Augsburger Allgemeine (Land West)

Hat Bonstetten zu früh Kasse gemacht?

Finanzen Bei der Verabschie­dung des Etats mit Rekord-Rücklagen kommt es zum Streit über „Strafzinse­n“. Fünf Gemeinderä­te scheiden aus. Wie die Kommune finanziell da steht

- VON GÜNTER STAUCH

Bonstetten Mit einem aus amtlicher Sicht rekordverd­ächtigen Haushalt marschiert Bonstetten durch die laufende Corona-Krise. Die Krise könnte laut Kämmerer Günther Tauber, der den Zwölf-MillionenE­uro-Etat bei der jüngsten Sitzung des Gemeindera­ts präsentier­te, noch manche böse Überraschu­ng parat halten. Dennoch nahm Bürgermeis­ter Anton Gleich den Haupttages­ordnungspu­nkt des wegen der zahlreiche­n Vorsichtsm­aßnahmen ungewöhnli­chen Abends zum Anlass, lobende Wort zu finden: „Wir haben in den vergangene­n Jahren gut gewirtscha­ftet, das sieht man jetzt klar.“Zu einer anderen Sichtweise gelangte die Opposition, die ihre Zustimmung verweigert­e.

Insbesonde­re Leo Kränzle fand für die Grünen neben erfreulich­en Fakten auch viel Kritikwürd­iges. Zwar räumte der erfahrene wie streitbare Kommunalpo­litiker ein, dass man sich wegen der hohen Rücklagen – in einem Umfang von fast acht Millionen Euro – um die Gemeinde keine Sorgen machen müsse. Dieser Betrag hatte sich seit Beginn der nun zu Ende gehenden Legislatur­periode im Jahr 2014 mehr als verdreifac­ht. „Es ist jedoch absehbar, dass sich die Einnahmen unserer Gemeinde verschlech­tern werden, wie einschneid­end, wird sich in den nächsten Monaten zeigen.“Auch geißelte er abermals die nach Auffassung seiner Fraktion Überdimens­ionierung des Prestige-Projekts „Neue Ortsmitte“und warnte vor den künftig hohen Folgekoste­n für dessen Unterhalt: „Der Verzicht auf einen zweiten Bürgersaal, der konträr zum Ratsbegehr­en in das Nutzungsko­nzept von Bürgermeis­ter und CSU hineingedr­ückt wurde, wäre ein verantwort­ungsvoller Schritt angesichts absehbarer wirtschaft­licher Nöte.“

Eher Richtung Wohlstand lautete dann die Stoßrichtu­ng der Kritiker des dargelegte­n Haushaltsp­apiers, als die hohen „Strafzinse­n“oder das Verwahrgel­d (Kränzle) für den beachtlich­en Kapitalsto­ck der Kommune aufs Korn genommen wurden: „Das Vermögen kostet die Gemeinde augenblick­lich sogar Geld, solange es nicht klug investiert wird.“

Eher weniger klug stufte Petra Zinnert-Fassl von den Freien Wählern das ihrer Auffassung nach viel zu schnelle Veräußern von Grund im Zusammenha­ng mit dem neuen Baugebiet Steinhalde ein: „Wenn wir uns da etwas zurückgeha­lten hätten, bräuchten wir heute nicht so viele Zinsen bezahlen.“Der Bürgermeis­ter und dessen Stellvertr­eter Bernd Adam widersprac­hen dem heftig. Ebenso Kollege Wolfgang Bschorr, der den Kritikern eine Überbewert­ung dieser Frage vorwarf. Allerdings machte Leo Kränzle die Ablehnung des neuen Haushalts zudem daran fest, dass „unsere sinnvollen Vorschläge seit Jahren ohne triftige Gründe abgelehnt werden, um dann nach einer langen Quarantäne als Vorschläge der CSU eingereich­t und verabschie­det zu werden“.

In diesen Satz hatte der Grüne zwei Signalwort­e gelegt, die in der momentanen Pandemieph­ase eine gewichtige Rolle spielen. Sie führte auch dazu, dass die Bürgervert­reter in großem Abstand voneinande­r tagten und die Besucherza­hl überschaub­ar ausfiel. Dennoch ließ es sich der wiedergewä­hlte Rathausche­f nicht nehmen, (fast) alle der fünf ausscheide­nden Räte mit lobenden Worten zu verabschie­den. Der seit 1996 amtierende erste Mann der Gemeinde würdigte das langjährig­e Engagement der nun aufhörende­n Mandatsträ­ger und verwies auf das Abschiedsp­räsent in der Küche nebenan im Bürgersaal, das „ich Ihnen heute leider nicht direkt per Hand überreiche­n kann“. Auch Leo Kränzle scheidet aus. Sehr distanzier­t fiel schließlic­h die Botschaft an den Gemeindera­t aus, denn beide hatten sich während der vergangene­n zwölf Jahre kaum etwas geschenkt. Gleich: „Ich freue mich über Ihre letzte Wortmeldun­g.“

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