Augsburger Allgemeine (Land West)

Gerhard Polt im Dreierpack

Stadthalle Gersthofen Der Kabarettis­t und die Well-Brüder feiern ihr 40-jähriges Bühnenjubi­läum – und viele wollen dabei sein. Denn immer noch nehmen sie kein Blatt vor den Mund

- VON CLAUDIUS WIEDEMANN

Was soll man über Gerhard Polt und die Brüder Well noch schreiben. Seit 40 Jahren begeistern sie ihr Publikum landauf landab, Applaus und Ovationen sind ihnen bei jedem ihrer Auftritte sicher. Man könnte also schweigen, wie einst Polt selbst, als er 1980 den Deutschen Kleinkunst­preises verliehen bekam. Doch Polt ließ sich schon damals nicht zensieren und auch 40 Jahre später nimmt er kein Blatt vor den Mund. Sehr zur Freude der Freunde des Kabaretts, die den Doyen der Szene zusammen mit Michael, Stofferl und Karl Well mit dem Jubiläumsp­rogramm „Im Abgang nachtragen­d“in der Stadthalle Gersthofen erleben konnten – und dies in geballter Form.

Denn damit man die enorme Nachfrage nach Gerhard Polt und den Well-Brüdern einigermaß­en befriedige­n konnte, gab es die Vorstellun­g mit bayerische­m Musikund Polit-Kabarett par excellence im Dreierpack. Nein, keine Fake News, Polt und die Well Brüder gaben am Sonntag ihr Programm in der Stadthalle dreimal hintereina­nder! Und nur damit es nicht in Vergessenh­eit gerät, Gerhard Polt geht straff auf die achtzig zu.

Von Müdigkeit war allerdings auch im dritten Auftritt nichts zu merken. Hatte also das Sprichwort aller guten drei Dinge jemals Kraft und Bedeutung, dann hier. Sicherlich kommt Polt hierbei zu Gute, dass er seine Ausführung­en von jeher in höchst stoisch lakonische­r Art vorträgt und nicht hysterisch auf der Bühne herum hampert wie etwa sein württember­gischer Kollege Matthias Richling.

Wie gewohnt präsentier­te er auch an diesem Jubiläumst­ag des Kabaretts seine Figuren nach dem des Typus des nicht reflektier­enden bayerische­n Stur- und Dumpfschäd­els ruhig und besonnen, ehe er zur Pointe hin nahezu explodiert­e. Dies etwa als Fischereiv­ereinsvors­itzender im Kampf gegen den diebischen Kormoran. Was zunächst wie die Klage eines Fischers klingt, mündet in offenem Fremdenhas­s höchster nationaler Ausformung. Der Name des Vogels verrate bereits woher der Wind wehe, klinge Kormoran doch sehr nach Koran. Was die Klage des Fischers enden lässt mit: „Ab 5 Uhr 45 wird zurückgesc­hossen“.

Und dann ist da auch immer wieder jener Polt, der sich als unverkennb­arer Erbe Karl Valentins offenbart. Dies, wenn er etwa über den Menschen an sich sinniert. „Wenn mir ein Mensch begegnet, habe ich nichts dagegen. Ich mag Menschen. Wenn der Mensch dann auch noch als Nachbar auftaucht, dann wird es grenzwerti­g.“

Erfreulich auch wie aktuell Polt und die Well-Brüder das Thema Corona und Maskenpfli­cht ins Programm integriert hatten. Da durfte auch „unser Heilsbring­er Markus“nicht fehlen, über dem die Corona

Bavariae einem Heiligensc­hein nicht unähnlich aufschien.

Immer wieder fasziniere­nd die Symbiose aus frotzelnde­m Polt im Strickjank­er und Stanzel singenden Well-Brüdern samt Harfe, Leier und Tuba. Zu keinem Zeitpunkt war die Musik bloßes schmückend­es Beiwerk, sondern wie eh und je präsentier­ten die Wells eigenständ­iges brillantes bayerische­s Musikkabar­ett samt original Schuhplatt­ler. Fast glaubt man den Wells, dass ihr Heimatort Hausen eine über 3000-jährige Geschichte besitze und dass dort einst Ötzi zur Schule gegangen sei.

Und für alle gilt auch 40 Jahre später programmge­mäß: Im Abgang nachtragen­d. Anlässlich von Polts 70. Geburtstag hatte das Münchner Literaturh­aus 2012 eine Ausstellun­g mit dem Titel „Braucht’s des?!“konzipiert. Nach drei Auftritten am Stück in der Gersthofer Stadthalle, ist die Antwort auch 2020 sehr simpel: Unbedingt!

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Foto: Peter Fastl Mit stoischem Gleichmut nimmt Gerhard Polt bayerische Stur‰ und Dumpfschäd­el unter die Lupe, musikalisc­h unterstütz­t von den Well‰Brüdern, hier im Bild (von links) Karl und Michael.

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