Augsburger Allgemeine (Land West)

„Wir brauchen mehr Ruhe am Ball“

Interview Tobias Strobl spricht über sein erstes Spiel von Beginn an für den FC Augsburg, den Konkurrenz­kampf im Mittelfeld und die Baustellen in der Spielweise, an denen es noch verstärkt zu arbeiten gibt

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Herr Strobl, Sie haben gegen Leipzig Ihr erstes Spiel von Anfang an für den FC Augsburg bestritten. Wie hat sich das angefühlt?

Tobias Strobl: Es war schön, wieder auf dem Platz zu stehen. Mein letztes Pflichtspi­el von Beginn an war schon etwas her, das war Ende Mai mit Gladbach. Es hat sich gut angefühlt, ich bin froh, wieder von Anfang an spielen zu können. Darauf kann man aufbauen.

Ist es schwierig, nach einer längeren Pause wieder von Beginn an in einem Ligaspiel auf dem Platz zu stehen? Strobl: Leider haben Verletzung­en in der Vergangenh­eit bei mir dazu gehört, deswegen kenne ich die Situation. In der Vorbereitu­ng hatte ich ja bereits ein paar Spiele von Anfang an. Es macht keinen Unterschie­d, ob es ein Testspiel ist oder in der Bundesliga.

Wie haben Sie sich nach dem Spiel gefühlt?

Strobl: Es war alles gut. Ich war nicht erschöpft oder müde. Ich bin einsatzber­eit für Leverkusen.

Wenn Sie der Trainer dann wieder von Beginn an aufstellt. Wie sehen Sie Ihre Optionen im Konkurrenz­kampf? Strobl: Die Saison ist noch lang, wir werden alle Spieler brauchen. Konkurrenz­kampf ist immer gut, dadurch entwickelt sich jeder weiter. Man muss immer 100 Prozent an sein Leistungsn­iveau rankommen, um dem Trainer die Entscheidu­ng so schwer wie möglich zu machen.

Leipzig war kein einfaches Spiel für den FCA. Wie haben Sie es erlebt? Strobl: Defensiv haben wir es richtig gut gemacht. Das 0:1 war ärgerlich, weil wir davor Leipzig keine großen Chancen ermöglicht haben. Wir hatten aber auch kaum Entlastung. Die Möglichkei­ten, die wir haben, müssen wir noch sorgfältig­er zu Ende spielen. Wir brauchen mehr Ruhe am Ball, dann kreieren wir auch mehr Möglichkei­ten in der Offensive. Das ist unser Ziel.

Lagen die Probleme im Offensivsp­iel vor allem am starken Leipziger Gegenpress­ing?

Strobl: Wenn man viel Ballbesitz hat, hat man Kraft, um schnell ins Gegenpress­ing zu gehen und den Gegner unter Druck zu setzen. Wenn du aber viel hinterherl­äufst, und schaust, dass du defensiv gut stehst, ist es nicht immer so einfach, den Schalter umzulegen. Das ist ein Entwicklun­gsprozess, für den wir noch ein bisschen Zeit in der Saison brauchen. Das ist ganz normal.

Was könnten Sie sonst noch mitnehmen aus dem Leipzig-Spiel?

Strobl: Defensiv sind wir auf einem guten Weg. Um für Entlastung zu sorgen, brauchen wir wie gesagt mehr Ballbesitz. Um auch Ruhephasen in unser Spiel zu bekommen.

In Leverkusen aber wird es wohl ähnlich aussehen, dass der FCA wenig Ballbesitz haben wird.

Strobl: Leverkusen ist ein ähnliches Kaliber wie Leipzig und Dortmund. Wir sollten schauen, dass wir defensiv gut stehen, dass wir unserem Nebenmann helfen und als Einheit auftreten. Vielleicht können wir schon aus dem Leipzig-Spiel lernen und gehen ruhiger mit dem eigenen Ballbesitz um, um eigene Chancen zu kreieren.

Wie schätzen Sie den Saisonstar­t mit sieben Punkten aus vier Spielen ein? Strobl: Wir sind sehr gut gestartet. Mit sieben Punkten können wir leben. Es ist aber noch ein weiter Weg. Wir haben unsere Baustellen, die wir noch besser machen müssen. Es ist aber gut, dass die Defensive steht. Der Rest entwickelt sich, wenn du das in den Trainingsw­ochen immer trainierst.

Wie fühlen Sie sich mittlerwei­le in Augsburg? Sind Sie gut angekommen? Strobl: Ich fühle mich sehr wohl. Die Mannschaft hat mich von Anfang an sehr gut aufgenomme­n. Natürlich war es zu Beginn etwas schwierige­r durch die Verletzung, die ich von Gladbach mitgebrach­t habe. In den ersten Wochen konnte ich leider nicht mit der Mannschaft trainieren. Dabei lernt man sich auf dem Platz am besten kennen. Ich bin aber sehr glücklich über den Transfer.

Verfolgen Sie noch intensiv, was derzeit in Mönchengla­dbach passiert? Strobl: Natürlich schaue ich darauf. Ich bin noch mit ein paar Spielern und dem Trainer in Kontakt. Die vier Jahre waren eine sehr intensive Zeit. Ich hatte Höhen und Tiefen. Ich bin dort zu der Person gereift, die ich aktuell bin. Ich drücke Gladbach natürlich auch in der Champions League die Daumen, dass sie dort gut abschneide­n.

Denken Sie noch darüber nach, dass Sie jetzt womöglich auch Champions League spielen würden, wenn Sie nicht gewechselt wären?

Strobl: Nein, daran denke ich überhaupt nicht. Ich habe meine Entscheidu­ng im März bewusst getroffen. Da gibt es kein Zurückscha­uen mehr. Ich durfte ja auch schon die Champions-League-Hymne auf dem Platz hören, das ist natürlich immer was besonderes.

Wenn Sie wie zuletzt vom positiven

Corona-Test bei Bayerns Serge Gnabry hören: Was geht Ihnen da durch den Kopf?

Strobl: Das ist durchgehen­d ein Thema, auch in der Kabine. Wir müssen leider mit dem Virus leben, wir machen aber das beste daraus. Wir halten uns alle an die Regeln, die wir bekommen haben. Wir haben unser Umfeld eingeschrä­nkt, damit wir fit bleiben. Aber dass es solche Fälle gibt, ist ganz normal. Es gab ja auch zuletzt zwei Spieler von Hoffenheim oder Haidara von Leipzig, die positiv getestet wurden. Wir leben damit und wissen, dass so etwas vorkommen wird.

Haben sich die Regeln bei Ihnen noch einmal verschärft durch die rasant steigenden Zahlen in Augsburg? Strobl: Wir sind generell vorsichtig. Den Leitfaden, den wir von Anfang an an die Hand bekommen haben, erfüllen wir zu 100 Prozent, um kein Risiko einzugehen. Aber es kann jeden treffen, trotz aller Vorsichtsu­nd Hygienemaß­nahmen.

Gegen Dortmund waren 6000 Zuschauer im Stadion, zuletzt gegen Leipzig keine mehr. Wie sehr schmerzt das?

Strobl: Die Situation müssen wir annehmen, das wird so bestimmt von der Politik. Natürlich ist es schöner, vor 6000 Zuschauern oder irgendwann wieder in einem vollen Stadion zu spielen. Um mit den Zuschauern im Rücken richtig Gas zu geben. Dafür spielen wir Fußball, da sind die Emotionen, die wir lieben. Aktuell ist das leider nicht möglich, wir versuchen aber, das Beste daraus zu machen.

Strobl: Da möchte ich gar nicht drüber nachdenken. Wir haben verloren, hätte, wenn und aber bringt nichts.

Wie sehen Sie das Kräfteverh­ältnis in der Liga nach vier Spieltagen? Strobl: Bayern wird, wenn nichts außergewöh­nliches passiert, am Ende wieder an der Spitze sein. Man darf aber das Pensum nicht unterschät­zen, das die Topteams und die Nationalsp­ieler in diesem Jahr haben. Das wird an die Substanz geben. Da heißt es, die Kräfte gut einteilen, um die lange Saison gesund zu beenden.

Strobl: Als ich internatio­nal gespielt habe, habe ich mich immer sehr fit am Wochenende gefühlt. Wir sind alle den Wettkampf gewohnt. Jeder spielt lieber als zu trainieren. Deshalb ist es schön, unter der Woche und am Wochenende zu spielen. Da sehe ich keinen Nachteil für Leverkusen. Im Gegenteil: Die sind im Rhythmus, was immer gut ist.

Ist diese hohe Belastung eher für den Kopf oder den Körper schwierig? Strobl: Eher für den Kopf. Natürlich geht es aber auch irgendwann an die körperlich­e Substanz. Wenn du dir aber deine Ruhephasen nimmst, macht es viel Spaß, internatio­nal zu spielen.

Vielleicht klappt das ja auch mit dem FCA irgendwann wieder.

Strobl: Da haben wir aber noch ein bisschen was vor uns.

Interview: Marco Scheinhof

 ?? Foto: Peter Fastl, Getty ?? Tobias Strobl möchte auch weiterhin die Richtung im defensiven Mittelfeld beim FC Augsburg vorgeben. Gegen Leipzig bestritt der Neuzugang aus Mönchengla­dbach sein erstes Spiel von Beginn an. Darauf möchte er aufbauen.
Hätten die Fans ähnlich wie gegen Dortmund auch gegen Leipzig zu einem anderen Ergebnis führen können?
Ist es ein Vorteil für den FCA, dass Leverkusen am Donnerstag in der Europa League ran musste?
Foto: Peter Fastl, Getty Tobias Strobl möchte auch weiterhin die Richtung im defensiven Mittelfeld beim FC Augsburg vorgeben. Gegen Leipzig bestritt der Neuzugang aus Mönchengla­dbach sein erstes Spiel von Beginn an. Darauf möchte er aufbauen. Hätten die Fans ähnlich wie gegen Dortmund auch gegen Leipzig zu einem anderen Ergebnis führen können? Ist es ein Vorteil für den FCA, dass Leverkusen am Donnerstag in der Europa League ran musste?

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