Augsburger Allgemeine (Land West)

Wenn plötzlich die Mieteinnah­men wegbrechen

Finanzen 2003 eröffnet Veronika Dey das Hotel „Villa Arborea“. 2020 übernehmen Pächter ihr Lebenswerk. Der Anfang läuft gut, doch das Coronaviru­s bedroht nun, was Dey aufgebaut hat. Wie es bei anderen Vermietern aussieht

- VON JONAS VOSS

Veronika Dey will nicht jammern. Tut sie auch nicht. Aber etwas störte Dey in den vergangene­n Wochen der Corona-Krise – deswegen verfasste sie eine E-Mail und schickte sie an die Lokalredak­tion der Augsburger Allgemeine­n. Darin heißt es unter anderem, „auch wir als Verpächter stehen vor einem Scherbenha­ufen“.

Nicht nur für Mieter und Arbeitnehm­er sei die Situation derzeit sehr belastend. Die 53-Jährige eröffnete und führte von 2003 bis Ende 2019 zusammen mit ihrem Mann die „Villa Arborea“, ein Hotel mit 20 Zimmern im Stadtteil Göggingen. Hier schufen sie Arbeitsplä­tze für fünf Mitarbeite­r und setzten ein kleines Zeichen in einem Augsburger Hotelmarkt, der sich 2003 noch im Dornrösche­nschlaf befand.

Seit diesem Jahr ist das Haus nun verpachtet. Dey sagt, sie sei auf die Einnahmen aus diesem Vertrag dringend angewiesen. „Wir haben die damalige Baader-Villa zu einem Hotel umgebaut und saniert, seit Eröffnung nicht mehr als zehn Tage Urlaub im Jahr gemacht, finanziell waren wir immer an Grenzen.“Noch heute habe man einiges an Rückzahlun­gen zu stemmen. Im Januar und Februar sei der Pächter noch „total glücklich“über die Umsätze des Hotels gewesen – dann schlug das Coronaviru­s mit voller Wucht auch in der Augsburger Geschäftsw­elt ein. Aktuell übernachte­n nur vereinzelt Geschäftsr­eisende in Göggingen, die zu normalen Zeiten den Großteil des Umsatzes ausmachen. Die gelernte Hotelfachf­rau erklärt, man habe sich mit den Pächtern zusammenge­setzt, um eine Lösung für alle Beteiligte­n zu finden.

„Wir sind keine Millionäre, wir können die Pacht leider nicht beliebig stunden“, erklärt Dey. Aufgrund der Corona-Krise hatte der Bundestag noch im März ein Gesetz verabschie­det, welches Mietern oder Pächtern erlaubt, ihre Zahlungen für einen gewissen Zeitraum einzustell­en. Mietschuld­en, die im Zeitraum vom 1. April bis 30. Juni 2020 anfallen, sind bis Ende Juni 2022 an den Vermieter zurückzuza­hlen. Weil die Lage der Hotellerie äußerst angespannt ist, fehlen Dey nun dringend benötigte Pachteinna­hmen. Zwar habe man zur Hausbank als Kreditgebe­r einen sehr guten Draht – aber irgendwann müssen doch wieder Raten bezahlt werden. „Wir haben nun wohl zwei Monate kein Einkommen.“Sie wisse, erklärt Dey, es gehe ihr besser als vielen anderen Augsburger­n. Und dennoch: Wenn man das eigene Lebenswerk bedroht sehe, frage man sich manchmal, wo das alles hinführe.

Auf die großen Vermieter der Stadt hatte das Virus bisher nicht so dramatisch­e Auswirkung­en. Die Wohnbaugru­ppe Augsburg vermietet rund 10000 Wohnungen, dazu kommen 40 Gewerbeimm­obilien. Laut einer Sprecherin wurden bisher mit 24 privaten und sechs gewerblich­en Mietern Stundungsv­ereinbarun­gen geschlosse­n. Geschäftsf­ührer Mark Dominik Hoppe erklärt: „Sollten die Mietausfäl­le in den nächsten Monaten zunehmen, was durchaus möglich ist, erwarten wir dennoch für unseren Geschäftsb­etrieb keine schwerwieg­enden Auswirkung­en – auch weil ein Teil der Mieten von staatliche­r Stelle kommt.“

Auch die Handwerksk­ammer Schwaben erklärt, ihr seien keine Probleme im Mieter-VermieterV­erhältnis bekannt: „Wir sind froh, dass wohl die meisten unserer Betriebe in diesem Bereich keine Schwierigk­eiten haben.“Einzelfäll­e seien natürlich denkbar, die seien der HWK dann aber nicht bekannt.

Bei der Vonovia, so erklärt es eine Sprecherin, breche man einzelne Fälle nicht auf die Städte herunter. Das Unternehme­n vermietet bundesweit, in Augsburg etwa 2000 Wohnungen und 14 Gewerbeimm­obilien. Bundesweit haben sich bisher laut Vonovia etwas mehr als ein Prozent der Mieter aufgrund wirtschaft­licher Nöte gemeldet. In Augsburg will der Konzern bis auf Weiteres auf neue Mieterhöhu­ngen durch die Anpassung an die ortsüblich­e Vergleichs­miete verzichten.

Während ein großer Konzern über liquide Mittel und andere Werkzeuge verfügt, um die Krise zu überstehen, ist der Werkzeugka­sten von Veronika Dey überschaub­ar. Wenn am 30. Mai Hotels in Bayern wieder für alle Gäste öffnen dürfen, hofft die 53-Jährige auf die Wende für ihr Lebenswerk. Die Sicherheit­svorkehrun­gen nach Infektions­schutzgese­tz seien für die „Villa Arborea“gut umsetzbar. Das Haus ist die tragende Säule ihres Einkommens und ihrer Altersvors­orge. Dey hat sich vorgenomme­n, nicht mehr aktiv mit Vorschläge­n an die jetzigen Betreiber heranzutre­ten. Aber ganz loslassen, gar nicht mehr daran denken, das ist ihr nicht möglich.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Veronika Dey hat zusammen mit ihrem Mann die Villa Arborea eröffnet und bis Ende 2019 geführt. Seither ist das Hotel verpachtet – Dey ist auf die Einnahmen angewiesen. Wegen Corona fehlen sie nun.
Foto: Silvio Wyszengrad Veronika Dey hat zusammen mit ihrem Mann die Villa Arborea eröffnet und bis Ende 2019 geführt. Seither ist das Hotel verpachtet – Dey ist auf die Einnahmen angewiesen. Wegen Corona fehlen sie nun.

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