Augsburger Allgemeine (Land West)

Adolf Beckel ist der Alphornkön­ig im Staudenlan­d

Handwerksk­unst Adolf Beckel spielt seit fast 25 Jahren Alphorn. In seiner Werkstatt in Oberrothan baut er die Instrument­e sogar selbst. Was ihn daran fasziniert

- VON MARCUS ANGELE

Oberrothan Wäre er nicht Schreiner geworden, dann vielleicht Musiker. Adolf Beckel aus Oberrothan ist ein begnadeter Musikant, auch wenn er das selbst gar nicht so gern hört. Ein glückliche­r Zufall, dass ihm bei seiner größten Leidenscha­ft sein Beruf entgegenka­m: Nachdem er zu seinem 60. Geburtstag ein Alphorn geschenkt bekam, dauerte es nicht lange, bis Beckel selbst ein Alphorn in seiner Schreinere­i herstellte. Inzwischen ist er 84 Jahre alt und hat ungefähr vierzig Alphörner gebaut.

Schon die Anfahrt nach Oberrothan erinnert ein wenig an die Schweizer Berglandsc­haft. Der Weg zieht sich durch die hügelige Staudenlan­dschaft, die Straße heißt natürlich Schweizerh­ofweg und obendrauf gibt es am Waldrand ein richtiges Echo zu hören. In dieser Idylle baut der ehemalige Schreiner Beckel seine Alphörner und musiziert in seiner Werkstatt.

„Als Musiker war ich mit 17 schon fast ein Spätberufe­ner“, erinnert sich Beckel. Er fing auf der Violine an und stieg drei Jahre später auf Trompete um, als in den 1950er und 60er Jahren der Rock ‘n’ Roll in war. Aber auch Mundharmon­ika, Hawaii-Gitarre und einige Blasinstru­mente mehr sind für ihn kein Problem. Beckel spielte auch jahrelang in der damals angesagten Maledos-Band mit.

Fängt Beckel dann von seinen Alphörnern zu erzählen an, gerät er ins Schwärmen. „Dieser ganz eigene Klang hat mich schon immer inspiriert und fasziniert“, sagt Beckel. Vor knapp 25 Jahren bekam er sein erstes Alphorn von der Familie zum Geburtstag geschenkt – doch warum kaufen, wenn man das auch selbst machen kann? So begann seine Leidenscha­ft für den Alphornbau.

Erstmals im 16. Jahrhunder­t erwähnt, hat das Instrument bereits eine lange Geschichte. Ursprüngli­ch wurde das Alphorn von Schweizer Hirten als Rufzeichen in den Bergen eingesetzt. „Jedes Signal hatte eine andere Bedeutung, wie zum Beispiel wenn sich der Hirte in einer Notsituati­on befand oder wenn Tiere krank waren“, weiß Beckel.

Doch am Bau des Alphorns hat sich über die lange Zeit nicht viel verändert. Fast jedes trockene Holz eignet sich. Entscheide­nd für den Ton ist die exakte Länge. Das deutsche Standardho­rn ist genau 3,66

Meter lang, auf den Ton F gestimmt und besteht in der Regel aus drei Teilen. Ein Horn mit 3,89 Metern erzeugt dagegen die Grundstimm­ung E - Fachwissen, das sich Beckel über die Jahre selbst angeeignet hat. Für den Bau eines Alphorns braucht der gelernte Schreiner ungefähr neunzig Stunden. Auch die Mundstücke drechselt er selbst. Eine Bekannte aus Fischach bemalt die Instrument­e schließlic­h mit Edelweiß und anderen Bergblumen. Wenn Beckel dann zum ersten Mal ein neues Alphorn testet, freut er sich wie bei seinem ersten.

Zum Spielen benötigt es aber schon etwas Puste. Die Töne werden nämlich nur mit dem Mund erzeugt. „Da kommt es auch auf ein gutes Gehör an“, sagt Beckel und setzt zum Spielen an. Und schon erklingt „Ein schöner Tag“am Waldrand von Oberrothan und wird von einem herrlichen Echo wiedergege­ben. Mittlerwei­le hat Beckel ungefähr vierzig Hörner gebaut. Doch er kann sich von seinen Lieblingen nur schlecht trennen. „Die sind einfach mit so viel Herzblut gebaut, da tut es mir echt weh, wenn ich eins hergeben muss“, sagt Beckel mit einem liebevolle­n Lachen.

Mit seinen Freunden von der Walkertsho­fer Blaskapell­e spielt der 84-Jährige ab und zu noch Konzerte, wie zuletzt in Scherstett­en. Sein Freund Karl Markgraf organisier­te auf „seinem“Klafferber­g zwischen Indianer-Tipi und mongolisch­er Jurte ein Überraschu­ngskonzert für die Anwohner.

Zehn Alphornblä­ser spielten zur untergehen­den Sonne und lockten schnell einige Zuhörer auf den Berg. „Es war perfekt und eine wunderbare Stimmung mit außergewöh­nlicher Musik“, sagt Karl Markgraf, der den Scherstett­ern mit dem spontanen Konzert eine Freude machen wollte. Am Lagerfeuer begeistert­en Adolf Beckel noch mit der Mundharmon­ika und die Walkertsho­fer Alphornblä­ser mit dem Schmuttert­al-Marsch. Das Lied wurde von Martin Martin, der von 1920 bis 1928 Hauptschul­lehrer in Scherstett­en war, komponiert. Die überliefer­te Melodie dazu wurde aber erst vor zwei Jahren von Franz Xaver Holzhauser neu für Blasmusik arrangiert und gilt seither als eine Art Scherstett­er Nationalhy­mne. Auf dem selbst gebauten Alphorn von Beckel entwickelt sie einen ganz besonderen Klang.

 ?? Fotos: Marcus Angele ?? Zu seinem 60. Geburtstag bekam Adolf Beckel aus Oberrothan ein Alphorn geschenkt. Inzwischen baut er die Instrument­e in seiner Schreinere­i selbst.
Fotos: Marcus Angele Zu seinem 60. Geburtstag bekam Adolf Beckel aus Oberrothan ein Alphorn geschenkt. Inzwischen baut er die Instrument­e in seiner Schreinere­i selbst.

Newspapers in German

Newspapers from Germany