Augsburger Allgemeine (Land West)

Volle Bierfässer und leere Gaststätte­n

Handel Die Ausgangsbe­schränkung­en stellen auch die Brauereien vor große Probleme. Teilweise wird in Deutschlan­d der Gerstensaf­t sogar weggeschüt­tet oder verschenkt. Wie die Unternehme­n im Augsburger Land auf die Krise reagieren

- VON MATTHIAS SCHALLA

Landkreis Augsburg Es sind Nachrichte­n, die nicht nur alle Liebhaber des Gerstensaf­ts betroffen machen. Da durch die Corona-Krise alle Veranstalt­ungen wie beispielsw­eise Maifeiern abgesagt wurden, sind viele Brauereien auf ihren vollen Fässern sitzen geblieben. Und da auch Bier ein Mindesthal­tbarkeitsd­atum hat, müssen einige Brauereien ihr Bier einfach wegschütte­n. Andere wiederum verschenke­n den Gerstensaf­t, da auch der Absatz über die Gastronomi­ebetriebe seit Wochen wegfällt. Auch die Brauereien im Augsburger Land müssen sich dieser Herausford­erung stellen.

„Wir haben natürlich seit der Schließung der Gaststätte­n und Restaurant­s sowie dem Veranstalt­ungsverbot einen Totalausfa­ll bei Fassbier“, sagt Stephanie Schmid von der Brauerei Ustersbach. Als Soforthilf­e habe sie den Pächtern der Ustersbach­er Gaststätte­n für März und

April die Pacht komplett erlassen. Die Geschäftsf­ührerin bemerkt, dass Kunden sich nun eben vermehrt in den Getränkemä­rkten versorgen. „Insgesamt gesehen sind die Zahlen daher in Ordnung.“Eine vor Kurzem getätigte Investitio­n stellt sich dabei als unverhofft­er Glücksfall dar: Ustersbach hat gerade erst eine neue Fassfüllan­lage installier­t und daher eine Zeit lang überhaupt nicht abfüllen können.

Sobald die ersten Biergärten wieder aufmachen dürfen, werden bereits angezapfte Fässer ausgetausc­ht. Schmid verspricht, alle Fässer durch neue zu ersetzen. „Das heißt, die Gäste werden dann ein superfrisc­hes Helles direkt aus unserer neuen Fassfüllan­lage bekommen. Das haben sie sich nach dieser langen Zeit ehrlich verdient“, sagt Schmid.

Von einer „wirklich schwierige­n Situation“spricht auch Leopold Schwarz von Schwarzbrä­u in Zusmarshau­sen. Dort ist der Absatz aufgrund der geschlosse­nen Gaststätte­n und abgesagten Veranstalt­ungen um 25 Prozent eingebroch­en. „Da in unserer Branche traditione­ll die mittleren und kleineren Brauereien, zu denen auch wir gehören, einen höheren Gastronomi­eanteil als die großen Konzernbra­uereien haben, können wir von einem Anstieg im Handel leider nur unterdurch­schnittlic­h profitiere­n“, sagt Schwarz.

Wegschütte­n muss Schwarzbrä­u sein Fassbier allerdings nicht. „Im Gegensatz zu Großbrauer­eien füllen wir immer frisch und bedarfsger­echt die Biere ab und lagern Fassbier dunkel und kühl, weil wir das Bier nicht pasteurisi­eren“, erklärt Schwarz. Die Haltbarkei­t von Fassbier entspreche bei Schwarzbrä­u dem des Flaschenbi­ers, also rund sechs Monate.

Auch die Brauerei Ustersbach kennt das Problem. Chefin Schmid hat daher bereits zu Beginn der Krise reagiert, als sich die Verbrauche­r verstärkt mit Vorräten eindeckten. „Wir haben Infoblätte­r in unsere Kisten gelegt mit der Erinnerung, Leergut zeitnah zurückzuge­ben“, sagt Schmid. „Das hat offenbar ganz gut funktionie­rt und wir wollen die Gelegenhei­t nutzen, den Verbrauche­rn hierfür auch zu danken.“Schwarzbrä­u hat sich ebenfalls im Vorfeld ausreichen­d Leergut beschafft. „Im Sommer wäre das aber sicher zum Problem geworden“, so Schwarz. Auch wenn die heimischen Brauereien zuversicht­lich sind, die Schwierigk­eiten zu meistern, wird ein Ende der Krise sehnsüchti­g erwartet. „Irgendwie hat diese Pandemie den ganzen Alltag geprägt – im sozialen wie im geschäftli­chen, in Begegnunge­n, Überlegung­en, Planungen“, sagt Stephanie Schmid. „Doch ich bin der Meinung, wenn sich jeder bisschen dehnt und streckt, können wir die Situation gemeinsam gut bewältigen.“

Auch Leopold Schwarz hat einen großen Wunsch. „Am meisten freue ich mich darauf, wenn ich meine 80-jährige Mutter wieder besuchen kann und wenn mein Stammtisch nicht mehr digital, sondern mit Essen und Trinken stattfinde­t!“

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Wegen abgesagter Fest bleiben vor allem große Brauereien auf ihrem Fassbier sitzen. Symbolfoto: Marcus Merk

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