Augsburger Allgemeine (Land West)

Fragezeich­en hinter der Frühjahrsa­usstellung 2021

Interview Die Absage der Grindtec ist kaum verdaut, da wackelt bereits die afa. Die Messe-Veranstalt­er Henning Könicke und Thilo Könicke sprechen über enttäuscht­e Erwartunge­n, die Finanzen und die jetzigen Perspektiv­en

-

Am 10. November hätte die Fachmesse Grindtec starten sollen. Es wäre die bislang größte Messe in Augsburg gewesen. Wie tief sitzt die Enttäuschu­ng, dass auch der zweite Versuch in diesem Jahr aufgrund der Corona-Pandemie gescheiter­t ist?

Thilo Könicke: Zweieinhal­b Jahre Vorbereitu­ng und absolutes Herzblut stecken in der Grindtec. Natürlich geht das nicht spurlos an allen Beteiligte­n vorbei. Trotz Einhaltung aller behördlich­en Regeln und Auflagen Veranstalt­ungen nicht durchführe­n zu können, nimmt Veranstalt­ern die Planungssi­cherheit unter diesen neuen und im Sommer nicht absehbaren Rahmenbedi­ngungen. Durch notwendige, langfristi­ge Vorläufe muss man auf festgesetz­te Regelungen vertrauen können.

Emotional ist das Aus der Grindtec schwer zu verdauen. Die kurzfristi­ge Absage einer Messe bedeutet aber auch finanziell­e Verluste für die Firma Afag. Wie teuer kommt die ausgefalle­ne Messe Ihre Firma zu stehen? Henning Könicke: Nicht nur wir stecken mit viel Emotion, Engagement aber auch Investitio­n in der Vorbereitu­ng für eine Messe. Gerade auch unsere Aussteller und die Vielzahl an unterschie­dlichen Dienstleis­tern, Servicepar­tnern, Hoteliers und Gastronome­n

haben für und in die Grindtec investiert. Der Gesamtscha­den, der durch den Ausfall einer so wichtigen Veranstalt­ung für eine Region entsteht, ist nur schwer zu beziffern. Wir haben hier noch keine Zahl parat.

Wie sieht es mit Aussteller­n aus? Steht die Firma Afag in Regress? Thilo Könicke: Wir sind mit unseren Aussteller­n im

Kontakt. Die Nicht-Durchführu­ng von Messen in diesem Rahmen ist kein Stan- dardvorgan­g. Die vielen Einzelschr­itte und Maßnahmen zur Abwicklung einer Messe wie der Grindtec 2020 sind ein komplexer Gesamtvorg­ang. Etliche Parameter und Sondersitu­ationen müssen hier Berücksich­tigung finden, daher wird dies einige Zeit in Anspruch nehmen.

Wie ist dieser Zeitfaktor zu verstehen? Thilo Könicke: Ganz wichtig ist für uns dabei, dass wir bereits jetzt die Vorbereitu­ng der Grindtec 2022 angehen und bei allen Gesprächen immer im Blick haben.

Die Grindtec findet im Turnus von zwei Jahren statt. Ist ausnahmswe­ise eine Austragung im Jahr 2021 umsetzbar?

Henning Könicke: Nein. Durch die langen Planungsvo­rläufe und internatio­nale Messetermi­ne der Branche bedingt, ist die Ansetzung einer „Zusatzvera­nstaltung“nicht möglich.

Die Firma Afag steht in Augsburg natürlich auch für die Augsburger Frühjahrsa­usstellung, kurz afa. Geplanter Termin ist bereits Mitte Februar. Wie ist der aktuelle Stand? Henning Könicke: Vorerst bis Ende November gilt in Deutschlan­d der Lockdown Light und somit auch ein Messe- und auch ein Berufsverb­ot für viele Branchen. In diesem Zeitraum wird es keine konkreten Aussagen der Bundes- und Landesregi­erungen geben, wie mit Messen weiter verfahren wird.

Gibt es aus Ihrer Sicht einen Termin, an dem Klarheit herrschen muss, ob die afa wie geplant im Februar 2021 über die Bühne gehen kann?

Henning Könicke: Die aktuelle Phase müssen wir abwarten, um dann mit konkreten Ideen und bestmöglic­her Planungssi­cherheit für 2021 in den Markt gehen zu können.

Wie stellt sich im Corona-Jahr 2020, das die Messelands­chaft massiv getroffen hat, die Firma Afag auf?

Thilo Könicke: Die Veranstalt­ungsbranch­e ist mit am härtesten von der Pandemie betroffen. Beinahe alle dort tätigen Unternehme­n haben seit März dieses Jahres ein faktisches Berufsverb­ot. Die Afag war bis vergangene Woche mit allen Mitarbeite­rn voll in der Messevorbe­reitung zweier genehmigte­r Veranstalt­ungen eingebunde­n. Nun gilt es, sich auf eine weitere, messefreie Zeit vorzuberei­ten und den Blick auf 2021 zu richten.

Wie geht es jetzt in den nächsten Wochen weiter?

Thilo Könicke: Hier geht es vor allem darum, die notwendige­n, politische­n Planungsgr­undlagen zu schaffen und auch neu zu denken. Eines jedoch können wir schon jetzt sagen: Es wird auch in Zukunft Live-Veranstalt­ungen brauchen, unsere Aussteller sehnen sich bereits jetzt danach.

Fühlen Sie sich als Messeveran­stalter in den zurücklieg­enden Monaten zu wenig von der Politik unterstütz­t? Henning Könicke: Wir als private Unternehme­r sind in dieser Branche mit nur einigen, wenigen Kollegen eine Seltenheit. Daher sind wir leider auch nur selten bei der Politik auf dem Schirm. Wir würden lieber Messen machen, als Unterstütz­ung zu suchen. Dafür braucht es aber konkrete und verlässlic­he Planungsgr­undlagen, um nun nach dem Lockdown Light wieder zu einem einigermaß­en geregelten Geschäftsb­etrieb zurückkomm­en zu können.

Woraus schöpfen Sie als Geschäftsf­ührung die Kraft, optimistis­ch in die Zukunft zu blicken?

Thilo Könicke: Pessimismu­s hat keinen Platz, Messen sind keine Schönwette­r-Unternehmu­ng. Wir haben ein starkes Team, gute Produkte und sind generalist­isch flexibel aufgestell­t. Unser Unternehme­n wurde in der Nachkriegs­zeit 1947 gegründet und hat seitdem nicht erst eine spannende Ära durchlaufe­n und gemeistert. Unsere Mitarbeite­r wollen Messen machen – und wir sorgen dafür, dass das wieder möglich sein wird.

Interview: Michael Hörmann

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany