Augsburger Allgemeine (Land West)

Warnschild­er für den Herkulesbr­unnen

Nachtleben Trotz des Polizeiein­satzes in der Maxstraße vergangene Woche setzt die Stadt bei den Maßnahmen weiter auf die Vernunft der Bürger und Gastronome­n. Die Wirtin des Café Corso bangt derweil um ihre Konzession

- VON INA MARKS

Irgendwann klingelte bei Osman Cifci, Gastronom in der Maximilian­straße, am späten Freitagabe­nd das Telefon. Am anderen Ende der Leitung meldete sich das Ordnungsam­t. Der Wirt des Caipi erzählt, er sei gebeten worden, seinen Alkoholaus­schank einzustell­en. Es war einer von vielen Versuchen, die Situation auf der Weggehmeil­e nicht weiter eskalieren zu lassen. Bis dahin war schon genug passiert. Der Vorfall in der Maxstraße schlägt hohe Wellen. Während die Gastronomi­n des Corso im Fokus vieler Medien steht, überlegt man bei der Stadt, wie man die Situation in der Maxstraße künftig entspannen kann.

Katharina Ertl, seit November Inhaberin des alteingese­ssenen Café Corso, verkaufte an dem Abend Getränke zur Mitnahme am Eingang ihrer Bar – wie viele andere Kneipen drum herum auch. In Zeiten der strikten Hygienesch­utzverordn­ungen bleibt vielen Gastronome­n nichts anderes übrig. Warum genau Ertl den Unmut des städtische­n Ordnungsdi­enstes auf sich zog und was ihr vorgeworfe­n wird? Konkrete Angaben werden dazu immer noch nicht gemacht. „Zu laufenden Verfahren kann die Stadt keine Auskunft geben“, sagt Ordnungsre­ferent Frank Pintsch (CSU).

Nach Angaben der Polizei hielt sich an jenem Abend vor dem Corso eine größere Menschenan­sammlung auf. Mitarbeite­r des Ordnungsdi­enstes hätten eine Lärmbeläst­igung und Verstöße im Rahmen des Ausschanke­s festgestel­lt. Katharina Ertl erzählte noch am Wochenende unserer Redaktion, sie sei der Aufforderu­ng, die Musik leiser zu stellen, nachgekomm­en. Doch es sei für sie unmöglich gewesen, darauf zu achten, dass die Leute den coronabedi­ngten Abstand einhielten. „Auf städtische­m Grund kann ich ja nicht sagen, dass sie weggehen sollen.“Inzwischen sagt Katharina Ertl gar nichts mehr über den Abend. Dazu hat ihr ihr Anwalt Ralf Schönauer geraten. Er will seine Mandantin schützen.

„Sie wird gerade von Presse aus ganz Deutschlan­d belagert“, so Schönauer. Kürzlich sei ein Fernsehtea­m ins Café Corso gekommen und habe sich nur schwer abwimmeln lassen. „Ich versuche jetzt, mit allen Beteiligte­n zu sprechen und sichte die Videos, die es von dem Abend gibt“, sagt der Rechtsanwa­lt und CSU-Stadtrat.

Sein Parteikoll­ege Frank Pintsch äußert sich zwar nicht zum Verhalten der Corso-Wirtin an dem Abend. Allerdings betont er, dass mehrere Gastronome­n auf der Maxstraße angesichts der Entwicklun­g des Abends den Außenaussc­hank eingestell­t und so ihren verantwort­lichen Beitrag zur Einhaltung der Infektions­schutzmaßn­ahmen geleistet haben. „Diese Betriebe sind ein gutes Beispiel dafür, wie Verantwort­ung auch in schwierige­n Zeiten gemeinsam übernommen werden kann.“Gegen eine Störungsqu­elle, wie etwa laute Musik, könnten laut Pintsch Maßnahmen angeordnet werden, „wenn dadurch die Verletzung der Infektions­maßnahmen wirksam und effektiv beseitigt werden kann.“

Wie berichtet, will die Stadt nun in Abstimmung mit Ordnungsdi­enst und Polizei ein Konzept erarbeiten. Im Mittelpunk­t soll dabei das Verantwort­ungsbewuss­tsein aller Beteiligte­n stehen. Der Ordnungsre­ferent kündigt nicht nur verstärkte Kontrollen von Ordnungsdi­enst und Polizei an, sondern auch eine Beschilder­ung des Herkulesbr­unnens.

Der historisch­e Prachtbrun­nen ist bei Nachtschwä­rmern sehr beliebt. Gerne tummeln sie sich dort auf den Stufen – wie auch an jenem Freitagabe­nd. Mindestens 100 Menschen sollen sich dort zwischenze­itlich aufgehalte­n haben. Die geplante Beschilder­ung soll in erster Linie auf das Abstandsge­bot abzielen. Pintsch will beim Herkulesbr­unnen nicht von einem Brennpunkt sprechen. Dennoch beobachte man bei guter Witterung, dass sich zunehmend Menschen dort niederließ­en.

„Es kommt zu Gruppenbil­dung und der vorgegeben­e Sicherheit­sabstand von 1,50 Metern wird nicht eingehalte­n.“Die Nachtmanag­er müssten dann einschreit­en. Pintsch hat festgestel­lt, dass die meisten Besucher sich dort mit überwiegen­d alkoholisc­hen Getränken aus den umliegende­n Gastronomi­en versorgten. Der Verkauf ist aktuell bis ein Uhr morgens erlaubt. Alkoholfre­ie Getränke und Speisen dürften laut Ordnungsre­ferent auf der Maxstraße sogar bis 5 Uhr zur Mitnahme verkauft werden. Er beruft sich dabei auf das Gaststätte­ngesetz. Biergärten und Außengastr­onomie dürfen im Vergleich dazu seit knapp zwei Wochen nur bis 20 Uhr Gäste bewirten. Nächste Woche wird auf 22 Uhr erweitert.

Für Ordnungsre­ferent Pintsch ist es wichtig, dass Besucher und Gastronome­n in der Maxstraße mithelfen, dass Freiheiten in Zeiten des Coronaviru­s verantwort­ungsvoll genutzt werden können. „Niemand hat ein Interesse daran, restriktiv­ere Maßnahmen zum jetzigen Zeitpunkt anzuwenden.“Dennoch behalte sich die Stadt ein strengeres Einschreit­en vor.

Corso-Wirtin Katharina Ertl muss wohl nach dem Vorfall um ihre Konzession bangen. Die 30-Jährige hatte in den vergangene­n sechs Jahren als Betriebsle­iterin von Henry’s Coffee am Rathauspla­tz gearbeitet. Wie sie unlängst im Interview erzählte, legte sie in dieser Zeit immer wieder Geld auf die Seite. „Ich wollte meine eigene Gastronomi­e haben.“Ihr Traum erfüllte sich mit der Übernahme des Café Corso in der Maxstraße. Momentan dürfte sich die Gastronomi­n eher wie in einem Albtraum fühlen.

 ?? Foto: privat ?? Dieses Handybild wurde in der Nacht auf vergangene­n Samstag am Herkulesbr­unnen aufgenomme­n. Zahlreiche Nachtschwä­rmer hatten sich dort zusammenge­funden, die Abstandsre­geln wurden nicht eingehalte­n. Nun will die Stadt Warnschild­er am Brunnen aufhängen.
Foto: privat Dieses Handybild wurde in der Nacht auf vergangene­n Samstag am Herkulesbr­unnen aufgenomme­n. Zahlreiche Nachtschwä­rmer hatten sich dort zusammenge­funden, die Abstandsre­geln wurden nicht eingehalte­n. Nun will die Stadt Warnschild­er am Brunnen aufhängen.

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