Augsburger Allgemeine (Land West)
Auto des Ordnungsdienstes ist jetzt gut erkennbar
Sicherheit Nach Beschwerden gestaltet Stadtbergen das Fahrzeug des Ordnungsdienstes neu. Was es mit dem Design auf sich hat und warum das Streifenwagendesign passend ist
Nach Beschwerden von Bürgern gestaltet Stadtbergen das Design des Fahrzeugs des Ordnungsdienstes neu.
Stadtbergen Als eine Schülerin das neu gestaltete Auto des Ordnungsdiensts in Stadtbergen sieht, fragt sie gleich: „Sind Sie echte Polizisten?“„Nein“, lautet die Antwort, worauf sie nachsetzt: „Aber woran erkenne ich dann echte Polizisten?“Auch hierauf gibt es eine klare Antwort: An der Aufschrift „Ordnungsdienst“auf dem ehemals weißen Golf-Viertürer, der in blau und gelb beklebt ist und an vielen Stellen reflektiert. Über dieses Auto wurde im vergangenen Jahr viel und kontrovers diskutiert.
Der ehemals weiße VW erinnert jetzt an ein Polizeifahrzeug, allerdings betont Bürgermeister Paul Metz: „Das ist keine Kopie eines Polizeiautos.“Die Stadt hat sich am Design vieler anderer Kommunen in ganz Deutschland orientiert. Die Beklebung ist eine Reaktion auf Beschwerden aus der Bevölkerung, die sich von dem VW nachts verfolgt fühlten. Der Wagen ist jetzt außerdem mit einem gelb leuchtendem Signallicht und einem „Alley Light“ausgestattet. „Das ist eigentlich das Entscheidende, es kann den gesamten Bereich um das Auto ausleuchten“, erklärt der Bürgermeister. Insgesamt haben Beklebung und Dachaufbau die Stadt etwas mehr als 5800 Euro gekostet.
Beim Termin sind auch zwei junge Mitarbeiter des Dienstes anwesend. Julian Hackl und Aidan Kolland arbeiten seit einigen Monaten für den Ordnungsdienst der Stadt Stadtbergen und sind mit dem neuen Design zufrieden. Hackl betont: „Wir haben es früher in fast jeder Schicht erlebt, dass wir aus dem Auto ausstiegen und uns die Leute erstmal fragen, wer wir sind.“Außerdem „schaut uns jetzt niemand mehr grimmig an“, ergänzt der 19-Jährige. Markus Voh, der Leiter des Ordnungsamts in Stadtbergen, betont: „Wenn unsere Mitarbeiter mit diesem Fahrzeug vorfahren, erübrigt sich jede Diskussion.“
Diskussionen über den Ordnungsdienst gab es in Stadtbergen allerdings immer wieder – auch im Stadtrat. Aus der Fraktion „Pro Stadtbergen“kam Widerstand gegen die Aufrüstung der Truppe mit professionellen Uniformen, neuem
Equipment und vor allem mehr möglichen Arbeitsstunden. Die Kosten wurden hinterfragt.
Aufgrund all dieser Vorwürfe will Markus Voh jetzt aufklären. Am wichtigsten ist es ihm, zu betonen, dass sein Ordnungsamt eine Sicherheitsbehörde ist, die auf einer Ebene mit der Polizei steht. Nur für die Strafverfolgung sei ausschließlich die Polizei zuständig. „Die Aufgaben und die Rechtsgrundlagen sind ansonsten weitgehend identisch“, erklärt er. Beide Institutionen seien grundsätzlich zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung berufen. Der Ordnungsdienst sei das ausführende Organ des Ordnungsamts. Das spiegle sich jetzt auch in dem Fahrzeug wider, so Voh.
Tatsächlich zählt der Ordnungsamtsleiter einige Artikel im Landesstrafund Verordnungsrecht auf, die inhaltlich und teilweise auch wörtlich den Vorschriften im bayerischen Polizeiaufgabengesetz entsprechen. Die Gleichstellung von
Polizei und Sicherheitsbehörden seien historisch bedingt. Man habe seine Lehren aus dem Dritten Reich gezogen. Damals lagen viele Verwaltungsaufgaben, die heute von den Gemeinden, den Landratsämtern oder den Regierungen übernommen werden, noch bei der Polizei. „Man will diese Machtkonzentration bei einer einzigen Behörde verhindern“, erklärt Voh.
Das Aufgaben des Ordnungsdiensts sind vielseitig. Die Gefahrenabwehr oder der Vollzug städtischer Satzungen gehören genauso dazu, wie die Kontrolle des ruhenden Verkehrs und die Bestreifung öffentlicher Anlagen. Doch was darf der Ordnungsdienst konkret? Haben die Mitarbeiter einen Anhaltspunkt, zum Beispiel einen unzurechnungsfähigen Teenager, dürfen sie – wie die Polizei – Personalien aufnehmen, die Taschen kontrollieren, Alkohol oder Drogen konfiszieren und alles zur Anzeige bringen. Bei der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten, wie falschem Parken oder zu schnellem Fahren in einer verkehrsberuhigten Zone, habe das Ordnungsamt die gleichen Rechte wie die Staatsanwaltschaft, erläutert Voh. Auch deshalb muss man den Ordnungsdienst von der Sicherheitswacht, wie es sie zum Beispiel in Bobingen gibt, unterscheiden. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter der Sicherheitswacht üben das „Jedermannsrecht“eines jeden Bürgers aus.
Die Qualität der Ausbildung der Mitarbeiter des Ordnungsdienst, auf die Stadtbergen viel Wert lege, zeige sich in den Ergebnissen. Die Stadt sei bei der Anzeige von Verkehrsverstößen zum Beispiel noch nie vor Gericht unterlegen, erklärt Markus Voh.
Der Leiter des Ordnungsamts geht auch auf die Frage ein, warum eine Kleinstadt wie Stadtbergen überhaupt einen Dienst braucht. Der Hauptgrund sei die Nähe zu Augsburg „mit allen Vorteilen und Nachteilen“. Die Problematiken der Großstadt seien teilweise auch in
Stadtbergen Thema. Die Arbeit des Ordnungsdiensts zahle sich aber aus: „Wir haben hier aufgrund des Kontrolldrucks zum Beispiel keine aktive Drogenszene“, meint Voh.
Auch gegen den Vorwurf, der Ordnungsdienst würde aufrüsten, wehrt er sich. Schon im Jahr seiner Gründung im Jahr 2007 hatte der Dienst zwölf Mitarbeiter – genauso viele wie heute. Auch an den jährlichen Arbeitsstunden hat sich nicht viel verändert. Schon 2009 waren die Mitglieder des Ordnungsdienstes 2360 Stunden im Stadtgebiet unterwegs. 2019 waren es 2427 und 2020 sind es bisher 2143 Arbeitsstunden. Aufgrund der Kontrolle der Corona-Vorschriften könnten es heuer allerdings noch mehr werden, erklärt Voh. Tatsächlich verändert hat sich über die Jahre nur der Verdienst der Ordnungshüter: 2007 bekamen sie noch 8,66 Euro pro Stunde, jetzt sind es 12,69 Euro. Der Grund dafür sind die Änderungen im Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes.