Augsburger Allgemeine (Land West)
Geldnot wird durch die Pandemie immer größer
Geld Nicht alle Gemeinderäte in Gessertshausen konnten dem Haushaltsplan für dieses Jahr zustimmen. Die Kommune nimmt weniger ein und muss für wichtige Projekte Geld ausgeben. Doch es gibt noch mehr Probleme
Gessertshausen Bauchschmerzen bereite ihm der Haushaltsansatz für dieses Jahr, gesteht Gemeinderat Herbert Schaller (CSU). Es sei kein gutes Ergebnis, zustimmen werde er dem Gesamtpaket jedoch trotzdem. „Es muss wohl sein“, so Schaller. Ähnlich sieht es sein Gemeinderatskollege Thomas Mayr (Freie Wähler), der der Haushaltsplanung deswegen jedoch seine Zustimmung verweigert. Die Gemeinde nehme immer weniger ein und gebe gleichzeitig mehr aus, begründet Mayr seine Entscheidung. Die Fragen, die man sich für die nächsten Jahre stellen muss, seien, wo könne die Gemeinde Einnahmen generieren, wo könne man sich etwas sparen. „Wir sollten uns dringend in den nächsten Wochen noch einmal zusammensetzen und über die Haushaltsplanung beraten“, schlägt Mayr vor. Unterstützung erhält er dabei von Karl Bauer (SPD), der dem Gesamtpaket zwar zustimmt, aber ebenfalls für eine erneute Beratung in den nächsten Wochen plädiert. Letztlich bis auf Thomas und Regina Mayr (Freie Wähler) alle Gemeinderäte dem Haushaltsansatz zu, der von der seit April dieses Jahres für die Gemeinde tätigen neuen Kämmerin Marina Fischer erarbeitet und präsentiert wurde.
Woher rührt das Unbehagen vieler Gemeinderäte über den voraussichtlichen Haushalt für dieses Jahr? Es sind wohl vor allem zwei Aspekte, die zudem teils selbst verschuldet sind. Es klingt bereits Selbstkritik in der Gemeinderatssitzung an, man habe sich über weitere Einnahmemöglichkeiten zu lange keine Gedanken gemacht, so der allgemeine Tenor.
Und auf der Ausgabenseite hätte man ebenso eher Überlegungen über mögliche Einsparungen anstellen müssen. Das führe unter anderem dazu, dass die Mindestzuführung vom Verwaltungs- zum Vermögenshaushalt dieses Jahr nicht erreicht werde, erklärt die Kämmerin der Gemeinde. Das heißt, die Gemeinde konnte nicht mehr Einnahmen als Ausgaben im Verwaltungshaushalt generieren, um das über
Geld dem Vermögenshaushalt zuführen zu können. Letztes Jahr war das der Gemeinde noch gelungen. Das lag jedoch unter anderem daran, dass ein Zahlendreherim Jahr 2016 die Bilanz für 2019 positiver ausfallen ließ, als sie sich wirklich gestaltete.
Damals wurden zu hohe Einnahmen an falscher Stelle gebucht. Das hatte zur Folge, dass dem Landesamt für Statistik, wessen Berechnungen als Grundlage für die Schlüsselzuweisungen und die Abgabe der Kreisumlage dienen, für 2016 zu hohe und für 2017 zu niedrige Zahlen gemeldet wurden.
Da sich die Steuerkraftzahl einer Gemeinde aus den Zahlen der vergangenen zwei Jahre ergibt, kalkulierte das Landesamt 2018 mit einer zu hohen und 2019 mit einer zu niedrigen Steuerkraft von Gessertshausen (wir berichteten). Mittlerweile haben sich diese Schwankungen wieder eingependelt.
Trotzdem fällt die Bilanz für das Jahr 2020 insgesamt wohl schlechter aus. Aufgrund von Corona habe sie sehr vorsichtig geplant und sei in ihstimmten rem Haushaltsansatz von durchschnittlich 15 Prozent weniger Einnahmen ausgegangen, erklärt Fischer. So werde die Gemeinde 2020 voraussichtlich ungefähr 2,57 Millionen Euro an Einkommensteuerbeteiligung generieren. Im vergangenen Jahr lag der Wert noch bei knapp drei Millionen Euro. Auch die Einnahmen durch die Gewerbesteuer werden wohl fallen, von 1,43 auf 1,1 Millionen Euro. Die Umsatzsteuerbeteiligung gehe mutmaßlich von 136000 auf 105000 Euro zurück.
Die Schlüsselzuweisung, die jede Gemeinde als kommunaler Finanzausgleich vom bayerischen Staat erhält, lag im vergangenen Jahr mit ungefähr 1,14 Millionen Euro als Folge der Einnahmenbuchung an falscher Stelle im Haushalt 2016 vergleichsweise hoch. Dieses Jahr liege diese voraussichtlich bei knapp 800000 Euro, so Fischer. Die Einnahmen durch Grundsteuern werden auf einem ähnlichen Niveau verharren. Die Kreisumlage, welche die Gemeinde an den Landkreis abgeben muss, liegt laut Fischers Beschüssige rechnungen 2020 bei knapp 2,45 Millionen Euro.
Die weiteren Ausgaben fließen in alljährliche Verwaltungs- und Personalkosten und in Projekte, die die Gemeinde dieses Jahr und in den kommenden Jahren finanzieren muss. Zu nennen seien hier unter anderem die Kosten für die Digitalisierung der Schule, die Ausstattung der vierten Krippengruppe, die Sanierung der Turnhallenfassade und das neue Baugebiet im Ortsteil Deubach. Allein Letzteres koste die Gemeinde über eine Million Euro, beziffert die Kämmerin. Es gebe jedoch auch erfreuliche Nachrichten. Trotz der schwierigen Haushaltssituation habe die Gemeinde weiter Schulden abbauen können. Momentan liege der Schuldenstand Gessertshausens bei 4,53 Millionen Euro.
Wie sich die Corona-Krise auf den Haushalt der nächsten Jahre auswirken werde, sei derzeit unklar. Dass es tendenziell eher schlechter sein werde als dieses Jahr, davon sei leider auszugehen, prognostiziert Fischer.