Augsburger Allgemeine (Land West)

Falsches Testergebn­is?

Pandemie Der Corona-Abstrich von Stefan Müller-Meerkatz hat möglicherw­eise ein falsches Resultat erbracht. Dennoch müssen seine Frau und seine Kinder zu Hause bleiben. Wie sich das anfühlt

- VON JANA TALLEVI

Dieser Fall klingt kurios: Das Corona-Testergebn­is eines Familienva­ters ist möglichwei­se falsch. Er darf die Quarantäne verlassen, seine Familie nicht.

Ehingen Weil Stefan Müller-Meerkatz als Einziger in seiner Familie positiv auf das Coronaviru­s getestet wurde, ist er der Einzige in seiner Familie, der sich nun wieder frei bewegen kann und nicht mehr in Quarantäne ist. Was paradox klingt, hat mit den unterschie­dlich langen Quarantäne­zeiten von betroffene­n und nur möglicherw­eise Betroffene­n zu tun. Zu diesen zählen seine Frau Martina sowie die Kinder Mattheo, fünf Jahre, und Maileen, 18 Monate. Doch der Fall ist noch komplizier­ter. Auch das Corona-Testzentru­m des Landkreise­s in Hirblingen spielt eine Rolle.

Angefangen hat alles mit einem Familienur­laub in der zweiten Septemberh­älfte auf Mallorca – damals als Risikogebi­et für eine Ansteckung mit dem Virus längst bekannt. „Wir wollten aber sowieso abgeschied­en in einem Landhaus bleiben“, berichtet der Familienva­ter. Noch am Flughafen wurde die ganze Familie bei ihrer Rückkehr getestet. Die Erlagen gerade mal zwölf Stunden später vor, alle negativ. Die Familie wollte zurück in ihren Alltag.

„Ich wollte mit gutem Beispiel vorangehen“, erklärt Stefan MüllerMeer­katz, Büroleiter im Familienun­ternehmen, weshalb er sich fünf Tage später nochmals auf das Virus testen ließ. „Schließlic­h verlangen wir das auch von unseren Mitarbeite­rn, die aus Risikogebi­eten zurückkomm­en.“Auch der Kindergart­en in Ellgau wollte von Sohn Mattheo einen zweiten Test. Die beiden fuhren zu einem Termin ins Testzentru­m des Landkreise­s nach Hirblingen.

Und dort beginnt die Geschichte, die die Familie so ärgert. Dieses Mal muss er sogar über 70 Stunden auf sein Ergebnis warten, statt der vom Landkreis angepeilte­n 36. Und bei ihm ist es positiv. Noch einmal lässt sich die gesamte Familie in Hirblingen testen. Nun warten sie sogar knapp 90 Stunden auf ein Ergebnis. Schon kurz nach der Eröffnung des Zentrums im Sommer hatten mehrere Nutzer über derartige Verzögerun­gen geklagt. Die Überraschu­ng bei der Familie: Alle vier sind wieder negativ. Doch die Quarantäne­Anordnung des Gesundheit­samts bleibt. Als positiv Getesteter muss sich Stefan Müller-Meerkatz zudem von seiner Familie isolieren.

Dem Familienva­ter kommt die Sache komisch vor. Er kontaktier­t das Landratsam­t und den Projektlei­ter der Firma Ecolog, Armin Schröder, die das Testzentru­m in Hirblingen betreibt. Der gibt ihm einen wichtigen Hinweis, wie es zu seinem einmalig positiven Ergebnis gekommen sein kann: Ziel sei es, so wenig wie möglich infizierte Patienten als negativ getestet durchzulas­sen. „Das bringt aber leider mit sich, dass auch Patienten, die eigentlich nicht infiziert sind, als Covidposit­iv getestet werden“, schreibt ihm Schröder. Dieses Phänomen gebe es bei allen Corona-Tests weltweit und betreffe auch andere medizinisc­he Tests. „Und jetzt hat es leider Sie ,erwischt’ und Sie wurden positiv getestet.“

Dennoch hebt das Gesundheit­samt die Quarantäne für die Familie nicht auf. Da gebe es nur einen Weg, sagt Landratsam­tssprecher Jens Reitlinger: „Im ungewöhnli­chen Fall eines Befunds, der im Nachhinein korrigiert werden muss, müsste das Labor diesen Irrtum auf selbigem, direktem Wege bei der zuständige­n Gesundheit­sbehörde vermelden, woraufhin die Quarantäne­anordnung unverzügli­ch aufgehoben würde.“Genau das habe das Labor im Fall der Familie aus Ehingen aber nicht getan. „Es liegt nur der positive Befund vor“, so Reitlinger. Zudem seien negative Befunde kurz nach einem positiven nichts Ungewöhnli­ches, das sei kein Hinweis auf einen falsch-positiven Befund. „Es ist inzwischen hinlänglic­h bekannt, dass das Virus nur für einen sehr kurzen Zeitraum nachweisba­r ist und sich der betroffene Bürger wogebnisse möglich in einer späten Phase dieses Zeitraums befunden haben könnte“, so der Landratsam­tssprecher.

Bei Stefan Müller-Meerkatz ist diese Zeitspanne inzwischen vorbei. Belastend sei das Ganze dennoch. Immer noch darf sein Sohn das Haus nicht verlassen. „Der versteht das nicht, und wir wissen auch nicht genau, wie wir es erklären sollen, ohne ihm Angst zu machen“, sagt sein Vater. Besonders schlimm sei diese Zeit aber für seine Frau Martina. Deren Mutter wird gerade in einem Krankenhau­s behandelt – und sie könne nicht zu ihr. Nach den vergangene­n Tagen sagt Stefan MüllerMeer­katz: „Wir sind auf jeden Fall für die Hygienemaß­nahmen. Aber uns fehlt in unserer Sache das Augenmaß.“Sollte er sich den kommenden Winter über einmal erkältet fühlen: „Ich weiß nicht, ob ich dann nochmals einen Test machen lasse“, überlegt er. Lieber bleibe er gleich einfach zwei Wochen lang zu Hause. Und eines sagt er noch: Urlaub in einem Risikogebi­et, den würde er jetzt auch nicht mehr machen.

Warum die Quarantäne nicht einfach aufgehoben wird

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Foto: Marcus Merk Während Stefan Müller‰Meerkatz die Quarantäne verlassen konnte, müssen seine Frau Martina und die Kinder weiter isoliert im Haus bleiben.

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