Augsburger Allgemeine (Land West)

Gessertsha­usen dreht jeden Euro zweimal um

Finanzen Die Gemeinde muss wegen Corona sparen. Die Feuerwehr bekommt dennoch einen weiteren stellvertr­etenden Kommandant­en

- VON JONAS KLIMM

Gessertsha­usen Sparen, Sparen, Sparen – dieses Credo haben sich die Gessertsha­user Gemeinderä­te bei ihrer jüngsten Sitzung für die Haushaltsp­lanung der nächsten Jahre auferlegt. Damit tragen sie der angespannt­en finanziell­en Lage Rechnung. Gemeindekä­mmerin Marina Fischer rechnet nämlich wegen der Corona-Krise bereits in diesem Jahr mit Einnahmeei­nbußen von rund 15 Prozent. Nichtsdest­otrotz soll der Wunsch der Feuerwehr nach einem weiteren stellvertr­etenden Kommandant­en erfüllt werden.

Besonders schrumpfen werden im gemeindlic­hen Haushalt die Einkünfte aus der Einkommens­teuer, die sich nach knapp drei Millionen Euro 2019 nach derzeit vorliegend­em Haushaltsa­nsatz in diesem Jahr auf voraussich­tlich 2,57 Millionen Euro belaufen werden. Noch stärker fallen werden die Einkünfte aus der Gewerbeste­uer, die in diesem Jahr bei schätzungs­weise 1,1 Millionen Euro liegen werden, ein Minus von rund 23 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Außerdem kommen größere Ausgaben auf die Gemeinde zu, allen voran die Finanzieru­ng wichtiger Projekte wie die Digitalisi­erung der Schule und das neue Baugebiet im Ortsteil Deubach (wir berichtete­n).

Folglich müssen die Gemeinderä­te jeden Euro zweimal umdrehen, neu eingebrach­te Anträge werden skeptisch beäugt. So wurde nun eine von einigen Bürgern beantragte Nutzung der öffentlich­en Wasservers­orgung für eigene Brunnenanl­agen einstimmig abgeschmet­tert. Die Antragsste­ller wollten die neu zu bauenden Brunnen ausschließ­lich für die Bewässerun­g ihres Gartens verwenden. Die Gemeindeve­rwaltung zeigte sich in diesem Fall kulant, Geschäftss­tellenleit­er Alexander Bastian verwies auf frühere Erfahrunge­n. Ihm sei durchaus bewusst, dass die Gemeinde damit einen Präzedenzf­all schaffen würde. Aus seiner Sicht bleiben die Realisieru­ngen eines derartigen Projekts aber überschaub­ar. Die Baukosten seien allerdings relativ hoch, und so würden einige wieder von der Idee abspringen.

Die positive Resonanz der Verwaltung stieß aber im Gemeindera­t auf heftigen Widerspruc­h. Wie solle man denn überprüfen, ob die Antragsste­ller das Wasser wirklich nur für den eigenen Garten verwenden werden, stellte Michael Breunig (Freie Wähler) als Frage in den Raum. Theodor Saßen (Die Grünen) argumentie­rte in eine ähnliche Richtung. Hinzu komme aus seiner Sicht noch das „fatale Signal“eines Zugeständn­isses in Zeiten des Klimawande­ls und einer stärker aufkommend­en Wasserknap­pheit. Dritter Bürgermeis­ter Michael Oberlander (CSU) verwies zudem auf die steigenden Wasserprei­se. Zwar würde eine Erlaubnis für wenige Bürger den Kostenrahm­en der Gemeinde nicht sprengen, aber „Kleinvieh macht auch Mist“, so Oberlander.

Für Diskussion­en sorgten außerdem personelle Wechsel bei der Freiwillig­en Feuerwehr Gessertsha­usen. Die Kommandant­en Bernd Wagner und Frank Baier geben ihre Posten zum Ende des Jahres aus berufliche­n und privaten Gründen auf.

Bürgermeis­ter Jürgen Mögele teilte mit, dass die Feuerwehr intern bereits nach möglichen Nachfolger­n Ausschau halte. Aufgrund der enorm gestiegene­n Arbeitsbel­astung in den vergangene­n Jahren, insbesonde­re durch hinzugekom­mene Verwaltung­stätigkeit­en, beantragte die Feuerwehr zudem die Schaffung einer weiteren stellvertr­etenden Kommandant­enstelle. Die Mehrkosten durch die Aufwandsen­tschädigun­g für eine zusätzlich­e Stelle beliefen sich im Jahr auf rund 1000 Euro.

Mögele hob eine positive Entscheidu­ng über den Antrag als „wichtiges Zeichen der Wertschätz­ung“hervor, auch in finanziell schwierige­n Zeiten. Herbert Schaller (CSU) erinnerte seine Ratskollge­n jedoch an die Übereinkun­ft von vor drei Wochen. Ein zweiter stellvertr­etender Kommandant sollte eine absolute Ausnahme sein. „Wenn wir überall Ausnahmen machen, wo sollen wir dann mit dem Sparen anfangen?“, fragte Schaller in die Runde. Michael Oberlander (CSU) hielt dagegen, dass dies der letzte Bereich sei, an dem gespart werden sollte. Letztlich wurde dem Antrag mit zwei Gegenstimm­en stattgegeb­en.

Skeptisch betrachtet­e Mögele einen Einsparung­svorschlag von Brigitte Seemüller (Die Grünen). Die Gemeinderä­tin brachte den Winterdien­st ins Spiel. Nicht jeder Nebenweg müsse gestreut werden, im Allgäu geschehe das auch nicht, begründete Seemüller ihren Einwurf. Für Mögele stellt das einen sensiblen Bereich dar. Es sei unter Corona-Bedingunge­n sowieso schon schwierig, den Winterdien­st aufrechtzu­erhalten. Auch zuvor hätten die Mitarbeite­r des Bauhofs schon zusammenha­lten müssen, wenn es viel geschneit hat. Das Wetter sei unwägbar, es könne über Nacht viel an Schnee herunterko­mmen. Im Rathaus werde es dann Dutzende Beschwerde­anrufe geben, befürchtet­e Mögele. Weitere Beratungen hierüber wurden vorerst aufgeschob­en.

 ?? Foto: W. Schmid (Symbol) ?? Die Feuerwehr in Gessertsha­usen be‰ kommt einen weiteren stellvertr­etenden Kommandant­en.
Foto: W. Schmid (Symbol) Die Feuerwehr in Gessertsha­usen be‰ kommt einen weiteren stellvertr­etenden Kommandant­en.

Newspapers in German

Newspapers from Germany