Augsburger Allgemeine (Land West)
Musikalischer Ausflug zu Franz und Sissi
Kultur Stadthalle Neusäß kann wieder Gäste empfangen. Den Anfang macht das Stück „Sissi und Franzl – Kaiserschmarrn II“. Chansons und Operettenmelodien lassen Sehnsucht aufkommen
Neusäß In der Neusässer Stadthalle wird es dunkel, es erklingt Marschmusik, feierlich schreitet das Kaiserpaar ein. Die Zuschauer stehen auf und klatschen mit. Sissi und Franz sind in ihrer Residenz im österreichischen Bad Ischgl angekommen. Gleich zu Beginn wird eines der Themen eingeführt, die durch die Aufführung immer wieder auftauchen: Die große Sehnsucht des Kaiserpaars nach Wien, die aufkommt, sobald es aus der Heimat fortreist.
So singt Kaiser Franz, gespielt von Christian Auer, der auch die musikalische Leitung für das kabarettistische Stück übernommen hat: „Wien soll stets die Stadt meiner Träume sein.“Begleitet wird er von dem international aktiven Neusässer Stargeiger Sandro Roy.
Zum ersten Mal seit mehreren Monaten konnte die Stadthalle wieder Zuschauer empfangen. Das Stück „Sissi und Franzl – Kaiserschmarrn II“, mit dem die Stadt in die Herbstsaison startet, hätte eigentlich Anfang Mai dieses Jahres aufgeführt werden sollen. Coronabedingt musste es abgesagt werden, so wie alle Veranstaltungen in der Stadthalle. Jetzt war es der Auftakt für eine Reihe von Aufführungen im Herbst, die unter strengen Sicherheitsund Hygienevorgaben wieder stattfinden dürfen.
Das neue Stück von Christian Auer knüpft an seine Inszenierung „Kaiserschmarrn“von 2017 an. Wieder werden die verschiedenen Dramen aus dem Leben von Sissi und Franz mithilfe von Gesprächseinlagen, Chansons und Operettenmelodien aufs Korn genommen. Die gesamte Handlung des Stücks spielt sich in der privaten Kammer des Kaiserpaares in seiner Sommerresidenz ab. Ein weiteres Thema, das durch den Abend zieht, sind die Zankereien zwischen Franz und Sissi. So singt der Kaiser beispielsweise über den Schönheits- und Schlankheitswahn seiner Gemahlin, die von der Sopranistin Juliane Hiener dargestellt wird. Der Streit erreicht seinen Höhepunkt, als Sissi verkündet, dass sie nach Ungarn fahren wolle. Sie sehne sich nach der Kultur und Küche des Landes. Dem Kaiser passt das nicht, er denkt, sie werde ihn dort nur betrügen. Mit einem musikalischen Solo über die Ehe hat er die Lacher auf seiner Seite: „Die Ehe macht viel Zorn und wenig da habe man sich verliebt und plötzlich sei man in einer „lebenslangen Haft“, hören die Zuschauer. Immer wieder erhalten die Künstler begeisterten Zwischenapplaus. Für Lacher sorgen auch die beiden Nebenfiguren, zwei Bedienstete, die meist im Hintergrund stehen. So bedient sich beispielsweise der Kellner gerne selbst am bereitstehenden Alkohol oder tanzt mit, wenn das Kaiserpaar gemeinsam singt. Als Franz und Sissi nach ihrem Streit wutentbrannt von der Bühne gehen, übernehmen die beiden Bediensteten dann auch die Hauptrolsich len: Der Kellner, gespielt vom Augsburger Musiker Benedikt Bader, singt mit starkem Akzent über seinen Onkel Joschi und seine weitverzweigte Verwandtschaft. Das Dienstmädchen (Charlotte Reng vom Augsburger Verein „Young Stage“) stöbert in Sissis privaten Sachen und sinniert darüber, wie unfair es sei, dass nur die Kaiserin alle Aufmerksamkeit bekomme und sie keine. Zum Schluss verträgt sich das kaiserliche Ehepaar wieder: Sissi weiß zwar um die Liebschaften ihres Gemahls, doch ist sich sicher, dass sie „zwar nicht die Einzige, aber imSpaß“, mer die Erste“für ihren Mann und am Hof sein wird.
Nach den letzten Musikstücken gibt es langen Beifall. Christian Auer richtet sich noch persönlich an das Publikum: „Es ist schön, dass sie sich getraut haben, zu kommen“. Für das Ehepaar Haas war das Konzert eine der ersten Veranstaltungen in diesem Jahr. „Man erlebt so ein Konzert jetzt intensiver als sonst“, sagt Guido Haas. Renate Haas lobt das „tolle Team an Künstlern.“Sie habe großen Respekt, wie diese den Auftritt im Rahmen der Möglichkeiten gemeistert haben.