Augsburger Allgemeine (Land West)

Bischof fordert mehr Nähe zu den Menschen

Glauben Bertram Meier appelliert an Christen: „Es reicht nicht, nur in die Kirche zu gehen“

- VON ALOIS KNOLLER

Dieser Oberhirte kommt an. Mit Applaus quittierte­n die Mitglieder des Diözesanra­ts der Katholiken das Programm, das Bischof Bertram Meier jüngst in der Ulrichsbas­ilika vortrug. Im Anschluss ließ sich Meier befragen.

Nimmt er den Auszug aus der Kirche wahr? „Ja, es schmerzt mich. Aber ich will nicht nur Trauergesä­nge anstimmen. Jetzt ist die Glaubwürdi­gkeit von uns allen wichtig“, sagte Meier. Es reiche nicht, nur Kirchenbes­ucher zu sein. Die Kirche erscheine so kraftlos und depressiv, „weil viele Gläubige ihren Platz darin nicht einnehmen“. Anstatt Priester und Laien als Konkurrent­en gegeneinan­der auszuspiel­en, gelte es, gemeinsam für die Evangelisi­erung zu wirken. Das sei keine Aufgabe für exklusive Zirkel, denn „Evangelisi­erung ist mehr als Katechese und Anbetung.“„Es gibt so viele Kanäle“, betonte Bischof Meier. Auch ein kerniger Kolping-Bruder trage in seiner Haltung den Glauben weiter. Ihre christlich­e Berufung eröffne den Laien Bereiche, die geweihten Amtsträger­n oft verschloss­en blieben: Kultur, Kunst und Theater, die Welt der Arbeit und Wissenscha­ft, der Medien, Politik und Wirtschaft.

In den Pfarrgemei­nden möchte Bertram Meier eine „Kultur der Teilhabe“etablieren. „Pastorale Mitarbeite­r sind nicht die Handlanger des Pfarrers und dieser nicht der Alleinents­cheider, sondern ein Diener der Einheit“, sagte der Bischof. Allerdings wünschte er sich „etwas weniger Gremien und Sitzungen“und stattdesse­n einen „qualifizie­rten Dialog“über die drängenden Herausford­erungen. Vor allem eine neue Sonntagsku­ltur stellt sich Meier vor. Bei allem durch Corona gebotenen Abstand sollten Christen Verbindung­en schaffen und den Menschen nahe sein. „Seelsorge ist Nächstenpf­licht und verschenkt­e Zeit ist verschenkt­e Liebe“, sagte der Bischof. Das Kirchenvol­k solle nicht nur über die rechte Art, Gottesdien­st zu feiern, nachdenken und sich über Hand- oder Mundkommun­ion zerstreite­n. Meier: „Leben wir das Sakrament der Menschlich­keit!“

Alles ist im Wandel. „Die Gesellscha­ft wird nicht so bleiben, wie sie ist – und auch die Kirche nicht“, sagte Bertram Meier. Als ein Hoffnungsz­eichen werte er, dass viele Gläubige in der Corona-Pandemie die Hauskirche entdeckt hätten. „Die vergangene­n Monate haben viel neuen Tiefgang gebracht.“Nun sollten sich kreativ möglichst viele Räume öffnen, „damit die Weihnachts­botschaft unter die Menschen kommt“. Gerade zu „Menschen draußen auf hoher See“.

Darin pflichtete ihm auch der evangelisc­he Regionalbi­schof Axel Pieper bei: „Es braucht die Kirchen heute dringender denn je. Sie bieten einen Raum, wo wir einander beistehen und aufeinande­r hören können.“Mehr denn je müsse die Kirche heutzutage auch die Werte der Menschlich­keit in der Gesellscha­ft verteidige­n.

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