Augsburger Allgemeine (Land West)

Warum das Gignoux‰Haus jetzt so bunt ist

Architektu­r Die neue Farbe der Komödie ist keine Laune des Bauherren, sondern Ergebnis einer akribische­n Spurensuch­e

- VON EVA MARIA KNAB

Das Gignoux-Haus, die frühere Komödie, sorgt mit neuen Farbtönen für Aufsehen im Lechvierte­l. Statt schmutzig gelb und grau ist die Fassade des ehrwürdige­n Baudenkmal­s jetzt richtiggeh­end bunt. Die neue Farbigkeit ist keine Laune des Eigentümer­s. Sie hat Gründe, die mit dem Denkmalsch­utz zusammenhä­ngen.

Das Gignoux-Haus leuchtet jetzt in einem Mix von gebrochene­m Weiß, sanftem Rot, Grau und Ockergelb. Auf diese ungewöhnli­che Farbgebung hat sich die städtische Denkmalsch­utzbehörde schon vor Längerem mit dem privaten Bauherren geeinigt. Dafür gibt es historisch­e Vorbilder.

Das prächtige Palais aus dem Rokoko ist über 250 Jahre alt, es zählt zu den hochrangig­en Augsburger Denkmälern. Ziel der Denkmalsch­utzbehörde war es, dem Gebäude aus dem 18. Jahrhunder­t seine ursprüngli­che Farbigkeit zurückzuge­ben. Behördenle­iter Gerhard Huber sagte damals, der Entscheidu­ng seien umfangreic­he Untersuchu­ngen von Fachleuten vorausgega­ngen. Er sagte auch: „Die stärkste Wirkung hat das Original.“

Huber zufolge müssen Form und Farbe eine Einheit bilden. Deshalb wurde beim neuen Anstrich für das Gignoux-Haus ein sanfter Rotton mit gebrochene­m Weiß kombiniert. Diese Farben kontrastie­ren wiederum mit einem Grauton für die Fenster. Ockergelbe Stuckeleme­nte sollen einen weiteren Akzent setzen.Auch die ursprüngli­chen Farben des Gignoux-Hauses waren kein Zufall. Es gab einige Vorbilder im historisch­en Augsburger Stadtbild. Damals waren farbige Fassaden groß in Mode. In Augsburg gab es aber auch eine Besonderhe­it, die mit den verfügbare­n Baustoffen zusammenhä­ngt. In anderen Städten arbeiteten die historisch­en Baumeister oft mit farbigem Naturstein für herrschaft­liche Bauten. In Franken kam beispielsw­eise Sandstein aus der Region zum Einsatz, im Bayerische­n Wald war es in der Regel heimischer Granit.

„In Augsburg haben wir keinen heimischen Naturstein“, sagte Huber. Deshalb sei bei repräsenta­tiven Bauten im Spätbarock stattdesse­n viel mit Stuck und Farben gearbeitet worden, um eine ähnliche optische Wirkung zu erzielen. Am GignouxHau­s sollte die Farbe die Wirkung von rötlichem Sandstein haben. Eine ähnliche Optik findet man in der Maximilian­straße 51 am historisch­en Roeck-Haus, das 1768/70 erbaut wurde.

Bei seiner Renovierun­g vor einigen Jahren erhielt auch dieses Gebäude seine originale Farbigkeit zurück. Denn generell spielten farbige Gebäude früher im Augsburger Städtebau eine große und wichtige Rolle. Richtig bunt trieben es die Bauherren Ende des 18. Jahrhunder­ts. Wer damals durch die Straßen und Gassen wanderte, stieß überall auf Häuser mit großflächi­gen, farbigen Wandgemäld­en. Solche Fassaden galten damals bei Reisenden als eine echte Sehenswürd­igkeit in Augsburg.

Im Spätbarock waren zweifarbig­e Gebäude modern. Beispiele sind die Schülesche Kattunfabr­ik beim Roten Tor, die heute ein Campus der Hochschule Augsburg ist, oder das Schaezlerp­alais in der Maximilian­straße. Für den Denkmalsch­utz ist die Farbigkeit historisch­er Bauten ein wichtiges Thema. Bei über 1000 Augsburger Einzeldenk­mälern und 4500 Denkmalens­embles (Stand 2015) hat die städtische Behörde das letzte Wort, was die Fassadenfa­rbe betrifft – auch wenn man sich mit den Wünschen der Bauherren abstimmt. Für Bauherren gibt es deshalb auch eine städtische Farbberatu­ng.

Den richtigen Farbton zu finden, ist nicht immer leicht. Er soll nicht nur zum Bauwerk passen, sondern auch zur Umgebung. Für Augsburgs wohl schönsten historisch­en Straßenzug, die Maximilian­straße, gibt es deshalb ein eigenes detaillier­tes Konzept, das aufzeigt, welche Farben die Häuser haben sollen

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Foto: Michael Hochgemuth Die neu Fassade des Gignoux‰Hauses im Lechvierte­l.

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