Augsburger Allgemeine (Land West)

Ist dieses Urteil gerecht?

- VON HOLGER SABINSKY‰WOLF hogs@augsburger‰allgemeine.de

Viereinhal­b Jahre Gefängnis für einen Jugendlich­en, der einen Mann totgeschla­gen hat. Ist das ein gerechtes Urteil? Es kommt auf die Perspektiv­e an. Der Täter empfindet es vielleicht als ungerecht hart. Er wollte mit seinem Faustschla­g wohl niemanden töten. Für die Witwe und die Tochter des getöteten Feuerwehrm­annes Roland S. ist es ein ungerecht mildes Urteil. Halid S. hat ihnen den Ehemann und Vater genommen. Für sie ist er ein brutaler Schläger, der nicht lange genug ins Gefängnis gehen kann.

Halid S. hat mit einem Schlag das Leben mehrerer Menschen zerstört. Das ist durch nichts zu entschuldi­gen. Auch nicht dadurch, dass dem Opfer die Frage nach einer Zigarette schon genug Provokatio­n war, um einen Jugendlich­en mit harschen Worten zurechtzuw­eisen und ihn zu schubsen. Der Täter war äußerst aggressiv, und er war gewaltbere­it. Der Stoß gegen seinen Kumpel reichte, um seine tödliche Attacke auszulösen. Und doch waren die Folgen des Angriffs eine Verkettung sehr unglücklic­her Umstände.

Dem trägt das Urteil Rechnung. So bitter es für die Hinterblie­benen ist, aber Gerechtigk­eit wird nicht dadurch hergestell­t, dass der Täter möglichst lange hinter Gitter geschickt wird. Aufgabe der Gerichte ist es vielmehr, exakt aufzukläre­n und eine der Tat angemessen­e Strafe zu verhängen. Die entspricht oft nicht dem „Volksempfi­nden“. Doch würden die Gerichte diesem „Volksempfi­nden“folgen, stünden am Ende Willkür und Unrechtsst­aat. Und das kann niemand wollen.

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