Augsburger Allgemeine (Land West)
Wann Ausnahmen von der Maskenpflicht gelten
CoronaRegeln Immer wieder wollen Eltern ein Gutachten vom Kinderarzt für die Schule. Doch so einfach ist das nicht. Was jetzt nach einer Erkältung der Kinder gilt
Landkreis Augsburg Eine allgemeine Aufhebung der Maskenpflicht in Grundschulen wird es in der Region nicht geben. Das haben erst vor wenigen Tagen die beiden Landräte Martin Sailer (Augsburg) und Klaus Metzger (Aichach-Friedberg) sowie Augsburgs Oberbürgermeisterin Eva Weber betont. In den Kinderartzpraxen ist die Befreiung von der Maskenpflicht dennoch immer wieder ein Thema. Und werde sie nicht gewährt, dann gebe es auch Eltern, die richtig unangenehm werden können. Dr. Christian Voigt aus Stadtbergen ist Sprecher für Augsburg und Nordschwaben im Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte. Er berichtet von Kollegen, die beschimpft oder in einem Fall sogar mit dem Tod bedroht wurden.
Im Moment müssen im Landkreis Augsburg alle Schulkinder während des Schultages eine Maske tragen: von der Ankunft an der Bushaltestelle, während der Ankunft im Schulgebäude und auch während des Unterrichts. Einzige Ausnahme: Das Verzehren des Pausenbrots. Nicht alle Eltern finden das für ihr Kind richtig. „Es gibt vereinzelte Nachfragen nach einem Attest für eine Befreiung, die wir normalerweise nicht geben“, sagt Voigt. Denn dafür gibt es strenge Regeln. Allein für Kinder, die aus gesundheitlichen Gründen ohnehin im Alltag schlecht Luft bekommen, etwa durch schweres Asthma oder eine schwere Lungenkrankheit sowie bei Behinderungen, können solche Ausnahmen gewährt werden. „Meine Kollegen und ich sehen in unserer Praxis rund 3000 Kinder im Quartal. Und davon wären es dann vielleicht zwei, auf die das zutrifft“, so Voigt. Bei psychischen Problemen müsse ein Facharzt aufgesucht werden.
Nachvollziehen kann er hingegen, dass es nicht immer toll ist, viele Stunden am Tag einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Dann sollten Eltern versuchen, mit gutem Beispiel voranzugehen und es mit ihrer Sorge um die Kinder nicht zu übertreiben. Das habe dann auch Auswirkungen auf die Einstellung zur Maske bei den Kindern. Und dann komme es darauf an, eine Maske zu benutzen, die zu einem passt. „Wir beraten da auch in der Kinderarztpraxis“, so Christian Voigt. Und dann wird er deutlich: „Dass Leute an der Maske gesundheitlichen Schaden nehmen, das sind Märchen.“
Allerdings beschäftigt das Thema
Ausnahmen von der Maskenpflicht auch das Schulamt im Landkreis. Dort melden die Grund- und Mittelschulen sowie die Förderzentren, wie viele Schüler durch ein ärztliches Attest vom Tragen einer Maske befreit sind. Anfang der Woche waren das 138 Schülerinnen und Schüler. „Dies entspricht einem Prozentsatz von 0,85 Prozent“, so Schulamtsleiter Thomas Adleff, der nicht von einer „inflationären“Steigerung dieser Zahl ausgeht.
Für völlig unpraktikabel hält der
Kinderarzt einen anderen Absatz, der sich in den Vorschriften für Schulen in der Stufe drei des Hygienekonzepts für Schulen findet, das ab einer Fallzahl von 50 positiven Corona-Tests pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche gelten kann.
Dort heißt es, das Schülerinnen und Schüler mit „reduziertem Allgemeinzustand“und Symptomen wie Fieber, Halsschmerzen oder Übelkeit erst dann wieder in die Schule kommen dürfen, wenn sie einen negativen Corona-Test oder ein entsprechendes Attest des Arztes mitbringen. Christian Voigt: „Dafür sind einfach nicht genügend Ärzte da, das würden wir schon rein organisatorisch nicht schaffen. Abgesehen davon, dass wir mit tausenden von Tests die Kapazitäten in den Labors verschleudern würden.“Dafür würden dann eigene Teststrecken benötigt werden, so eine Forderung der Kinderärzte.
Entsprechende Hinweise auf den negativen Test haben Eltern im Landkreis jedoch von den Schulleitungen schon bekommen. Doch das Landratsamt widerspricht: Für die Regelungen der Stufe drei des Rahmenhygieneplans für Schulen gibt es keine Automatismen.
Das bedeutet: Auch wenn der Landkreis Augsburg inzwischen die Warnstufe dunkelrot mit mehr als 100 positiven Corona-Testergebnissen pro 100.000 Einwohner erreicht hat, ist besagte Stufe des Hygieneplans noch nicht in Kraft gesetzt worden. „Die Maßnahmen werden gegebenenfalls behördlich verordnet. Bislang hat unser Haus die dritte Stufe des Plans nicht ausgerufen. Dementsprechend besteht keine Testpflicht in den Fällen, die Sie beschreiben“, stellt Landratsamtssprecher Jens Reitlinger klar.