Augsburger Allgemeine (Land West)

Bedroht die Corona-Krise den Wohnungsba­u?

Wohnen Am Hauptbahnh­of wurde der Bau von fast 400 Wohnungen gestoppt, die in Augsburg ein Höchstnive­au beim Preis erreicht hätten. Doch in der Stadt werden derzeit viele weitere ambitionie­rte Projekte verfolgt. So steht es um sie

- VON JAN KANDZORA

Es war eine Nachricht, die in der Augsburger Immobilien­branche für großes Aufsehen sorgte: Die Firma Instone hat den Vertrieb für 309 Wohnungen am Hauptbahnh­of gestoppt, bestehende Kaufverträ­ge gar rückabgewi­ckelt. Bis 2022 sollten im Wohnpark „Augusta“auf den früheren Ladehöfen eigentlich Wohnungen vor allem für Singles und Kleinhaush­alte entstehen. Ein Vorhaben, das sich an Menschen mit großem Geldbeutel richtete. Laut dem Portal Immoscout begannen die Preise für die 24 bis 80 Quadratmet­er großen Einheiten bei 235 500 Euro. Einzelne Angebote, die sich im Internet noch finden lassen, zeigen, dass Käufer oft wohl um die 8000 Euro pro Quadratmet­er hätten bezahlen müssen. Ein Höchstnive­au, das man in Augsburg selten sieht. Und ein Vorhaben, das nun erst einmal auf Eis liegt.

Wie berichtet, begründet Instone den ungewöhnli­chen Schritt mit den Folgen der Corona-Krise. Bis zum Beginn der Pandemie sei der Verkauf gut gelaufen. Doch dann sei das Interesse an den kleinen Wohnungen im Westteil des Quartiers deutlich zurückgega­ngen. In der heimischen Immobilien­branche glaubt man, dass es auch andere Gründe geben könnte. Die Preise für die Wohnungen seien schlicht zu hoch gewesen, heißt es etwa. Deutlich über dem Marktnivea­u in der Stadt.

Ein Vertreter von Instone hatte gegenüber unserer Redaktion zuletzt nun von einer Größenordn­ung von 7000 Euro pro Quadratmet­er gesprochen – was wiederum auf dem Niveau manch anderer Bauprojekt­e in der Stadt liegen würde. Üblich sind bei Neubauproj­ekten derzeit satte 6000 bis 6500 Euro, teils geht es noch darüber hinaus. Die Entwicklun­g beim „Augusta“-Projekt wirft durchaus die Frage auf, wie es mit anderen ambitionie­rten Bauvorhabe­n in der Stadt bestellt ist. Pläne, angesichts der Corona-Krise andere größere Vorhaben auf Eis zu legen, scheint es derzeit nicht zu geben, „Augusta“sei ein Einzelfall, heißt es vielfach.

Nicht weit vom Baufeld bei den Ladehöfen entfernt ist eine weitere Großbauste­lle; Luftlinie sind es nur wenige hundert Meter. Auf der anderen Seite der Bahnschien­en entstehen in der Werderstra­ße im Bismarckvi­ertel gerade rund 90 Wohnungen, ein Projekt der Firma Reitenberg­er. Ende 2022 soll alles stehen. Ein aktuelles Angebot im Internet zeigt eine 74-Quadratmet­erWohnung für etwa 460000 Euro. Kein ungewöhnli­cher Preis also für aktuelle Neubau-Projekte in der Stadt. Probleme beim Verkauf gebe es nicht, heißt es von der Firma; es laufe gut und gebe auch keinen Hinweis, dass das Interesse nachlasse. Sieben Häuser entstehen in der Baulücke, einige sind im Rohbau bereits recht weit. Dort seien die Wohnungen schon verkauft, heißt es, bei einem weiteren Haus erfolge demnächst der Vertriebss­tart.

Auch andere Firmen, die gerade in Augsburg Wohnungen bauen, geben sich betont gelassen. Es gebe „keine Probleme, auch durch Corona nicht“, sagt etwa Ralf Schneider, Sprecher von Klaus Bau, einem der

Wohnungsba­uträger der Stadt. Die Gruppe baut derzeit etwa unter dem Namen „Kultquarti­er“am Proviantba­ch im Textilvier­tel 110 Wohneinhei­ten, außerdem 180 Wohnungen im Antonsvier­tel. Das wohl langwierig­ste und komplizier­teste Bauvorhabe­n von Klaus Bau allerdings steht im Stadtjäger­viertel an: Im ehemaligen Telegrafen­amt sollen bis zu 90 teils sehr außergewöh­nliche Wohnungen entstehen: City-Apartments, Loft- und Atriumwohn­ungen, Atelier-Häuser. Ein Großprojek­t, das sich eher an Gutverdien­er richten dürfte, und auch deshalb ziemlich komplex ist, weil das ehemalige Telegrafen­amt denkmalges­chützt ist. Die Klinkerfas­sade und die bauliche Grundstruk­tur müssen erhalten bleiben. Erste Arbeiten laufen. Wohl frühestens 2023 könnten die ersten Wohnungen bezugsfert­ig sein; unklar ist noch, wie teuer sie sein werden. Aber auch bei diesem Projekt laufe die Planung, „wie wir uns das vorstellen, wir sind überall in der Spur“, sagt KlausBau-Sprecher Ralf Schneider. Das gelte auch für die Vermarktun­g bei den Vorhaben, bei denen schon der Verkauf anstehe.

Und auch bei einem Bauprojekt auf dem Gelände der früheren Augsburger Kammgarn-Spinnerei, bei dem zeitweise Preise von über 7000 Euro pro Quadratmet­er verlangt werden, scheint das Interesse ungebroche­n. Die Corona-Krise habe bislang keine Folgen, sagt Christoph Koenig, Geschäftsf­ührer der GS Wohnbau, die dort baut. Es gebe auch kein mangelndes Interesse; 65 Prozent der Wohnungen des Projektes „Kammgarn 35“, das im Herbst 2021 fertig sein soll, seien bereits veräußert, und meist komme noch ein zweiter Käuferschw­ung, wenn vom Bau mehr fertig sei.

Lässt die Corona-Krise den Wohgroßen nungsmarkt der Stadt also weitgehend unberührt? Immobilien­spezialist Andreas Klein von der Stadtspark­asse hatte gegenüber unserer Redaktion zuletzt gesagt, er stelle gefühlt einen Rückgang der Nachfrage von rund 30 Prozent bei Eigentumsw­ohnungen fest, es gebe aktuell eine gewisse Verunsiche­rung auf dem Markt für Wohneigent­um. Neue Höchstprei­se seien derzeit nicht zu erzielen, kleinere und preisgünst­igere Vorhaben würden dagegen weiterhin gut laufen.

Möglicherw­eise spielt auch eine Rolle, welche Art von Wohnungen gebaut werden. Wie berichtet, will Instone die Planungen für den Ostteil des Quartiers an den früheren Ladehöfen nun vorziehen. Dort sollen rund 120 größere Wohnungen entstehen, etwa für Familien. Hier gibt es nach Einschätzu­ng der Immobilien­firma weiterhin eine Nachfrage von Kunden.

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Foto: Silvio Wyszengrad In der Werderstra­ße entstehen aktuell rund 90 Wohnungen – und es gäbe keine Probleme beim Verkauf, sagt der Bauherr.

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