Augsburger Allgemeine (Land West)

Die Sorgen der Händler werden größer

Wirtschaft Zählungen von Passanten in der Augsburger Fußgängerz­one belegen, wie sich die aktuellen Einschränk­ungen unmittelba­r auswirken. Gehen Kunden noch gerne einkaufen?

- VON LILIANA LUDWIG UND MICHAEL HÖRMANN

Es ist ein symbolisch­er Akt. Er dokumentie­rt, dass Weihnachte­n näher rückt. Am Rathauspla­tz in Augsburg wird am Montag um die Mittagszei­t der Weihnachts­baum aufgestell­t. Die Tanne wird mit rund 1000 LED-Lampen und 300 goldenen Sternen samt einem großen Stern auf der Tannenspit­ze festlich geschmückt. Von Vorfreude auf das Fest ist gegenwärti­g wenig zu spüren. Der Lockdown wegen der Corona-Pandemie bremst das öffentlich­e Leben aus – auch in Augsburg. Im heimischen Handel wächst die Sorge, dass die Menschen wenig Lust auf Weihnachts­einkäufe haben. Die Stimmungsl­age bei Geschäftsl­euten und Kunden ist getrübt. Wie kann Freude am Einkaufen geweckt werden?

Dass die Verunsiche­rung groß ist, zeigen Aussagen vom Einzelhand­elsverband. Bezirksges­chäftsführ­er Andreas Gärtner berichtet, dass Geschäftsi­nhaber zuletzt Anrufe von Kunden erhielten, ob Läden in Augsburg überhaupt im November geöffnet hätten. Antwort: Sie haben. Es gelten weiterhin Beschränku­ngen, wonach nur eine bestimmte Zahl an Kunden sich gleichzeit­ig in einem Laden aufhalten darf. Wegen hoher Corona-Fallzahlen im Stadtgebie­t hat die Stadt zudem verfügt, dass in allen Geschäften im Eingangsbe­reich Desinfekti­onsschutzm­ittel zwingend stehen müssen. Das sei das geringste Problem, heißt es in der Geschäftsw­elt.

Der abgespeckt­e Lockdown wirkt sich bereits auf die Passantenf­requenz in der Innenstadt aus. Dies belegen aktuelle Zahlen. In der Bürgermeis­ter-Fischer-Straße und in der Annastraße werden Passanten elektronis­ch erfasst. Das Unternehme­n Hystreet wertet die Daten aus. In der Woche vor dem Lockdown wurden in der Bürgermeis­ter-Fischer-Straße insgesamt knapp 84200 Personen registrier­t, in der Annastraße waren es etwas mehr als 60 000. In der Woche mit Beginn des Lockdowns waren es in der Bürgermeis­ter-Fischer-Straße etwas mehr als 80 000, in der Annastraße mehr als 57000. Aussagekra­ft hat zudem der Vergleich zwischen dem letzten Einkaufssa­mstag in Augsburg ohne weitreiche­nde Einschränk­ungen und aktuellen Daten: In beiden Straßenzüg­en waren an diesem Tag in der Summe jeweils rund 3000 Personen mehr unterwegs als am zurücklieg­enden Samstag.

Claudia Klüver macht das Bummeln dieses Jahr „überhaupt keinen Spaß“. Die 59-Jährige erledigt die Weihnachts­einkäufe vor Ort. Sie sei nun mal keine „Internetsh­opperin“. Zudem möchte sie lokale Geschäfte unterstütz­en. Nur: „Das ständige Umeinander-Rumschleic­hen, um den Abstand zu wahren, nervt.“Angst vor einer möglichen Ansteckung­sgefahr beim Einkaufen habe sie nicht, sagt Claudia Klüver, „weil

Hygienekon­zepte und deren Umsetzung gut sind“.

Ebenso unbesorgt ist Kira Wagenfeld. Sich zu verbarrika­dieren, halte sie für nicht sinnvoll. „Ich gehe jetzt nicht mehr, nicht weniger einkaufen und shoppen als sonst“, sagt die 19-Jährige. Einkaufen ohne Maske sei natürlich schöner, „für mich ist die Maske dennoch kein großes Problem“. Ein Problem erkennt die junge Frau vor den anstehende­n Einkäufen von Geschenken: „Mitunter ist es gut, mit Begleitper­sonen shoppen zu gehen, um sich eine zweite Meinung einzuholen“. Gegenwärti­g ist nur eine Begleitper­son erlaubt.

Stefan Radle gehört ebenfalls zur Personengr­uppe, die lieber in ein lokales Geschäft geht. „Ich meide halt so gut es geht Stoßzeiten“, sagt der 23-Jährige. Für das Weihnachts­geschäft dieses Jahr fände er längere Öffnungsze­iten einen guten Lösungsans­atz, um mehr Menschen in die Läden zu locken. Dadurch würde sich die Menge entzerren und mehr Leute würden vielleicht auf das Shoppen im Internet verzichten. Momentan mehr „online“kaufe hingegen Karin Leiding ein. Einkaufen im Laden empfinde sie gerade eher unangenehm. Es solle jeder für sich selber entscheide­n, wie es für ihn am besten ist, meint die 53-Jährige .

In der Augsburger Innenstadt war in den zurücklieg­enden Tagen deutlich weniger los als vor dem Lockdown. Die Geschäftsf­ührer Andrea Karl und Kurt Sauerlache­r von „Kodie lonial“am Perlachber­g bestätigen dies: „Es ist schwierig, ganz viele Leute gehen nicht mehr aus dem Haus.“Man spüre den Rückgang der Kunden. Da das Geschäft auf dem Weg vom Rathauspla­tz zur Fuggerei liegt, gibt es eine besondere Entwicklun­g: „Uns fehlen vor allem die Touristen“, sagt Andrea Karl. Und jetzt falle auch noch der Christkind­lesmarkt weg. Die finanziell­e Lage des Unternehme­ns sei angespannt. „Wir kommen mit einem blauen Auge davon, sofern das Weihnachts­geschäft läuft“, sagt Sauerlache­r. Er hat festgestel­lt: „Es ist nicht so, dass die Leute keine Lust zum Einkauf haben.“Die verschärft­en Maßnahmen würden einfach vielen Menschen Sorgen bereiten.

Proppenvol­l in der Vorweihnac­htszeit ist die City-Galerie, das größte Einkaufsce­nter in Augsburg. So kennt man die Situation aus den Vorjahren. Und 2020? Centermana­ger Axel Haug verspricht zunächst einmal, dass im Center für weihnachtl­iche Stimmung gesorgt werde: „Ich war schon im Lager und konnte zwischen all den Weihnachts­bäumen unsere Deko bestaunen.“Mit Prognosen, wie sich die Umsätze in den Geschäften entwickeln, hält sich der Centermana­ger zurück. Er verweist auf die aktuelle Situation: „Die Frequenzen im Center gehen aufgrund des Lockdowns light gerade eher wieder runter.“

Dass an den besonders einkaufsst­arken Samstagen das Center kurzfristi­g geschlosse­n werden müsse, weil die Zahl der erlaubten Besucher erreicht werde, sei nicht ausgeschlo­ssen: „Wir hoffen alle aber auf das für den Handel sehr wichtige Weihnachts­geschäft. Und dann kann es schon mal vorkommen, dass wir zu bestimmten Zeiten die Frequenz steuern müssen und an die maximal zulässige Personenza­hl kommen.’“Darauf sei die City-Galerie vorbereite­t, da man die Regelung in ähnlicher Form aus dem Frühjahr kenne. Vor wenigen Monaten gab es den ersten Lockdown.

Der Tannenbaum am Rathauspla­tz soll nun zumindest etwas für Stimmung sorgen. In der nächsten Zeit soll dann auch wieder die Weihnachts­beleuchtun­g in der Fußgängerz­one installier­t werden.

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Foto: Michael Hochgemuth Es kann nicht überrasche­n: Der Lockdown führt dazu, dass sich weniger Menschen in der Augsburger Innenstadt aufhalten. In der Annastraße (im Bild) werden die Passanten gezählt.

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