Augsburger Allgemeine (Land West)
Im Keller des Leichenbeseitigers
Premiere Sensemble inszeniert eine schwarze Komödie von Dürrenmatt
Ganz schön gruselig: Nachdem Doc seine Arbeit als Biologe verloren hat, beseitigt er die Leichen für ein Mordsyndikat. Damit arbeitet sich dieser „Mitmacher“aus seiner Misere heraus, verdient sogar ordentlich – bis das dicke Ende kommt. Es ist eine typisch rabenschwarze Komödie von Friedrich Dürrenmatt, die sich das Sensemble Theater für die erste Premiere ausgesucht hat.
Als „Der Mitmacher“1973 erstmals auf die Bühne kam, fiel das Stück glatt durch. Dürrenmatt hat es dann immer wieder bearbeitet. Es war offensichtlich noch nicht Zeit für den Stoff. In unsere Gegenwart passe das Stück hingegen bestens, findet Regisseur Philipp J. Neumann: „Es ist heute ungemein aktuell, wo der Populismus die alten Eliten angreift.“Bei der Uraufführung sprach Der Spiegel von einer „pessimistischen Parabel vom Konformismus der Intellektuellen“. Doc muss sich hergeben für finstere Zwecke.
Verhandelt wird die Verquickung von Wirtschaft und Politik, die von der Vetternwirtschaft bis zur skrupellosen Korruption reicht und Menschen bloß als Mittel verzweckt. Hauptsache, man profitiert davon. Auch wenn es todernst zugeht, sei es ungemein witzig. „Man lacht sich fast zu Tode, die Fallhöhe der Dialoge ist enorm“, verrät Neumann. Dürrenmatt übertreibt in seiner grimmigen Ironie und zeichnet das Schreckbild eines perfekt organisierten Mörderunternehmens. „Alle machen mit, einer erledigt die Drecksarbeit und alle verdienen daran“, skizziert es Neumann, der bereits vor zwei Jahren Max Frischs „Biografie – ein Spiel“am Sensemble inszeniert hat.
Von den Schauspielern werde ein ganz großer Spagat gefordert, zumal sie zu dritt sieben Rollen besetzen – eine achte auch noch wechselweise. Theaterleiter Sebastian Seidel hat bewährte Kräfte engagiert: Heiko Dietz, Birgit Linner und Dörte Trauzeddel. Sie kommt vom Neuen Theater Burgau, wo das Stück dann ebenfalls aufgeführt wird. So kann Seidel auch die derzeit angeordneten Platzbeschränkungen (48 von 120 Sitzen stehen im Sensemble zur Verfügung) kompensieren.
Die Bühne, ebenfalls von Philipp J. Neumann entworfen, ist inspiriert von den Katakomben eines Hotels. Überall stehen Wäschewagen. Doc hat sich in dem nüchtern-sterilen Ambiente eingerichtet. Hier wohnt er, hier hat er sein Labor für seine eklige Aufgabe (deren Anblick den Zuschauern erspart bleibt). Hier endet er in einem Desaster. Er war ja nur der Mitmacher.
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Premiere am Freitag, 9. Oktober. Sie ist ausverkauft. Dann weitere zehn Vor stellungen bis 14. November. Karten: Tel. 08 21/34 94 666, www.sensemble.de