Augsburger Allgemeine (Land West)
Ein bezaubernder Klang aus früherer Zeit
Musik Pianistin Stephanie Knauer ließ sich ein Clavisimbalum aus dem Mittelalter nachbauen. Am Sonntag gibt sie Konzerte
Auf dem Flügel der Augsburger Pianistin Stephanie Knauer steht ein unscheinbarer, mit dünnen Saiten bespannter Kasten aus hellem Mooreichenholz. Wandern ihre Hände über die kleine Klaviatur mit den kurzen, fast klobig wirkenden Tasten, ertönt ein Klang, der an ein satt gespieltes Hackbrett erinnert – oder eine angriffslustige Harfe. Knauer stieß bei einem ihrer zahlreichen Besuche der Tage Alter Musik in Regensburg auf das mittelalterliche Clavisimbalum und erfuhr eine „Bezauberung durch dessen Klang“.
Nur, in einem herkömmlichen Musikalienladen ist ein solches Instrument nicht zu erstehen. Die Pianistin fand schließlich im friesischen Leer einen Spezialisten für historischen Instrumentenbau, Gregor Bergmann. Kein originales Clavisimbalum
ist noch erhalten, für die Rekonstruktion mussten Aufzeichnungen aus dem Jahr 1440 und ein artverwandtes 500 Jahre altes Klaviziterium
aus dem Museum des Londoner Royal College for Music dienen. Nach 18 Monaten Bauzeit durfte Stephanie Knauer das erste
Mal die kleinen Hämmerchen gegen die doppelt gespannten Saiten hochschnellen lassen. Diese Hammermechanik ist für diese Epoche fast schon revolutionär, geriet sie doch in der folgenden Renaissance, in der beim Cembalo die Saiten mit einem Kiel angerissen werden, völlig in Vergessenheit und tauchte erst beim modernen Piano wieder auf. Das Clavisimbalum hingegen erlaubt eine Laut-Leise-Dynamik durch den Tastenanschlag, allerdings „muss man mit der Geschwindigkeit haushalten, das heißt nach einem schnellen Lauf muss der Ton stehen bleiben, um den Nachklang abklingen zu lassen“, erklärt Knauer.
Auch das vorhandene Tonmaterial ist ungewöhnlich, wie sie betont, versteckt sich doch in diesem fragilen, eleganten Instrument die sogenannte pythagoreische Wolfsquinte. Einfach gesprochen sind bei dieser Stimmung die zwölf Quinten des
Quintenzirkels ein wenig zu groß. So wird, um den Kreis schließen zu können, die letzte Quinte ein wenig kleiner gemacht, was eine an Wolfsgeheul erinnernde Dissonanz verursacht. Mozart kann man also nicht intonieren auf diesem Instrument. Dafür die Kompositionen des spätmittelalterlichen Organisten Conrad Paumann oder die geistlichen Stücke des Buxheimer Tabulaturbuchs aus dem späten 15. Jahrhundert. Am Sonntag wird Stephanie Knauer zusammen mit der Sopranistin Alexandra Steiner mit diesen ein halbes Jahrtausend alten Stücken den Felicitassaal des Maximilanmuseums zum Klingen bringen.
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Konzerte am Sonntag, 11. Oktober, 11 Uhr und 13.30 Uhr, im Maximilian museum. Eintritt frei, Spenden erbeten. Voranmeldung unter besucherservice kusa@augsburg.de oder der Telefonnum mer 0821 3244112