Augsburger Allgemeine (Land West)
Gessertshausen dreht jeden Euro zweimal um
Finanzen Die Gemeinde muss wegen Corona sparen. Die Feuerwehr bekommt dennoch einen weiteren stellvertretenden Kommandanten
Gessertshausen Sparen, Sparen, Sparen – dieses Credo haben sich die Gessertshauser Gemeinderäte bei ihrer jüngsten Sitzung für die Haushaltsplanung der nächsten Jahre auferlegt. Damit tragen sie der angespannten finanziellen Lage Rechnung. Gemeindekämmerin Marina Fischer rechnet nämlich wegen der Corona-Krise bereits in diesem Jahr mit Einnahmeeinbußen von rund 15 Prozent. Nichtsdestotrotz soll der Wunsch der Feuerwehr nach einem weiteren stellvertretenden Kommandanten erfüllt werden.
Besonders schrumpfen werden im gemeindlichen Haushalt die Einkünfte aus der Einkommensteuer, die sich nach knapp drei Millionen Euro 2019 nach derzeit vorliegendem Haushaltsansatz in diesem Jahr auf voraussichtlich 2,57 Millionen Euro belaufen werden. Noch stärker fallen werden die Einkünfte aus der Gewerbesteuer, die in diesem Jahr bei schätzungsweise 1,1 Millionen Euro liegen werden, ein Minus von rund 23 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Außerdem kommen größere Ausgaben auf die Gemeinde zu, allen voran die Finanzierung wichtiger Projekte wie die Digitalisierung der Schule und das neue Baugebiet im Ortsteil Deubach (wir berichteten).
Folglich müssen die Gemeinderäte jeden Euro zweimal umdrehen, neu eingebrachte Anträge werden skeptisch beäugt. So wurde nun eine von einigen Bürgern beantragte Nutzung der öffentlichen Wasserversorgung für eigene Brunnenanlagen einstimmig abgeschmettert. Die Antragssteller wollten die neu zu bauenden Brunnen ausschließlich für die Bewässerung ihres Gartens verwenden. Die Gemeindeverwaltung zeigte sich in diesem Fall kulant, Geschäftsstellenleiter Alexander Bastian verwies auf frühere Erfahrungen. Ihm sei durchaus bewusst, dass die Gemeinde damit einen Präzedenzfall schaffen würde. Aus seiner Sicht bleiben die Realisierungen eines derartigen Projekts aber überschaubar. Die Baukosten seien allerdings relativ hoch, und so würden einige wieder von der Idee abspringen.
Die positive Resonanz der Verwaltung stieß aber im Gemeinderat auf heftigen Widerspruch. Wie solle man denn überprüfen, ob die Antragssteller das Wasser wirklich nur für den eigenen Garten verwenden werden, stellte Michael Breunig (Freie Wähler) als Frage in den Raum. Theodor Saßen (Die Grünen) argumentierte in eine ähnliche Richtung. Hinzu komme aus seiner Sicht noch das „fatale Signal“eines Zugeständnisses in Zeiten des Klimawandels und einer stärker aufkommenden Wasserknappheit. Dritter Bürgermeister Michael Oberlander (CSU) verwies zudem auf die steigenden Wasserpreise. Zwar würde eine Erlaubnis für wenige Bürger den Kostenrahmen der Gemeinde nicht sprengen, aber „Kleinvieh macht auch Mist“, so Oberlander.
Für Diskussionen sorgten außerdem personelle Wechsel bei der Freiwilligen Feuerwehr Gessertshausen. Die Kommandanten Bernd Wagner und Frank Baier geben ihre Posten zum Ende des Jahres aus beruflichen und privaten Gründen auf.
Bürgermeister Jürgen Mögele teilte mit, dass die Feuerwehr intern bereits nach möglichen Nachfolgern Ausschau halte. Aufgrund der enorm gestiegenen Arbeitsbelastung in den vergangenen Jahren, insbesondere durch hinzugekommene Verwaltungstätigkeiten, beantragte die Feuerwehr zudem die Schaffung einer weiteren stellvertretenden Kommandantenstelle. Die Mehrkosten durch die Aufwandsentschädigung für eine zusätzliche Stelle beliefen sich im Jahr auf rund 1000 Euro.
Mögele hob eine positive Entscheidung über den Antrag als „wichtiges Zeichen der Wertschätzung“hervor, auch in finanziell schwierigen Zeiten. Herbert Schaller (CSU) erinnerte seine Ratskollgen jedoch an die Übereinkunft von vor drei Wochen. Ein zweiter stellvertretender Kommandant sollte eine absolute Ausnahme sein. „Wenn wir überall Ausnahmen machen, wo sollen wir dann mit dem Sparen anfangen?“, fragte Schaller in die Runde. Michael Oberlander (CSU) hielt dagegen, dass dies der letzte Bereich sei, an dem gespart werden sollte. Letztlich wurde dem Antrag mit zwei Gegenstimmen stattgegeben.
Skeptisch betrachtete Mögele einen Einsparungsvorschlag von Brigitte Seemüller (Die Grünen). Die Gemeinderätin brachte den Winterdienst ins Spiel. Nicht jeder Nebenweg müsse gestreut werden, im Allgäu geschehe das auch nicht, begründete Seemüller ihren Einwurf. Für Mögele stellt das einen sensiblen Bereich dar. Es sei unter Corona-Bedingungen sowieso schon schwierig, den Winterdienst aufrechtzuerhalten. Auch zuvor hätten die Mitarbeiter des Bauhofs schon zusammenhalten müssen, wenn es viel geschneit hat. Das Wetter sei unwägbar, es könne über Nacht viel an Schnee herunterkommen. Im Rathaus werde es dann Dutzende Beschwerdeanrufe geben, befürchtete Mögele. Weitere Beratungen hierüber wurden vorerst aufgeschoben.