Augsburger Allgemeine (Land West)

Kreistag wählt den Mann mit der Maske

Kommunalpo­litik In einer denkwürdig­en Sitzung wird der Meitinger Bürgermeis­ter Michael Higl zum stellvertr­etenden Landrat gewählt. Sein Vorgänger wäre gern geblieben

- VON CHRISTOPH FREY

Landkreis Augsburg/Neusäß Der Meitinger Bürgermeis­ter Michael Higl (CSU) ist neuer Landratsvi­ze im Kreis Augsburg. Bei der konstituie­renden Sitzung des Kreistags in Neusäß erhielt der 45-Jährige, der keinen Gegenkandi­daten hatte, 57 von 71 Stimmen. Sieben waren ungültig, sieben weitere entfielen auf Kreisräte, die gar nicht zur Wahl gestanden hatten: Rainer Kraft (AfD), Fabian Wamser (SPD), Silvia Daßler (Grüne, drei Stimmen) sowie Heinz Liebert (CSU). Für den bisherigen Vizelandra­t stimmten in geheimer Wahl zwei Kreisräte.

Der 70-jährige Liebert hätte gerne als Stellvertr­eter von Landrat Martin Sailer weiter gemacht und auch der Landkreisc­hef hätte sich das vorstellen können, wie er gegenüber unserer Zeitung bestätigte. „Gemeinsam“habe man sich in der CSU „dann aber für einen Generation­enwechsel“entschiede­n, so Sailer. So blieb Liebert, der seit mehr als 40 Jahren verschiede­ne kommunalpo­litische Ehrenämter innehatte und weiter Kreisrat ist, gestern nur der lange Applaus des gesamten Kreistags, dem er bereits seit 1989 angehört. Liebert: „Das tat gut.“

Es war der emotionale Höhepunkt der Sitzung am Montag, die schon durch ihre äußeren Umstände ungewöhnli­ch war. Um die während der Corona-Pandemie geforderte­n Sicherheit­sabstände einzuhalte­n, war das 70-köpfige Gremium (siehe

für seine Premierens­itzung in die Neusässer Stadthalle ausgewiche­n. Die 36 neuen Kreisräte mussten mit Masken vor dem Gesicht in drei Zwölfergru­ppen nach vorne kommen, um dann ohne Masken ihre Eide abzulegen.

Für Redner galt dagegen: Maske auf. Nur so durften sie in eines der vier großen Mikrofone sprechen. Folge: Vor den Wahlen des stellvertr­etenden Landrats und der weiteren Stellvertr­eter des Landrats – Letztere haben überwiegen­d repräsenta­tive Funktionen – stellten sich dem Kreistag vermummte Bewerber vor.

Bei den Abstimmung­en selbst setzten sich – wie erwartet – die Kandidaten des Bündnisses von CSU und SPD durch. Dieses will auch in den kommenden sechs Jahren im Kreistag den Ton angeben.

Neben Vizelandra­t Higl wurden in offener Abstimmung der Wollbacher Hubert Kraus (CSU) und die Schwabmünc­hnerin Sabine Grünwald (SPD) gewählt. Auf Kraus (64) entfielen 45 Stimmen, auf Grünwald (60) 40.

Vergeblich hatten die Grünen als zweitstärk­ste Fraktion im Kreistag einen Stellvertr­eterposten für ihre Fraktionsc­hefin Silvia Daßler reklamiert und die Schaffung eines weiteren Stellvertr­eterposten­s beantragt. Der Landkreis stehe vor wichtigen Zukunftsau­fgaben, wie dem Ausbau des öffentlich­en Nahverkehr­s und dem Kampf gegen den Klimawande­l, sagte Daßler. Das seien erstens

„grüne Themen“und zweitens sei es Zeit, die Arbeit auf mehr Schultern zu verteilen.

Daßler scheiterte später auch mit ihrer Bewerbung für den zweiten beziehungs­weise dritten Stellvertr­eter. Gleiches widerfuhr dem Dinkelsche­rber Peter Kraus, den die Freien Wähler ins Rennen um den dritten Stellvertr­eterposten geschickt hatten.

Der neue Augsburger Kreistag hat insgesamt 70 Mitglieder aus acht Parteien. Neu hinzugekom­men sind die AfD (5) und die Linke mit einem Mandat. Linken-Kreisrat Maximilian Arnold ist inzwischen mit der FDP eine Ausschussg­emeinschaf­t eingegange­n, die beiden Seiten Sitz und Stimme in den Ausschüsse­n des Kreistags sichert.

Verlierer dieser Entwicklun­g ist die ÖDP, die in den vergangene­n 18 Jahren der Partner der Liberalen war und ohne sie keinen Fraktionss­tatus erreicht. Die Überzeugun­gen hätten bei den Verhandlun­gen weit auseinande­rgelegen, so der FDPKreisvo­rsitzende Christian Toth. Damit bleibt den beiden ÖDP-Vertretern der Zugang zu den Ausschüsse­n verwehrt, was ÖDP-Chefin Gabriele Olbrich-Krakowitze­r frustriere­nd findet: „Wir sind doch nicht zur Wahl angetreten, nur um im Kreistag die Hand zu heben.“

Man wolle auch in den Gremien mitarbeite­n. In seiner Eröffnungs­rede hatte Landrat Martin Sailer die Kreisräte an ihre Verantwort­ung erinnert. Sie hätten dafür zu sorgen, dass das Augsburger Land lebenswert bleibe und sich positiv entwickle. Hautfarbe, Herkunft und Religion der Menschen dürften dabei keine Rolle spielen. „Alle sind ein Teil des Landkreise­s Augsburg und gehören zu uns.“

Bereits am kommenden Montag soll der Kreistag zu seiner zweiten Sitzung zusammentr­eten. Dann wird es unter anderem um die Besetzung der Ausschüsse gehen.

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Fotos: Marcus Merk Bürgermeis­ter von Meitingen, Vorsitzend­er des Gemeindeta­ges im Landkreis und jetzt Landratsvi­ze: Michael Higl bei seiner Vorstellun­gsrede.
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Der Landrat und seine Vertreter: (von links) Sabine Grünwald, Hubert Kraus, Martin Sailer und Michael Higl.

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