Augsburger Allgemeine (Land West)
Alter, da geht noch mehr
Moderatorin Ariane Alter hat es nicht leicht: Ihre neue Show läuft auf dem früheren Sendeplatz von Jan Böhmermann. Kann sie ihn beerben? Muss sie gar nicht
Sie hält den Weltrekord im Dauermoderieren, kann 24 Stunden am Stück Radfahren und Luftballons im Kettenkarussell aufblasen, ohne sich zu übergeben. Das alles hat Ariane Alter in der Sendung „Das schaffst du nie“auf Funk gezeigt, dem Jugendprogramm von ARD und ZDF.
Die ziemlich prolligen Beiträge passen perfekt zu einer der Rubriken, mit der die 34-Jährige in ihre neue Show „Late Night Alter“auf ZDFneo einsteigt. „Auf’s Maul“heißt die Rubrik und besteht einfach nur darin, dass die Moderatorin mit dem, wie sie sagt, „geilsten Nachnamen der Welt“, Männer k.o. schlägt. Typen, die sich vorher zum Catcalling hatten hinreißen lassen – also Frauen üble sexistische Sprüche hinterhergerufen oder ihnen nachgepfiffen hatten (in diesem Fall natürlich nur gespielt). Auch wenn sie die Hiebe verdient haben: In erster Linie dient die Rubrik dazu, dem Zuschauer ziemlich platt klarzumachen: Hey, hier geht es um Female Empowerment! Darum, dass Frauen sich – sträflich kurz zusammengefasst – gegenseitig stark machen. Warum Ariane Alter dann ausgerechnet Cathy Hummels in die erste Sendung einlädt, die ihre neue Kollektion Leoparden-Mundschutz präsentieren darf? Hm.
Ariane Alters Show wurde gespannt herbeigesehnt, weil donnerstags, 22.15, ein besonderer Sendeplatz ist. Sie selbst formuliert es so: „Ein Sendeplatz mit Verantwortung – mit Geschichte!“Der frühere Sendeplatz von Jan Böhmermann. Nein, die gebürtige Berlinerin konnte ihn in der ersten Folge ihrer Show nicht beerben. Muss sie aber auch gar nicht, Böhmi kommt ja wieder – aber dann halt im großen Zweiten statt im Nischensender ZDFNeo.
Es war eigentlich ein wenig unfair, dieses Porträt mit alle den unsinnigen Talenten zu beginnen, die Ariane Alter mitbringt. Sie kann nämlich mehr. Für Puls, den jungen Kanal des Bayerischen Rundfunks, moderiert sie das Format „Die Reportage“, begab sich etwa auf die Suche nach Rassismus in Deutschland. Bei Funk hat sie sich schon für ihre neue Aufgabe empfohlen, nämlich mit der Late-Night-Show „Gute Nacht, Alter!“(deren Titel noch ein bisschen gelungener ist als der neue). Ariane Alter lebte zuletzt in München. „Im Berlin des reichen Mannes“, so nennt sie es – und erklärt, warum im wohlhabenden Bayern ein Notstand an Blutspenden herrscht: Weil Botox im Gesicht das Spenden verbietet.
Am besten ist Ariane Alter in ihrer neuen Show, wenn sie aktuelle Nachrichten aufgreift. Die zum Beispiel, dass laut Horst Seehofer „über 99 Prozent der Polizistinnen und Polizisten auf dem Boden unseres Grundgesetzes stehen“. Alter entlarvt, wie wenig die Aussage wert ist: „Das ist ja toll. Die Polizei hatte 2019 etwa 333000 Beschäftigte. Perfekt – dann sind ja nur 3300 Polizisten rassistisch. Also, da bin ich jetzt wirklich unbesorgt!“In solchen Momenten ist es dann doch ein bisschen wie bei Jan Böhmermann. Man kann zuversichtlich sein für die Show. Oder wie die Moderatorin vielleicht sagen würde: „Alter, da geht noch mehr.“Sarah Ritschel