Augsburger Allgemeine (Land West)
Beschildern, desinfizieren – und hoffen
Corona-Pandemie Gespannt warten Klubfunktionäre auf Mittwoch. Dann will die Politik über Lockerungen im Sport diskutieren und entscheiden. Wie sich Vereine auf den möglichen Tag X vorbereiten
Wenn Fabian Fietze dieser Tage übers getrimmte Grün spaziert, hat der verwaiste Sportplatz eine komische Anmutung. Wo normalerweise Schläger ein weißes Bällchen in die Luft jagen, herrscht beinahe gespenstische Ruhe. Fietze hofft, dass demnächst dorthin das Leben zurückkehrt, dass die Freizeitsportler auf der Golfrange Augsburg wieder ihrer Leidenschaft nachgehen können. „Mir tun die Mitglieder leid, die alle spielen wollen. Sie stehen in den Startlöchern“, betont der Anlagenleiter. Mitunter spazieren die Mitglieder am Rand der Anlage blicken sehnsüchtig auf den Rasen, um Nähe zu ihrer Lieblingsbeschäftigung herzustellen. Fietze betont: „Wir wollen. Die Mitglieder wollen. Jetzt hoffen wir, dass die Politik auch will.“
Wie Vereinsfunktionäre in ganz Deutschland fiebert Fietze diesem Mittwoch entgegen. Kanzlerin
„Wir sind in der Pflicht, dass nicht der Katastrophenschutz anrückt und uns den Laden wieder zusperrt.“
Golfanlagenleiter Fabian Fietze
Merkel und die Ministerpräsidenten diskutieren einmal mehr, welche Lockerungen sie im Rahmen der Corona-Pandemie erlauben können. Und welche nicht. Konkret beratschlagen sie, welche Zugeständnisse dem Sport gemacht werden. Während Kampf- oder Mannschaftssportarten einen schweren Stand haben, stehen die Chancen für kontaktlosen Wettkampf höher.
Letztlich entscheiden wegen des Föderalismus die einzelnen Bundesländer, Bayerns Landeschef Söder gab in der Corona-Krise stets den zurückhaltenden Mahner. Das führte dazu, dass Golfklubs in BerlinBrandenburg und Hamburg bereits eingeschränkt ihren Betrieb aufnehmen durften, während etwa Augsburger Anbieter in der Warteschleife stecken. Diesem Nachteil kann Fietze aber auch Positives abgewinnen. Von den Erfahrungen, die andere Bundesländer gemacht haben, könne man nun profitieren.
In den vergangenen Tagen hat Fietze die Voraussetzungen geschaffen, um für Tag X gewappnet zu sein. Die aktuellen Bestimmungen gelten bis Montag, anschließend könnte der Betrieb auf Sportanlagen teils erlaubt werden. An ausreichend Abstand fehle es bei ihnen jedenfalls nicht, meint Fietze und rechnet hoch: „Wir haben 4000 Quadratmeter Platz pro Person.“Ein Modell sieht vor, dass alle zehn Minuten vier Personen starten können, 48 Golfer wären zeitgleich auf dem Green unterwegs.
Mit Distanz zum Mitspieler allein ist es aber nicht getan. Golf wird auf die Ausübung reduziert, alles weitere entfällt. Längeres Verweilen und Gastronomie sind verboten, strenge
Hygienevorschriften gelten. Lochfahnen dürfen nicht berührt werden, Bälle müssen umgehend desinfiziert werden; und die Golfer müssen sich auf der Anlage an Laufwege halten. Fietze rechnet mit einem „riesigen Ansturm“. „Wir sind in der Pflicht, dass nicht der Katastrophenschutz anrückt und uns den Laden wieder zusperrt.“
Intensiv mit Hygienevorschriften beschäftigt hat sich ebenso Jakob Schweyer. Der Tennischef des TC Augsburg orientiert sich wie der Bayerische Verband am Nachbarland Österreich. Die Klubs dort übernehmen eine Vorreiterrolle, nachdem sie ihren Lockdown bereits hinter sich haben. Die Maßnahmen seien einschneidend, aber machbar, meint Schweyer.
Das Klubhaus bleibt zu, die Umkleiden geschlossen; nachgedacht wird zudem darüber, ob Sportler die Wege zum Platz wie „Einbahnstraßen“nutzen sollen. Reserviert wird online. Mitglieder könnten ohne Umwege auf den Platz gehen, Bälle schlagen und wieder nach Hause fahren. Zeitlich wird großzügig kalkuliert und entzerrt, 30 Minuten bleiben nach der einstündigen Spielzeit für Platzpflege und Desinfektion. Um Begegnungen einzugrenzen, beginnen die Spieler zeitversetzt mit dem Training. „Wir sind auf alles vorbereitet und warten darauf, dass wir spielen können“, betont Schweyer. Dass die Tennisspieler sich an Vorgaben hal
werden, davon ist der Verantwortliche überzeugt. „Die Leute sind gierig und werden sich an die Spielregeln halten.“Vor allem, weil die TCA-Mitglieder schon länger auf „Entzug“sind. Erst verzögerte sich die Fertigstellung der Tennishallen, danach bremste sie das Coronavirus aus.
Neben Golfern und Tennisspielern könnten Leichtathleten von Lockerungen der Ausgangsbeten schränkungen profitieren. Christian Pfänder leitet als Vorsitzender die LG Augsburg, in der sich mehrere Vereine zusammengeschlossen haben. Wichtiger Trainingsort: das Rosenaustadion. Pfänder sieht prinzipiell die Möglichkeit, den Betrieb wiederaufzunehmen. Was letztlich erlaubt ist, darüber müsse er sich noch gezielt informieren. Beispielsweise: Wie groß dürfen Trainingsgruppen sein oder wie viele Athleten dürfen sich gleichzeitig auf der Tartanbahn aufhalten?
Pfänder denkt über einen Schichtbetrieb nach: Aufwärmen an der Wertach, Technikübungen mit Trainer im Stadion. Er wartet auf das offizielle Okay der Politik und der Behörden, schließlich ist das Rosenaustadion eine städtische Anlage. Pfänder verspricht aber: „Sobald es möglich ist, werden wir schnell reagieren. Wir sind in Lauerstellung.“
Etliche Anfragen erhält Albert Hofstetter, der die Radrennbahn in Lechhausen verwaltet. Grundsätzlich glaubt er, geforderte Hygienevorgaben schnell umsetzen zu können. Hofstetter wartet gespannt auf Vorgaben der Politik und Empfehlungen des Bayerischen Landessportverbands. Was der Funktionär bislang vermisst, ist ein Konzept seitens des Bayerischen Radsportverbands. Enttäuscht sagt Hofstetter: „Er äußert sich nicht dazu, obwohl das in der jetzigen Situation nötig wäre.“