Augsburger Allgemeine (Land West)
Streiks: Was heute auf die Augsburger zukommt
Nahverkehr Bis 14 Uhr fahren wegen der erneuten Arbeitsniederlegung wohl kaum Straßenbahnen und Busse. Einen Notfallplan haben die Stadtwerke auch dieses Mal nicht parat – Passagiere sollten sich daher Alternativen suchen
Nachdem die Gewerkschaft Verdi schon Anfang der Woche einen erneuten Warnstreik im Augsburger Nahverkehr angekündigt hatte, stehen nun Einzelheiten fest. Demnach wird von 4 bis 14 Uhr gestreikt. Laut Stadtwerken ist geplant, nach Streikende ab 14 Uhr Busse und Straßenbahnen schnellstmöglich aus den Depots in den Linienverkehr zu schicken. Allerdings werde es von da an noch mindestens zwei Stunden dauern, bis der Betrieb nach Fahrplan läuft.
Die Gewerkschaft Verdi hatte angekündigt, nur bis zum Mittag streiken zu wollen, um wieder einen geregelten Feierabendverkehr zu ermöglichen. Man wolle die Arbeitgeber und nicht die Fahrgäste treffen, so die Gewerkschaft.
Die Stadtwerke werden wie schon vergangene Woche keinen Notfahrplan anbieten. Beim Warnstreik am vorvergangenen Dienstag waren nur einige wenige Fahrzeuge ausgerückt, mit denen kein vernünftiges Linienangebot auf die Beine zu stellen war. Man könne im Vorfeld keine Aussage treffen, wie viele Fahrzeuge ausrücken werden, weil sich nicht alle Fahrer am Streik beteiligen und ungewiss ist, welche der am Freitagmorgen eingeteilten Fahrer in den Ausstand gehen wollen, so die Stadtwerke. Sie raten, sich nach alternativen Beförderungsmöglichkeiten umzusehen.
Neben Stadtwerke-Leihrädern kommt auch der Bahnverkehr mit den Haltepunkten und Stadtteilbahnhöfen infrage. Auch die Regionalbusse des AVV fahren, wobei sie
Stadtgebiet nur ein sehr ausgewähltes Netz an Haltestellen bedienen und zur morgendlichen Stoßzeit im Schülerverkehr ohnehin schon gut mit Fahrgästen aus dem Umland gefüllt sind. Die Rollerverleiher Voi und Lime nutzen den Streik, um auf ihr Angebot aufmerksam zu machen. Sie bieten kostenlose Fahrten für Nutzer an. Laut Voi habe sich die Auslastung am ersten Streiktag um bis zu 50 Prozent erhöht.
Verdi streikt wie berichtet bundesweit für einheitliche Arbeitsbedingungen im Nahverkehr. Für die Beschäftigten in Bayern hätte dies zunächst keine direkten Auswirkungen, weil diese im bundesweiten Vergleich relativ gut dastehen. Allerdings bemängeln auch sie die Arim beitsbedingungen. „Die dichte Taktung ist vor allem in Großstädten ein Problem“, so Verdi-Gewerkschafterin Katharina Wagner. An den Endhaltestellen sind zwar Pausen für die Fahrer vorgesehen, teils reiche es aber nicht mal für einen Gang zur Toilette, heißt es von Fahrern. Zusammengenommen mit der mäßigen Bezahlung sorge dies dafür, dass etwa 15 Fahrer pro Jahr in Augsburg ausscheiden, weil sie etwas anderes machen wollen.
Die Stadtwerke verweisen darauf, die Fahrpläne so zu gestalten, dass Fahrer an den Endhaltestellen auch mal durchatmen können. Diese Standzeiten seien auch als Puffer eingeplant, sollte sich eine Straßenbahn oder ein Bus verspäten.
Damit die Verzögerung sich nicht den ganzen Tag durch den Fahrplan zieht, wird der Puffer dann gegebenenfalls aufgebraucht, so Stefanie Rohde, Bereichsleiterin für den Fahrbetrieb bei den Stadtwerken. Ein dringender Toilettengang sei aber auch dann möglich. Rohde verweist auch darauf, dass es einen „Wunschdienstplan“gibt, in den jeder Fahrer seine gewünschten Schichten eintragen kann. „Zu 90 Prozent können wir diese Wünsche auch erfüllen.“Was die Zahl der ausscheidenden Fahrer betrifft, gebe es auch die Situation, dass man sich von Personal trenne, das nicht die Anforderungen der Stadtwerke erfülle.
Insgesamt haben die Verkehrsbetriebe (AVG) und die vor Jahren gegründete Beschäftigungsgesellschaft ASG um die 530 Fahrer (Teilzeitpersonal eingerechnet). Pro Jahr benötigen die Stadtwerke um die 50 neue Fahrer, weil aktuell viele Beschäftigte in Rente gehen. Diesen Bedarf an neuem Personal könne man momentan stillen, so Rohde. Laut Verdi verdienen Berufsanfänger um die 2500 Euro brutto, Zuschläge mit eingerechnet. Die genaue Höhe hänge davon ab, wie viel zuschlagspflichtige Dienste pro Monat gefahren werden. Die Fahrer der ASG sind etwas schlechter gestellt (in der Praxis um die 100 Euro weniger).
Neu eingestellte Fahrer landen zunächst in der ASG und wechseln später in die AVG zum regulären Tarifvertrag. Zwei Drittel aller Beschäftigten im Fahrdienst sind in der AVG beschäftigt, ein Drittel in der ASG.