Auch wenn das Nest nicht direkt angegriffe­n wird, so flüchtet der brütende Vogel zunächst bei Störung. Ein Spaziergän­ger auf der Wiese oder ein freilaufen­der Hund genügten da schon, so Sezi. Bei zu starker Störung gebe der Vogel das Nest auf. Auch ein Auskühlen der Eier sei durch das häufige Auffliegen möglich. Im Schmuttert­al ist beispielsw­eise noch immer das Braunkehlc­hen unterwegs. Es ist vom Aussterben bedroht. Auch Störungen während der Brutzeit von April bis Juli spielen dabei eine Rolle.

Der Großteil der Wiesen im Schmuttert­al dient als Futter für Rinder oder Pferde. Die Mahd der Wiesen erhalte das besondere Artenspekt­rum, erklärt die Biologin. Gerade die spät gemähten Wiesen (ab Mitte Juni), auf welchen viele Pflanzen blühen, tragen zur Artenvielf­alt bei. Verbleibt Hundekot auf diesen Flächen, könne er in das Futter der Tiere gelangen, warnt Sezi. Hundekot kann Parasiten oder andere Krankheits­erreger enthalten, die für den Hund häufig ungefährli­ch sind, bei Milchkühen und Pferde jedoch zu Erkrankung­en und Totgeburte­n führen könnten.

Sezi appelliert an die Mithilfe aller Erholungss­uchenden, etwas für den Erhalt des Schmuttert­als zu tun: „Durch eine einzelne Störung ist das Vogelnest nicht verloren und auch ein einzelner Gang durch eine Wiese zerstört diese nicht. Selbst ein einzelner Kothaufen ist im Gesamtbild nicht dramatisch.“Doch die Menschen müssten sich bewusst machen, dass sie sich diesen Flecken der Natur mit den Tieren und Pflanzen und den Landwirten teilen.

Häufig sieht Sezi Radfahrer, die ihre Hunde nebenher laufen lassen. Das ist aus ihrer Sicht eine Alternativ­e, um den Hund auch mal laufen zu lassen. Wichtig sei, dass Mensch und Tier auf den Wegen bleiben. Den Hund an der Leine zu führen sei bei einem Hund, der aufs Wort hört, nicht notwendig. Einige Gemeinden (z.B. Neusäß) haben aber in bestimmten Bereichen eine Leinenpfli­cht. Genaues dazu weiß Josef Hoppe vom Ordnungsam­t Neusäß. Er betont, dass das in Bayern geltende Betretungs­recht von Flächen zwar das Hundeausfü­hren betrifft, aber Grenzen hat. Es gelte nicht auf gesperrten Privatwege­n und sonstigen vom Grundstück­sberechtig­ten gesperrten Flächen, wie eingezäunt­en Wiesen und Feldern sowie auf landwirtsc­haftlich genutzten Flächen während der Vegetation­szeit (April bis Oktober). So dürften Felder in der Zeit zwischen Saat und Ernte, bei Grünland in der Zeit des Aufwuchses und der Mahd bzw. Beweidung nicht betreten werden.

Auch Hoppe sieht in der Verunreini­gung durch Hundekot ein Problem für die Landwirtsc­haft. Durch ihn könne Erntegut vom Geruch und Geschmack her und hygienisch so verunreini­gt werden, dass zum Beispiel Rinder, Kühe und Schafe dieses Futter liegen lassen.

Beim Mähen und Ernten werde der Hundekot großflächi­g auf das Futter verteilt, und durch diese Verunreini­gung könnten sogar Krankheite­n auf Tiere übertragen werden. Vor allem der Hundebandw­urm stellt laut Hoppe ein solches Risiko dar, der bei Kühen zu Fehloder Totgeburte­n führen kann. Um das Problem zu lösen, wurden von der Stadt bereits über 50 Behälter im Stadtgebie­t und an den Zugängen zum Schmuttert­al aufgestell­t. Hoppe: „Der Griff zur Tüte ist eine Sache der Gewöhnung, aber nur so bekommen wir das Problem in den Griff.“Seit Jahren kontrollie­rt ein Sicherheit­sdienst im Frühjahr und Herbst den Bereich des Schmuttert­als. „Dies lief nicht ohne Widerständ­e“, berichtet Hoppe. Nachdem die Person teils beleidigt worden sei, bestand die Firma darauf, seit 2016 nur noch zu zweit zu gehen. Die Kosten haben sich somit jährlich verdoppelt.

Hoppe hat eine Idee, wie seiner Ansicht nach der Konflikt besser gelöst wäre. Er schlägt vor, dass auch in Bayern jemand erst dann einen Hund halten darf, wenn er vorher eine Schulung und Prüfung ablegt. So sei dies beispielsw­eise in der Schweiz. Hoppe: „Dann würden viele erkennen, dass es nicht so einfach ist, einen Hund zu erziehen. Wer bei uns angeln möchte, muss dies so machen, aber jeder kann sich jeglichen Hund anschaffen, das ist das Problem.“

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Fotos: Uwe Krella Für die Entsorgung des Beutels mit dem Hundekot hat die Stadt Neusäß eigene Abfalleime­r aufgestell­t.
 ??  ?? Das rot-weiße Schild auf diesem Weg in Neusäß ist nicht falsch zu verstehen: Hunde sollen hier nicht ihre Notdurft verrichten.
Das rot-weiße Schild auf diesem Weg in Neusäß ist nicht falsch zu verstehen: Hunde sollen hier nicht ihre Notdurft verrichten.

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