Augsburger Allgemeine (Land West)
Theater: So sieht es gerade im Großen Haus aus
Kultur Die Arbeiten an der Großbaustelle gehen voran, wenngleich Corona Auswirkungen hat. Der Zeitplan kann wohl gehalten werden. Das Gebäude am Kennedyplatz hat eine lange Vergangenheit. Wie es derzeit läuft
Die Großbaustelle liegt im Herzen der Stadt. Die Kreuzung am Kennedyplatz, an dem das Staatstheater steht, ist stark befahren. Die Container am Haupteingang der Kultureinrichtung nimmt man ebenso wahr wie einen Baustellenzaun entlang der Volkhartstraße. Was vor Ort an der Baustelle passiert, entzieht sich von außen jedoch dem Auge des Betrachters, denn die Sanierungsarbeiten am Großen Haus spielen sich derzeit im Innern des Gebäudes ab. Auch in der Zeit der Corona-Pandemie gingen die Arbeiten jedoch weiter voran, teilt Baureferent Gerd Merkle mit. Ein Ortstermin zeigt die Dimension der Sanierungsarbeiten.
Wie Merkle informiert, liegen die Arbeiten im Zeitplan. Nach derzeitigem Stand sollen sie im Großen Haus bis Ende 2023 abgeschlossen sein. Seit Sommer 2016 ruht dort der Spielbetrieb, als die Bühne praktisch von einem Tag auf den anderen geschlossen wurde. Aus Brandschutzgründen untersagte die Feuerwehr damals die Fortführung des Spielbetriebs.
Die Umbauten sind umfangreich, vereinfacht gesagt, bleibt fast kein Stein auf dem anderen. Wobei dies für einen Bereich nicht gilt: Die Außenmauern bleiben stehen, was schon allein aufgrund des Denkmalschutzes so ist.
In den zurückliegenden Monaten ist viel passiert. Aufzüge wurden demontiert, die Schadstoffsanierung lief an. Zudem wurden Teile der Bühnentechnik ausgebaut. Allerdings gilt auch hier eine Einschränkung: Der eiserne Vorhang aus Stahl, der aus Brandschutzgründen wichtig ist, ist geblieben. Merkle sagt, dass aber längst nicht alles im Innenbereich zerstört werde. Die historische, denkmalgeschützte Ausstattung aus den 50er-Jahren, zu der Bestuhlung und Wandverkleidung des Zuschauerraums gehören, sei ausgebaut worden. Sie werde eingelagert und teils restauriert. Die Ausstattung inklusive der Lüster im Foyer werde an gleicher Stelle im dann sanierten Gebäude wieder eingebaut.
Die Abbrucharbeiten laufen vorerst weiter. Sie sind unter anderem notwendig, um in einem nächsten Schritt das beschädigte Mauerwerk zu sanieren. Im Keller des Gebäudes findet gegenwärtig ein Voraushub statt. Merkle: „Dies dient zur Vor
des Düsenstrahlverfahrens für die Fundamentunterfangungen, die das Gebäude stabilisieren.“Im Bereich der Bühne werden darüber hinaus wichtige Abstützungen eingerichtet. Dies spielt sich im Gebäude ab. Eine laufende Baumaßnahme ist dann aber doch von außen Für den Neubau des Trafokellers in der Theaterstraße laufen die Rohbauarbeiten.
Als wegen der Corona-Pandemie das öffentliche Leben extrem zurückgefahren wurde, hatte dies keine unmittelbaren Folgen für die Baustelle. Merkle sagt: „Die Baufirbereitung men (Entkernung, Demontage Bühnentechnik, Rohbau Trafokeller), die vor Ort sind, haben ohne Unterbrechung auf der Baustelle gearbeitet.“Einschränkungen gab es an anderer Stelle. Baustellen- und Planungsbesprechungen konnten nicht wie gewohnt vor Ort weitergewahrzunehmen: führt werden, Abstimmungsgespräche wurden stattdessen per Telefonund Videokonferenzen durchgeführt. „Aktuell werden Vorort-Besprechungen mit reduzierter Teilnehmerzahl und entsprechenden Sicherheitsmaßgaben im Besprechungscontainer wiederaufgenommen“, so Merkle.
Die Stadt bereitet sich jetzt auf einen nächsten wichtigen Baustein im Sanierungskonzept vor. In den nächsten Wochen geht es darum, die anstehenden Arbeiten auszuschreiben. Unter anderem gehören die Mauerwerkssanierung und das Düsenstrahlverfahren dazu.
Der Umbau des Großen Hauses ist mit 113 Millionen Euro kalkuliert. Ein zweiter Bauabschnitt sieht Neubauten neben dem Großen Haus vor. Es gibt dort künftig Platz für die Verwaltung, Werkstätten, Probebühnen und eine zweite Spielstätte, die auch von freien Theatern genutzt werden soll. Derzeit werden Kosten von 92 Millionen Euro genannt. Sie liegen damit höher als die zunächst vorgesehenen 73 Millionen Euro. Der Stadtrat wird in der Sitzung im Juli eine Entscheidung treffen, wie es für dieses betroffene zweite Bauteil weitergeht.
Interessant ist die Vergangenheit des Großen Hauses: Nach Angaben der Stadt stammt die ursprüngliche Substanz aus dem Jahr 1877. Die Wiener Theaterarchitekten Helmer und Fellner ließen das Gebäude im Stil der Neorenaissance errichten. In den 1930er-Jahren folgte die erste maßgebliche Umgestaltung. Aus dieser Zeit datiert der Bühnenraum, der zu den größten im deutschen Raum zählt. 1944 wurde das Theater im Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstört, 1953 bis 1956 folgte der Wiederaufbau. Das äußere Erscheinungsbild griff die ursprüngliche Gestaltung wieder auf, die Innenräume wurden in zeitgenössischer Form gestaltet, so die Stadt.
Seit dem Wiederaufbau gab es – bis auf die Erneuerung der Bühnenmaschinerie 1989 – keine wesentlichen baulichen Eingriffe mehr. Der nahezu unveränderte Erhaltungszustand macht das Theater laut Auskunft von Experten zu einem denkmalgeschützten Zeitdokument des Wiederaufbaus der 1950er-Jahre.
Die Anforderungen an öffentliche Gebäude veränderten sich aber in den zurückliegenden Jahren. Es bestand ein massiver Nachholbedarf in Sachen Brandschutz. Der Spielbetrieb konnte daher – bis zur vorzeitigen Schließung des Großen Hauses im Juni 2016 – nur unter Auflagen aufrechterhalten werden. Der Brandschutz spielt nun im sanierten Großen Haus eine zentrale Rolle.
Ende 2023 soll das Haus fertig saniert sein