Augsburger Allgemeine (Land West)
Staudenbahn fährt nicht vor Ende 2024
Weiterer Rückschlag für das seit Jahren versprochene Projekt. Der Grünen-Abgeordneter Max Deisenhofer sieht die Schuld beim bayerischen Verkehrsministerium
Fischach/Landkreis Augsburg Die Staudenbahn kommt nicht vor Dezember 2024. Das hat der GrünenAbgeordnete Max Deisenhofer von der Bayerischen Eisenbahngesellschaft erfahren. Wie es dort heißt, steht die notwendige Infrastruktur für den Abschnitt von Gessertshausen nach Langenneufnach nochmals zwei Jahre später bereit als zuletzt geplant. Der ursprünglich beabsichtigte Starttermin war bereits mehrfach verschoben worden.
Zuletzt hatte die Wiedereinführung eines regelmäßigen Personenverkehrs zwischen Augsburg und Langenneufnach komplett auf der Kippe gestanden, weil es keine tragfähige Finanzierung für die Ertüchtigung der Strecke gab (wir berichteten mehrfach). Ende vergangenen Jahres war der Landkreis zunächst in die Bresche gesprungen.
Er übernahm nach einem Beschluss des Kreistages die Kosten der sogenannten Projektvalidierung – sie ist für alle Beteiligten eine zwingende Voraussetzung für eine Kostenaufstellung und damit den weiteren Fortgang des Projektes. Gleichzeitig wurde klar: Wenn die Staudenbahn wieder einmal fährt, dann deutlich später als bislang geplant. Zuletzt war ein Start Ende 2022 angepeilt worden.
Für Landrat Martin Sailer (CSU) war diese neuerliche Verzögerung damals das kleinere Übel. „Der tatsächliche Zeitpunkt für die Inbetriebnahme ist für uns aktuell zweitrangig. Es geht jetzt ausschließlich darum, zu unserem Bekenntnis zu stehen und die erforderlichen Schritte zu unternehmen, damit das Projekt überhaupt zur Umsetzung gelangt“, sagte er Anfang Dezember.
Bis zu diesem Frühjahr sollten die
für die weiteren Schritte vorliegen, als Partner für Ausbau und Betrieb der Strecke waren die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm im Gespräch. Doch nach Auskunft des Landratsamtes fielen wegen der Corona-Pandemie wichtige Treffen ins Wasser. „Demnächst“wolle man den weiteren Fahrplan für die Reaktivierung besprechen.
Das Ausmaß der zu erwartenden Verzögerung ist nach Deisenhofers Angaben offenbar schon klar. Der Abgeordnete sagt: „Das ist eine Hiobsbotschaft für die gesamte Region. Wir alle warten auf die Staudenbahn. Weil sie umweltfreundlich ist, weil sie Fahrgäste ohne Führerschein bewegt und weil sich die Politik im Landkreis Augsburg ja auch einig ist, dass sie kommen soll.“
In Deisenhofers Augen ist die Haltung des bayerischen Verkehrsministeriums für die massive Verzögerung maßgeblich verantwortlich: Regierung hat den Schienenverkehr auf der Strecke bestellt und den Auftrag bereits vergeben. Dafür muss aber die Strecke saniert werden. Und hier steigt der Freistaat auf die Bremse und möchte nicht einen Euro in die Infrastruktur stecken.“Andere Bundesländer wie Baden-Württemberg lösten das besser, so Deisenhofer.
Er kritisiert: „Das Hickhack der verschiedenen CSU-Verkehrsminister kostet uns jetzt mindestens zwei weitere Jahre, und eine Verkehrswende wird unnötig verschleppt. Die Staatsregierung muss sich jetzt zur Schiene bekennen und die Staudenbahn retten.“Der Ausbau der Strecke kostet Schätzungen zufolge bis zu 20 Millionen Euro. Hereingespielt werden soll das Geld über die „Gleismiete“, die die Eisenbahnunternehmen, die die Strecke befahren, bezahlen. Ende vergangenen Jahres hatte die Bayerischen EisenGrundlagen bahngesellschaft die Bestellgarantie für die Züge der Staudenbahn auf 15 Jahre ausgeweitet. Was aber nicht infrage komme, sei, diese Bestellgarantie „einredefrei“zu stellen, hieß es damals.
Das meint, dass der Freistaat auch bezahlt, wenn kein Zug auf der Strecke fährt. Ohne diese Zusicherung sei die „Bestellgarantie“des Freistaats nichts wert, keine Bank werde den Ausbau der Strecke finanzieren, kritisiert der Staudenbahn-Vorkämpfer Huber Teichmann, der mit der von ihm geführten Bahnbetriebsgesellschaft die Strecke ertüchtigen wollte.
Durch Corona ist die Lage in seinen Augen sogar noch schwieriger geworden. Durch die Pandemie kam es „mit einem Schlag über mehrere Wochen und Monate hinweg auf allen Strecken zu einer erheblichen Einschränkung des Personennahverkehrs“. Bei dem bayeri„Die schen Reaktivierungsmodell drohe der Streckenbetreiber auf den Einnahmeausfällen sitzen zu bleiben, so Teichmann.
Er setzt auf eine Neufassung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG), die der Bundestag Anfang des Jahres verabschiedet hat. Darin heißt es unter anderem, dass sich der Bund an der Reaktivierung von Strecken finanziell beteiligen dürfe. Bis zu 90 Prozent für Erstinvestitionen seien drin, sagt Teichmann und findet: „Genau der richtige Ansatz.“Vieles hänge jetzt davon ab, wie der Freistaat Bayern die Zugangskriterien zu diesem neu aufgelegten Bundesförderprogramm entwickle. Die Grünen fordern zudem vom Freistaat auch mehr eigenes Engagement. Als Reaktion auf die aus grüner Perspektive verfehlte Bahnpolitik bringt Deisenhofer mit seiner Landtagsfraktion einen Antrag zur Unterstützung nicht bundeseigener Bahnen in das Parlament ein. Davon würde auch die Staudenbahn profitieren.
Die neuerliche Verzögerung ist ein weiteres Glied in einer Kette von Rückschlägen für die Staudenbahn. Versprochen ist der Neustart für die Bahn bereits seit 2014, als ein Gutachten der 1991 stillgelegten Bahn gute Chancen bescheinigte. Doch der Fahrplan für die Wiedereröffnung geriet schon wiederholt durcheinander.
Zunächst war 2019 für den Start vorgesehen, weil es aber Schwierigkeiten mit Anpassungen an den überregionalen Fahrplan gab, verlegte die BEG diesen um zwei Jahre nach hinten. Aber auch der Dezember 2021 war nicht zu halten. Die Fahrzeughersteller hatten zu viel zu tun und konnten die Triebwagen nicht rechtzeitig liefern.