Augsburger Allgemeine (Land West)
Unternehmen startet zu Beginn des Lockdowns
Wirtschaft Die Firma PCC ist der erste Mieter auf dem früheren Fujitsu-Werksgelände in Augsburg. Was sie dort planen
Deutschland fährt im November das öffentliche Leben herunter. Die Wirtschaft soll am Laufen gehalten werden. Wenn ein Unternehmen neu am Markt operiert, gibt es sicherlich günstigere Termine als einen Start zu Zeiten eines Lockdowns. Für die Firma PCC in Augsburg gab es kein Zurück. Sie legt unter erschwerten Rahmenbedingungen los. Der Geschäftsbetrieb läuft seit Montag. Das Unternehmen tut dies in der BürgermeisterUlrich-Straße 100 auf dem Gelände der ehemaligen Fujitsu-Niederlassung. Es ist im Übrigen die erste Firma, die die Hallen und Büroräume auf dem riesigen Areal in Haunstetten nun wieder nutzt.
PCC steht für Product Compliance Center, was sich mit Qualifizierungsund Zulassungszentrum übersetzen lässt. 19 ehemalige Mitarbeiter von Fujitsu haben einen neuen Arbeitsplatz gefunden. Ansonsten hätte ihnen nach dem Aus des Fujitsu-Werks die Arbeitslosigkeit gedroht. Chef der Firma PCC ist Frank Sommerrock, der selbst 26 Jahre lang für Fujitsu in verantwortlicher Position tätig gewesen ist. „Es ist schon ein ganz spezielles Gefühl, wenn ich jetzt auf einem leerstehenden Gelände zu unseren Räumen unterwegs bin“, sagt Sommerrock am Montag. Das 2000 Quadratmeter große Gebäude befindet sich am Rand des eingezäunten Geländes. Von der Pforte, die weiterhin mit zwei Mitarbeitern des Werksschutzes besetzt ist, sind es etwas mehr als 200 Meter. Ansonsten herrscht auf dem weiträumigen Areal nahezu gespenstische Ruhe am Montag.
PCC wird eigenständig am Markt agieren. Die Firma gehört zur TQGruppe, die international tätig ist. Die TQ-Gruppe wurde im Jahr 1994 als Zwei-Mann-Unternehmen gegründet. Start war in Seefeld (Starnberger Land). Die Unternehmensgruppe besteht heute aus rund 1700 Mitarbeitern an 15 Standorten in Deutschland, der Schweiz, Ungarn, den USA und in China. Als einer der größten Technologiedienstleister und Elektronik-Spezialisten in Deutschland realisiert die TQGruppe nach eigenen Angaben maßgeschneiderte und innovative Lösungen für die unterschiedlichen Branchen – von der Entwicklung, Produktion und weiteren Dienstleistungen bis hin zum Produktlebenszyklus-Management. Der Jahresumsatz lag im Geschäftsjahr 2019/2020 weltweit bei mehr als 290 Millionen Euro.
Rüdiger Stahl, Geschäftsführer bei TQ, sagt: „Wir freuen uns, die neuen Kollegen vom PCC Augsburg in der TQ-Familie begrüßen zu können und mit ihnen unsere Kompetenz und unser Dienstleistungsportfolio weiter auszubauen“. Mit PCC könne man Kunden noch besser bedienen, das Dienstleistungsspektrum als Komplettanbieter in der Elektronikindustrie werde abgerundet. „Wir unterstreichen so unsere Rolle als führendes Technologieunternehmen für elektronische Baugruppen und Systeme in Deutschland“, sagt Stahl, der am Montag in Augsburg vor Ort war.
Geschäftsbeziehungen zum Augsburger Prüfzentrum gab es bereits in der Vergangenheit. Als die Prüftechniker und Prüfingenieure noch für Fujitsu tätig waren, war die TQGruppe ein Kunde. Jetzt hat man die neu gebildete Firma übernommen. Mehr als ein Jahr lang liefen die Gespräche. Stark: „Der Einstieg von uns war weit vor Corona geplant, in der Corona-Phase wurden dann die Verträge unterzeichnet“. Dass der Startschuss ausgerechnet am Tag des bundesweiten Lockdowns fällt, ist für Stahl und Sommerrock ein Thema. „Wir sehen die Situation langfristig, weil wir uns in einem Wachstumsmarkt befinden“, erläutert Stahl. Sommerrock ergänzt: „Für uns hat die jetzige Situation kaum Auswirkungen.“Die Projekte seien nicht von einem auf den anderen Tag umzusetzen. „Es bliebe nun auch die Zeit, um auf mögliche neue Partner zuzugehen.“
PCC prüft vereinfacht gesagt technische Geräte aller Art. Zu den Kunden gehören unter anderem Kuka und Zeiss Medizintechnik. Ein Prunkstück ist die zehn Meter hohe EMV-Halle, die sehr futuristisch wirkt. EMV steht für elektromagnetische Verträglichkeit. Es werden in diesem Raum die elektrischen Felder von Geräten gemessen.
Diese Arbeit haben Sommerrock und die Mitarbeiter auch in den zurückliegenden Jahren gemacht. „Dennoch sprechen wir von einem Neuanfang.“Zumal Investitionen geplant seien. Dazu gehört eine Messkabine, die für die Luftfahrttechnik interessant sei. Die frühere Fujitsu-Abteilung beendete Ende September ihre Tätigkeit. Im Oktober ruhte der Betrieb. Einige Umbauten im Gebäude wurden gemacht. Die Räume sind nun angemietet.
19 ehemalige Fujitsu Mitarbeiter sind an Bord