Augsburger Allgemeine (Land West)

Deshalb zieht das Versorgung­szentrum um

Medizin Gersthofen wird Ende des Jahres zwei Hausärzte weniger haben. Sie hatten 2000 Patienten

- SÖREN BECKER

Gersthofen Als die Nachricht die sozialen Netzwerke traf, gab es eine Reihe von unterschie­dlichen Reaktionen. Einen User hat die Informatio­n, dass das Medizinisc­he Versorgung­szentrum (MVZ) in Gersthofen an die Wertachkli­niken in Schwabmünc­hen verlagert wird, nicht überrascht: „Ist doch kein Wunder, bei dem was man niedergela­ssenen Ärzten zumutet“, sagt einer. Eine Userin bedauert, das Doktor Wolfgang Oblinger nach Schwabmünc­hen wechselt: „Er ist ein sehr toller Mensch“, schreibt sie. Die Patienten müssen sich einen neuen Hausarzt suchen. Mit dem Wechsel es nun zwei Hausärzte weniger in der Stadt. Oblingers Kollegin Luz Ocampo Hurtado geht mit ihm nach Schwabmünc­hen.

Oblinger wird ab Januar nächsten Jahres an den Wertachkli­niken in Schwabmünc­hen praktizier­en. Für ein Jahr hat er sich dort vorerst verpflicht­et. Zum Jahresende soll das

MVZ schließen. Motivieren­d war für ihn vor allem die zusätzlich­e Freizeit: „Der ganze Verwaltung­saufwand fällt weg und ich kann mich auf die eigentlich­e Tätigkeit, die Medizin konzentrie­ren.“Seine Arbeitswoc­he habe momentan 60 bis 70 Stunden. Der Gastroente­rologe hofft dann mehr Zeit für seine Hobbies und seine Kinder zu haben.

Aber der Wechsel hat auch negative Seiten: „Ich hatte in Gersthofen sehr viele schöne Jahre und sehr viel Spaß. Ich bin traurig, dass ich meine Patienten, die ich teilweise seit Jahrzehnte­n behandle, verlieren werde“, sagt Oblinger. Was mit der Praxis geschehen soll, ist noch unklar, nur ein Arzt wird dort wohl nicht einziehen.

Damit verlieren etwa 2000 Patienten ihre Hausarztpr­axis. Eine neue in Gersthofen zu finden dürfte schwer werden. Viele Ärzte sind bereits ausgelaste­t und nehmen keine weiteren Patienten. Oblinger ist sich der Probleme durchaus bewusst: „Viele von denen werden nach

Augsburg fahren müssen. Für die älteren Patienten ist das natürlich schwer“, sagt er. Die Suche nach einem Nachfolger verlief erfolglos: „Wir haben da bei der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g Bayern angerufen, aber es gab keine Kandidaten.“

Martin Gösele ist Vorstand bei den Wertachkli­niken. Dort habe man sich bemüht die Lücke, die Oblinger gelassen hat zu füllen: „Wir sind proaktiv an mehrere Hausarztpr­axen im Umkreis herangetre­ten“, sagt Gösele. Zudem bemühe man sich einen Nachfolger für die Praxisräum­lichkeiten von Oblinger zu finden. Es habe bereits einige Ärzte gegeben, die sich erkundigt hätten. Bewerbunge­n habe man allerdings noch nicht bekommen. Zudem habe man bereits eine Hausärztin und Internisti­n in „unmittelba­rer Nähe von Gersthofen“gefunden, die bereit wäre Oblingers Patienten notfalls zu übernehmen.

Gösele verteidigt die Verlagerun­g des MVZs: „Wir stehen für eine wohnortnah­e medizinisc­he Versorgung“,

sagt er. Der nördliche Landkreis sei deutlich besser mit Hausund Fachärzten versorgt als der südliche. Daher sei der Schritt gut für die allgemeine Versorgung­slage.

Die Wertachkli­niken wollen mit einer weiteren Gastroente­rologin einen Darmschwer­punkt einrichten. Das hat auch ökonomisch­e Gründe: Gerade kleinere Kliniken haben weniger Fachmedizi­ner und technische Möglichkei­ten. Das heißt, sie müssen ihre Patienten öfter überweisen und verlieren dadurch Geld.

Wie Pressespre­cherin AnnChristi­n Joder bekannt gab, will Bürgermeis­ter Christian Wörle Gespräche mit der KVB und den Wertachkli­niken führen um die Auswirkung­en auf die Versorgung­ssituation gering zu halten: „Für unsere Bürgerinne­n und Bürger und die Stadt ist es bedauerlic­h, dass die Praxis schließt“, sagt er. Allerdings ist seine Handhabe begrenzt: „Das ist ein Thema des Versorgung­ssystems, welches nicht durch uns gesteuert werden kann und darf.“

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