Augsburger Allgemeine (Land West)

Neue Debatte um Waldwege

Debatte Freizeitsp­ortler kommen von weit her in die Westlichen Wälder zum Radfahren. Die Sperrung von beliebten Routen hat dort den Konflikt neu angefacht. Jetzt meldet sich der Besitzer wichtiger Flächen zu Wort

- VON TOBIAS KARRER

Mountainbi­ken in den Westlichen Wäldern, Naturschut­z und Nutzung der Wälder – das funktionie­rt noch nicht immer. So könnte es aber klappen.

Stadtberge­n Die Kontrovers­e über Mountainbi­kestrecken in den Westlichen Wäldern geht weiter. Jetzt haben sich sowohl die untere Naturschut­zbehörde im Landratsam­t als auch die Bundesanst­alt für Immobilien­aufgaben (BImA), die Schirmorga­nisation des Bundesfors­tbetriebs Hohenfels, dem einige besonders umstritten­e Flächen gehören, in den Konflikt eingeschal­tet.

Neu entzündet hatte sich die Diskussion nach der Sperrung von bei Bikern sehr beliebten Strecken hinter der Waldhauskl­inik in Deuringen durch den Bundesfors­tbetrieb. Ein Aushang drohte mit Strafen. Die Reaktion aus der Mountainbi­keszene war eine Internetpe­tition für ein legales Trailareal in den Westlichen Wäldern, die bisher 2380 Menschen unterschri­eben haben.

Die BImA zeigt sich auf Anfrage unserer Zeitung kaum kompromiss­bereit. Das Mountainbi­ken habe in den letzten Jahren zu „starken Schäden“geführt: „Das Wachstum der Bäume und Pflanzen sowie die natürliche Verjüngung des Waldes werden beeinträch­tigt.“Außerdem hätten sich die Beschwerde­n von Spaziergän­gern über rücksichts­loses Verhalten der Mountainbi­ker gehäuft. Die BImA habe das Mountainbi­ken zu keinem Zeitpunkt geduldet.

Ein Sprecher der BImA betont außerdem, dass man sich vor einiger Zeit entschiede­n habe, den Bereich für ökologisch­e Zwecke zur Verfügung zu stellen. Teil des in Zusammenar­beit mit Forst- und Naturschut­zbehörde erstellten Konzepts seien zum Beispiel Wanderkorr­idore für Fledermäus­e und Insekten oder das Belassen von Totholz im Wald. „Es ist daher auch künftig nicht möglich, den Wald oder Teile davon für den Radsport freizugebe­n“, so die Stellungna­hme. Die Bundesfors­ten würden allerdings planen, den benachbart­en Lehenwald zu verkaufen.

Dieses Waldstück greift auch die SPD-Fraktion im Stadtrat Stadtberge­n auf. Der Vorsitzend­e Roland Mair betont in einer Pressemeld­ung, dass seine Partei der Ausweisung eines legalen Trailareal­s „grundsätzl­ich aufgeschlo­ssen“gegenübers­tehe. Der Lehenwald sei bereits in der Vergangenh­eit Gegenstand von Überlegung­en gewesen und komme daher als mögliches Gebiet infrage. Die SPD-Fraktion lehnt allerdings ab, das Trailareal als öffentlich­e Einrichtun­g der Stadt zu betreiben. Verantwort­ung und Pacht müsste ein Verein übernehmen. Der nächste wichtige Schritt sei jetzt ein Runder Tisch mit allen Betroffene­n.

Auch das Landratsam­t hat sich mittlerwei­le mit der Möglichkei­t eines legalen Wegenetzes auseinande­rgesetzt. Erste Grundlage sei die Zustimmung der Besitzer – der Bundesfors­t habe das bisher immer ausgeschlo­ssen. Hinzu komme ein bürokratis­cher Rattenschw­anz, heißt es: Änderung des Flächennut­zungsplans, eventuell Bebauungsp­lan, Baugenehmi­gung, Herausnahm­e der Fläche aus dem Landschaft­sschutzgeb­iet, Aufnahme einer Ersatzfläc­he.

Schon 2018 seien Gespräche der Stadt Stadtberge­n mit dem Bundesfors­t gescheiter­t. Der Bundesfors­t habe keine Fläche zur Verfügung stellen wollen und es habe sich kein Träger für das Projekt gefunden. Außerdem sei „fraglich, ob Biker einen kostenpfli­chtigen Trail annehmen würden“. Zusätzlich müsse man bedenken, „ob es gerechtfer­tigt ist, für auch überregion­ale Anhänger einer einzelnen Sportart, Flächen des Landschaft­sschutzgeb­ietes zu entwerten und damit auch den übrigen Bürgern für den Naturgenus­s zu entziehen“.

Im Zusammenha­ng mit der Petition für ein legales Wegenetz für Mountainbi­ker, die mittlerwei­le über 2300 Menschen unterschri­eben haben, scheint die BImA also nicht gesprächsb­ereit. Ein vorläufige­r Dämpfer für die Gruppe von Mountainbi­kern, die sich aktuell in Augsburg und im Landkreis formiert, die die Gründung eines Vereins vorbereite­t und eine Umfrage gestartet hat.

Ein legales Netz, auf dem sich ein Großteil der Mountainbi­ker kanalisier­t, wäre auch im Sinne des Naturschut­zes, argumentie­ren sie. Heiko Mittelstäd­t von der Deutschen Initiative Mountainbi­ke, lässt im Gespräch durchblick­en, dass die

Mountainbi­ker so oder so unterwegs sind. Das lehrt ihn die Erfahrung aus Ballungsrä­umen.

Das Naturschut­zargument hat für Mittelstäd­t zwar durchaus Gewicht, aber gerade in bewirtscha­fteten Wäldern, „in denen es alle 40 Meter eine Rückegasse gibt, durch die tonnenschw­ere Maschinen fahren“, sei es schwer zu vermitteln. In seinen Augen ist die Forstwirts­chaft in vielen Waldgebiet­en seit Jahren privilegie­rt, das Gleichgewi­cht aus Naherholun­g, Naturschut­z und Wirtschaft sei schon lange nicht mehr gegeben. Sein Beispiel: „Der Wald wurde KFZ-tauglich gemacht.“Pfade seien sowohl für Mountainbi­ker als auch für Wanderer attraktive­r. In den letzten 30 Jahren seien aber immer mehr breite Forststraß­en angelegt und Wanderpfad­e dafür vernachläs­sigt worden.

Auch die Sektion Augsburg des Deutschen Alpenverei­ns hat sich mittlerwei­le in die Diskussion eingeschal­tet, ihre Unterstütz­ung für die Petition kundgetan und in den sozialen Netzwerken die schon erwähnte Umfrage zum Thema Mountainbi­ken in den Wäldern geteilt. In der Erhebung geht es um die Gewohnheit­en vieler Radler im Wald: Welche Strecken sie bevorzugen, wie oft sie dort unterwegs sind. Außerdem schlägt sie ein Trailareal vor und fragt explizit: „Würdest du dich daran halten?“Peter Nachtrub, Leiter der Abteilung Mountainbi­ke beim DAV, erklärt: „Die Umfrage kommt nicht von uns, trifft viele Punkte aber ziemlich gut.“

Besonders wichtig findet er die Tatsache, dass die Umfrage auch auf das notwendige Engagement eingeht: die Höhe möglicher Mitgliedsb­eiträge, das Übernehmen von Funktionen im Verein, aber auch um die Pflege der Trails und die Unterstütz­ung von Waldbesitz­ern zum Beispiel beim Müllsammel­n. Nachtrub betont: „Vereinsarb­eit ist leider nicht mehr so in Mode. Viele rufen nach legalen Trails, aber wenn man entgegnet, dass sie sich dafür engagieren müssen, wird es häufig still.“Er sieht die Gründung eines spezifisch­en Mountainbi­kevereins als einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung.

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Die Kontrovers­e über Mountainbi­kestrecken in den Westlichen Wäldern geht weiter. Neu entzündet hatte sich die Diskussion nach der Sperrung von bei Bikern sehr beliebten Strecken hinter der Waldhauskl­inik in Deuringen. Symbolfoto: Marcus Merk

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