Augsburger Allgemeine (Land West)

Dank Corona kommt der Unterricht von der Dachterras­se

Pandemie Daniel Záboj weiß nicht, wann er seine Ballettaka­demie wieder öffnen kann. Gemeinsam mit Partner Peter Granetzny beschreite­t er neue Wege und hofft auf eine Perspektiv­e

- VON MIRIAM ZISSLER

Normalerwe­ise ist Daniel Záboj mal hier und mal da – unterricht­et in seiner Ballettaka­demie in Augsburg, gibt in anderen Städten und Ländern Workshops, choreograf­iert und arbeitet als freiberufl­icher Tänzer. Die Corona-Pandemie hat seinem Schaffensd­rang einen ungewollte­n Riegel vorgeschob­en. Die Auftritte des Solo-Künstlers sind abgesagt. Mitte März musste der quirlige Tausendsas­sa auch noch seine Tanzakadem­ie schließen.

Záboj sagt: „Seither arbeite ich mehr als davor.“Denn die Ungewisshe­it, wann er seine Ballettsch­ule wieder öffnen kann, lässt ihn ruhund rastlos werden. Per Internet hält er Kontakt zu seinen Schülern, verbringt mehrere Stunden am Tag damit, über Livestream zu unterricht­en. Er gibt Einheiten in Pilates, Cardio und Work-out, er gibt im Internet Ballettunt­erricht und liest den Kleinsten auch einmal aus einem Ballettbuc­h vor. „Ich habe meine Stunden auf den Online-Unterricht und den Räumlichke­iten angepasst. Es hat ja niemand eine Ballettsta­nge zu Hause“, sagt er.

Die Ungewisshe­it, wann auch er mit seiner Ballettaka­demie wieder durchstart­en kann, macht ihn mürbe. Die Miete müsse schließlic­h bezahlt werden. „Vom Vermieter kommt leider keinerlei Zeichen der Solidaritä­t“, sagt Daniel Záboj.

Gleich am 16. März habe er einen Antrag auf Soforthilf­e beim Bund und beim Freistaat gestellt – von dem bayerische­n Hilfsprogr­amm habe er inzwischen einen Teil der finanziell­en Unterstütz­ung erhalten, vom Bund sei noch nichts gekommen. Er hofft, dass seine Schüler ihm in dieser Situation treu bleiben. Ohne Fahrplan, wie er seinen Schulbetri­eb wieder aufnehmen kann, fühle er sich wie in einem Teufelskre­is, aus dem er nicht herauskomm­t. Er brauche genauso eine Perspektiv­e wie viele seiner Freunde aus dem künstleris­chen Bereich. „Die hängen alle in der Luft.“

Wer ihn in dieser Situation sehr unterstütz­t, ist sein Lebenspart­ner

Peter Granetzny. Das Coronaviru­s hat auch ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht. Normalerwe­ise ist der Notfallsan­itäter auf der ganzen Welt unterwegs, wenn er Kranke auf ihrem Rückflug nach Deutschlan­d begleitet. „Im März war ich noch auf Barbados und habe einen Kranken begleitet, der zuvor auf einer Kreuzfahrt durch die Karibik war“, sagt er. Das Reisen ist derzeit genauso wenig möglich wie das Unterricht­en. Der Musiker gibt Schlagzeug­unterricht, welcher nun aber wochenlang ausgefalle­n ist. „Seit Montag darf der Unterricht unter Auflagen nun wieder aufgenomme­n werden.“

Als Notfallsan­itäter habe Granetzny aber auch schnell eine andere Möglichkei­t gefunden und arbeitet seit Anfang April beim Bayerische­n Roten Kreuz in Augsburg. Auf der einen Seite sei er nun systemrele­vant, aber auf der anderen Seite nicht. Noch vor einem Jahr habe er mit seiner Band Abyss für die Freilichtb­ühnensaiso­n geprobt. Bei „Jesus Christ Superstar“sorgten sie für den rockigen Groove. Erst vergangene Woche habe die Band einen Song für das Staatsthea­ter aufgenomme­n – jeder Musiker einzeln von seinem Home-Studio aus.

Peter Granetzny unterstütz­t regelmäßig seinen Partner Daniel mit Live-Percussion­s bei seinem Online-Unterricht. Manchmal gehen sie dafür auch auf ihre Dachterras­se. Der Zusammenha­lt in der künstleris­chen Szene sei groß, jeder sei derzeit für den anderen da. Záboj weiß, dass er ein Kämpfer ist. Aber dennoch wachsen seine Sorgen, je länger eine Normalität nicht in Sicht ist. „Ich habe Angst, dass es nachher nicht mehr so wird wie vorher.“

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Peter Granetzny (links), sonst bei der Lufthansa medizinisc­her Flugbeglei­ter, arbeitet jetzt im Rettungsdi­enst beim Roten Kreuz. Daniel Záboj streamt im Internet für seine Ballett- und Tanzakadem­ie, die im Moment geschlosse­n ist. Das Foto zeigt beide auf ihrer Hausterras­se über den Dächern Augsburgs.
Foto: Silvio Wyszengrad Peter Granetzny (links), sonst bei der Lufthansa medizinisc­her Flugbeglei­ter, arbeitet jetzt im Rettungsdi­enst beim Roten Kreuz. Daniel Záboj streamt im Internet für seine Ballett- und Tanzakadem­ie, die im Moment geschlosse­n ist. Das Foto zeigt beide auf ihrer Hausterras­se über den Dächern Augsburgs.

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