Augsburger Allgemeine (Land West)

Der Dirigent wechselt die Rolle

Basketball Bei der BG Leitershof­en/Stadtberge­n gibt es ein neues, aber doch vertrautes Gesicht auf der Trainerban­k. Der ehemalige Spieler Emanuel Richter spricht über sein abruptes Karriereen­de, neue Konzepte und die Pandemie

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Stadtberge­n Es gibt ein neues und doch vertrautes Gesicht auf der Trainerban­k der Regionalli­ga-Basketball­er der BG Topstar Leitershof­en/Stadtberge­n. Mit Emanuel Richter übernimmt ein ehemaliger Spieler nun die Rolle des Headcoach. Seine spektakulä­ren Dreier und Anweisunge­n auf dem Spielfeld werden fehlen, doch auch außerhalb der Seitenlini­e will der 33-jährige Slowene weiterhin 150 Prozent geben. Im Interview spricht er über seine neue Rolle, seine Ziele und das abrupte Ende seiner Spielerkar­riere.

Seit Mitte der letzten Saison sind Sie Headcoach der Kangaroos. Davor waren Sie viele Jahre auf dem Spielfeld aktiv. Wie haben Sie den Wechsel vom Spieler zum Trainer empfunden? Richter: Es war aufregend. Als die Anfrage kam, habe ich direkt zugesagt, ohne viel nachzudenk­en. Nach den ersten Spielen kam dann aber recht schnell die Einsicht, dass Spielertra­iner auf Dauer keine Option ist. Auf dem Feld hast du nicht die gleiche Übersicht wie ein Coach, der von Außen das Geschehen beobachten kann. Ich habe dann sehr schnell entschiede­n, nur noch Coach zu sein. Das bedeute allerdding­s, dass ich meine Karriere als Spielerbee­nden musste.

Wie ist das abgelaufen?

Richter: Das kam, zugegeben, alles etwas anders als geplant. Als Spieler jenseits der 30 macht man sich natürlich schon ab und an Gedanken, wie das „Ende“wohl sein wird. Und dann war es plötzlich da. Zudem wurde die Saison wegen der Pandemie abrupt abgebroche­n. Ich hatte keine richtige Verabschie­dung im Sinne eines letzten Spiels oder ähnlichem. Aber mit Dingen, die anders kamen als gedacht, bin ich 2020 bestimmt nicht alleine.

Haben Sie schon länger darüber nachgedach­t, nach der aktiven Karriere Coach zu werden?

Richter: Ja, ich wollte schon immer Basketball­trainer werden. Ich dachte eben nur nicht, dass es so schnell dazu kommen wird (lacht). Als dann die Chance kam, meine Trainerkar­riere direkt in der 1. Regionalli­ga zu beginnen, konnte ich nicht Nein sagen. Da ich seit einiger Zeit beruflich nach München pendle, kam mir der fließende Wechsel vom Spieler zum Trainer sehr gelegen. Eine Schicksals­fügung.

Wie hat Ihr Weg denn ursprüngli­ch zu den Kangaroos geführt?

Richter: Ich kam 2014 als Spieler von den Giants Nördlingen zu den Kangaroos. Ich wollte gerne in Bayern bleiben, das ist nah an Slowenien, meiner Heimat. Ich hatte mehrere Angebote aus der Region. An Leitershof­en/Stadtberge­n hat mir die neue Halle gefallen, Andres Santiago hat als Abteilungs­leiter einen seriösen und überzeugen­den Eindruck gemacht und Augsburg als Wohnort hat mir auf Anhieb gefallen.

Sie kommen aus Slowenien, sprechen neben Deutsch, Englisch, Slowenisch auch noch Kroatisch und Italienisc­h. Sie waren durch Basketball viel in Europa unterwegs. Warum haben Sie sich gerade in Deutschlan­d niedergela­ssen? Richter: Ehrlich gesagt, wollte ich ursprüngli­ch nur eine Saison in Deutschlan­d bleiben (lacht). Daraus sind mittlerwei­le sieben Jahre geworden. Mir gefällt die deutsche Mentalität, die Organisati­on, die Zuverlässi­gkeit. Das passt zu mir als Mensch und meinen Eigenschaf­ten. Außerdem bewegt sich viel im deutschen Basketball, es gibt gute Perspektiv­en für junge, ambitionie­rte Trainer. Und auch privat habe ich hier mein Glück gefunden (lacht).

Was gefällt Ihnen besonders an Augsburg?

Richter: Augsburg ist die schönste Stadt Bayerns. Sie ist keine anstrengen­de Metropole, aber bietet einem alles. Außerdem bekommt der Sport viel Aufmerksam­keit, mit dem FCA und den Panthers haben wir Erstligist­en im Fußball und Eishockey. Am Basketball arbeiten wir (lacht). Nein, im Ernst, ich denke, dass im Augsburger Basketball viel Potenzial steckt und es ist für mich eine tolle Chance, diese Zukunft als Coach nun mitzukreie­ren. Der Verein nimmt immer profession­ellere

Strukturen an. Wir haben einen Online-Fanshop und Online-Ticketing eingeführt. All das stimmt mich optimistis­ch.

Was haben Sie sich für die Rolle als Coach vorgenomme­n?

Richter: Auf lange Sicht haben wir schon vor der Pandemie ein neues Konzept erarbeitet. Wir starten in diesem Jahr in eine zweijährig­e Projektpha­se, in der wir gezielt auf unsere Nachwuchss­pieler setzen und erstmal auf ausländisc­he Profis verzichten. Wir den Aufstieg in die Pro B aus eigener Kraft schaffen. Denn ich bin überzeugt davon: Wenn man es in der Regionalli­ga nicht ohne ausländisc­he Profispiel­er schafft, oben mitzuspiel­en, dann hat man in der Pro B auch nichts zu suchen. Natürlich kann man sich vereinzelt Verstärkun­g auf Positionen holen, auf denen man selbst keine geeigneten Spieler hat. Doch wenn man sich als Team von einzelnen Starspiele­rn abhängig macht, rächt sich das. Und aufzusteig­en, nur um direkt wieder abzusteige­n, das wollen weder die Fans, noch der Verein oder das Team. In der Vereinslei­tung sind wir uns da einig. Diesem Vertrauen will ich gerecht werden.

Wie schätzen sie die Chancen des Teams für die kommende Saison ein? Richter: Wir sind ein gutes, junges und dynamische­s Team und ich sehe uns in den Playoffs. Das ist unser Ziel. Diese Saison wird unsere Orientieru­ngsphase, um zu sehen, was es noch braucht, um übernächst­e Saison um Aufstieg zu spielen. Angesichts der besonderen Saison, die vor uns liegt, kann man sowieso nicht zu weit planen.

Vermissen Sie es, selbst auf dem Spielfeld zu stehen?

Richter: Ich vermisse derzeit Basketball grundsätzl­ich. Die Corona-Pandemie hat uns ja bereits vor dem Start wieder ausgebrems­t. Das ist nicht so schön. Aber was kann man machen? Es geht in diesen verrückten Zeiten allen gleich. Den ganzen November dürfen wir nicht in die Halle, im Dezember dann hoffentlic­h zumindest trainieren. Wir halten uns derzeit mit Online-Training fit, dass wir bereit sind, wenn es wieder los geht. Nachdem es jetzt einen Impfstoff zu geben scheint, bin ich mir sicher, dass wird die Saison spielen können.

Interview: Dana Hadovic-Forto/oli

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Foto: Marcus Merk Statt auf dem Spielfeld dirigiert Emanuel Richter die Basketball­er der BG Leitersho‰ fen/Stadtberge­n jetzt von der Trainerban­k aus.

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