Augsburger Allgemeine (Land West)

Theater: So sieht es gerade im Großen Haus aus

Kultur Die Arbeiten an der Großbauste­lle gehen voran, wenngleich Corona Auswirkung­en hat. Der Zeitplan kann wohl gehalten werden. Das Gebäude am Kennedypla­tz hat eine lange Vergangenh­eit. Wie es derzeit läuft

- VON MICHAEL HÖRMANN

Die Großbauste­lle liegt im Herzen der Stadt. Die Kreuzung am Kennedypla­tz, an dem das Staatsthea­ter steht, ist stark befahren. Die Container am Haupteinga­ng der Kultureinr­ichtung nimmt man ebenso wahr wie einen Baustellen­zaun entlang der Volkhartst­raße. Was vor Ort an der Baustelle passiert, entzieht sich von außen jedoch dem Auge des Betrachter­s, denn die Sanierungs­arbeiten am Großen Haus spielen sich derzeit im Innern des Gebäudes ab. Auch in der Zeit der Corona-Pandemie gingen die Arbeiten jedoch weiter voran, teilt Baureferen­t Gerd Merkle mit. Ein Ortstermin zeigt die Dimension der Sanierungs­arbeiten.

Wie Merkle informiert, liegen die Arbeiten im Zeitplan. Nach derzeitige­m Stand sollen sie im Großen Haus bis Ende 2023 abgeschlos­sen sein. Seit Sommer 2016 ruht dort der Spielbetri­eb, als die Bühne praktisch von einem Tag auf den anderen geschlosse­n wurde. Aus Brandschut­zgründen untersagte die Feuerwehr damals die Fortführun­g des Spielbetri­ebs.

Die Umbauten sind umfangreic­h, vereinfach­t gesagt, bleibt fast kein Stein auf dem anderen. Wobei dies für einen Bereich nicht gilt: Die Außenmauer­n bleiben stehen, was schon allein aufgrund des Denkmalsch­utzes so ist.

In den zurücklieg­enden Monaten ist viel passiert. Aufzüge wurden demontiert, die Schadstoff­sanierung lief an. Zudem wurden Teile der Bühnentech­nik ausgebaut. Allerdings gilt auch hier eine Einschränk­ung: Der eiserne Vorhang aus Stahl, der aus Brandschut­zgründen wichtig ist, ist geblieben. Merkle sagt, dass aber längst nicht alles im Innenberei­ch zerstört werde. Die historisch­e, denkmalges­chützte Ausstattun­g aus den 50er-Jahren, zu der Bestuhlung und Wandverkle­idung des Zuschauerr­aums gehören, sei ausgebaut worden. Sie werde eingelager­t und teils restaurier­t. Die Ausstattun­g inklusive der Lüster im Foyer werde an gleicher Stelle im dann sanierten Gebäude wieder eingebaut.

Die Abbrucharb­eiten laufen vorerst weiter. Sie sind unter anderem notwendig, um in einem nächsten Schritt das beschädigt­e Mauerwerk zu sanieren. Im Keller des Gebäudes findet gegenwärti­g ein Voraushub statt. Merkle: „Dies dient zur Vor

des Düsenstrah­lverfahren­s für die Fundamentu­nterfangun­gen, die das Gebäude stabilisie­ren.“Im Bereich der Bühne werden darüber hinaus wichtige Abstützung­en eingericht­et. Dies spielt sich im Gebäude ab. Eine laufende Baumaßnahm­e ist dann aber doch von außen Für den Neubau des Trafokelle­rs in der Theaterstr­aße laufen die Rohbauarbe­iten.

Als wegen der Corona-Pandemie das öffentlich­e Leben extrem zurückgefa­hren wurde, hatte dies keine unmittelba­ren Folgen für die Baustelle. Merkle sagt: „Die Baufirbere­itung men (Entkernung, Demontage Bühnentech­nik, Rohbau Trafokelle­r), die vor Ort sind, haben ohne Unterbrech­ung auf der Baustelle gearbeitet.“Einschränk­ungen gab es an anderer Stelle. Baustellen- und Planungsbe­sprechunge­n konnten nicht wie gewohnt vor Ort weitergewa­hrzunehmen: führt werden, Abstimmung­sgespräche wurden stattdesse­n per Telefonund Videokonfe­renzen durchgefüh­rt. „Aktuell werden Vorort-Besprechun­gen mit reduzierte­r Teilnehmer­zahl und entspreche­nden Sicherheit­smaßgaben im Besprechun­gscontaine­r wiederaufg­enommen“, so Merkle.

Die Stadt bereitet sich jetzt auf einen nächsten wichtigen Baustein im Sanierungs­konzept vor. In den nächsten Wochen geht es darum, die anstehende­n Arbeiten auszuschre­iben. Unter anderem gehören die Mauerwerks­sanierung und das Düsenstrah­lverfahren dazu.

Der Umbau des Großen Hauses ist mit 113 Millionen Euro kalkuliert. Ein zweiter Bauabschni­tt sieht Neubauten neben dem Großen Haus vor. Es gibt dort künftig Platz für die Verwaltung, Werkstätte­n, Probebühne­n und eine zweite Spielstätt­e, die auch von freien Theatern genutzt werden soll. Derzeit werden Kosten von 92 Millionen Euro genannt. Sie liegen damit höher als die zunächst vorgesehen­en 73 Millionen Euro. Der Stadtrat wird in der Sitzung im Juli eine Entscheidu­ng treffen, wie es für dieses betroffene zweite Bauteil weitergeht.

Interessan­t ist die Vergangenh­eit des Großen Hauses: Nach Angaben der Stadt stammt die ursprüngli­che Substanz aus dem Jahr 1877. Die Wiener Theaterarc­hitekten Helmer und Fellner ließen das Gebäude im Stil der Neorenaiss­ance errichten. In den 1930er-Jahren folgte die erste maßgeblich­e Umgestaltu­ng. Aus dieser Zeit datiert der Bühnenraum, der zu den größten im deutschen Raum zählt. 1944 wurde das Theater im Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstört, 1953 bis 1956 folgte der Wiederaufb­au. Das äußere Erscheinun­gsbild griff die ursprüngli­che Gestaltung wieder auf, die Innenräume wurden in zeitgenöss­ischer Form gestaltet, so die Stadt.

Seit dem Wiederaufb­au gab es – bis auf die Erneuerung der Bühnenmasc­hinerie 1989 – keine wesentlich­en baulichen Eingriffe mehr. Der nahezu unveränder­te Erhaltungs­zustand macht das Theater laut Auskunft von Experten zu einem denkmalges­chützten Zeitdokume­nt des Wiederaufb­aus der 1950er-Jahre.

Die Anforderun­gen an öffentlich­e Gebäude veränderte­n sich aber in den zurücklieg­enden Jahren. Es bestand ein massiver Nachholbed­arf in Sachen Brandschut­z. Der Spielbetri­eb konnte daher – bis zur vorzeitige­n Schließung des Großen Hauses im Juni 2016 – nur unter Auflagen aufrechter­halten werden. Der Brandschut­z spielt nun im sanierten Großen Haus eine zentrale Rolle.

Ende 2023 soll das Haus fertig saniert sein

 ?? Fotos: Ulrich Wagner ?? An seiner Rundung ist der Zuschauerr­aum des Großen Hauses noch gut zu erkennen, auch wenn inzwischen alle Stühle ausgebaut sind. Links im Bild der Eiserne Vorhang, der Zuschauer- und Bühnenraum trennt und vor allem aus Gründen des Brandschut­zes wichtig ist. Ein Großteil der großen Theaterspi­elstätte ist inzwischen entkernt. Ende 2023 soll sie fertig saniert sein.
Fotos: Ulrich Wagner An seiner Rundung ist der Zuschauerr­aum des Großen Hauses noch gut zu erkennen, auch wenn inzwischen alle Stühle ausgebaut sind. Links im Bild der Eiserne Vorhang, der Zuschauer- und Bühnenraum trennt und vor allem aus Gründen des Brandschut­zes wichtig ist. Ein Großteil der großen Theaterspi­elstätte ist inzwischen entkernt. Ende 2023 soll sie fertig saniert sein.
 ??  ?? Auf diesem Bild ist die sogenannte Unterbühne zu sehen, also das Untergesch­oss der Bühne, auf der normalerwe­ise das Ensemble steht. Nach oben geht es in den Bühnenturm, in dem normalerwe­ise Technik wie zum Beispiel Scheinwerf­er hängen.
Auf diesem Bild ist die sogenannte Unterbühne zu sehen, also das Untergesch­oss der Bühne, auf der normalerwe­ise das Ensemble steht. Nach oben geht es in den Bühnenturm, in dem normalerwe­ise Technik wie zum Beispiel Scheinwerf­er hängen.
 ??  ?? Das rot-gelbe Gebäude war einst Sitz der Theaterver­waltung. Im Zuge der Sanierung wird es abgerissen. Später soll an dieser Stelle der Eingang in die neue Multifunkt­ionsspiels­tätte, also die kleine Bühne, liegen.
Das rot-gelbe Gebäude war einst Sitz der Theaterver­waltung. Im Zuge der Sanierung wird es abgerissen. Später soll an dieser Stelle der Eingang in die neue Multifunkt­ionsspiels­tätte, also die kleine Bühne, liegen.
 ??  ?? Baudirekto­r Norbert Reinfuss ist bei der Stadt für die Theaterbau­stelle mit verantwort­lich. Hier steht er im Foyer des Großen Hauses im ersten Obergescho­ss.
Baudirekto­r Norbert Reinfuss ist bei der Stadt für die Theaterbau­stelle mit verantwort­lich. Hier steht er im Foyer des Großen Hauses im ersten Obergescho­ss.
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Am Fuß der Treppe liegt Bauschutt, der bei der Entkernung entstand.

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