Augsburger Allgemeine (Land West)
Zwischen Angst und Fürsorge
Pandemie In der Corona-Krise rücken Schulen und Kitas zunehmend in den Fokus. Die Arbeitsbelastung nimmt pandemiebedingt zu und auch Lehrer und Erzieher sind besorgt, sich mit dem Virus anzustecken
In der Corona-Krise rücken Schulen und Kitas zunehmend in den Fokus. Auch Lehrer und Erzieher sind besorgt.
Landkreis Augsburg Irgendwann ist Ruhe im Klassenzimmer. Jörg Faßnacht beginnt seinen Unterricht. Die Schüler tragen Masken. Wenn der Konrektor der Grund- und Mittelschule Fischach-Langenneufnach in diesen Tagen vor einer Klasse steht, weiß er aber nicht, ob sich einer der Schüler mit Corona infiziert hat. Eine Ungewissheit, die vielen Lehrern Sorgen macht. Es sei eine „große psychische Belastung“, sagt Jörg Faßnacht. Der Vorsitzende des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbandes BLLV im Landkreis spricht von einer schwierigen Situation.
Etwa 600 Kinder gehen in die Grund- und Mittelschule FischachLangenneufnach. Einige davon sind von der Maskenpflicht befreit. Andere kommen gerade nicht in den Präsenzunterricht, weil sie Erkältungssymptome haben. Oder weil sie in Quarantäne sind. Aus denselben Gründen fallen Lehrer aus. Teilweise würden Kollegen tagelang zu Hause auf das Ergebnis ihres Covid-19-Tests warten. Derweil müssen andere ihre Arbeit übernehmen. Ein Dauerstress, der manchmal „untragbar für die Kollegen“sei, wie Jörg Faßnacht einräumt. Hinzu kommt die Sorge, sich im Klassenzimmer selbst mit dem Coronavirus anzustecken. „Ich weiß von Kollegen, die sehr angespannt sind und mit Angst in die Schule gehen“, erzählt er. Der Konrektor ist trotzdem zuversichtlich: „Wir schultern es so, wie es kommt“.
Die Schule trage Verantwortung für ihre 600 Schüler. Deshalb fordert er dringend einen besseren Kontakt mit dem Gesundheitsamt. Wenn er dort anrufe, erreiche er oftmals niemanden oder der Mitarbeiter am Telefon kenne sich nicht aus, berichtet Jörg Faßnacht. Er hält es darum für besser, wenn der Schule die Entscheidungsgewalt erteilt werde. Sie kenne sich vor Ort am besten aus. Schwierig findet er die Situation in der Stadt Augsburg, wo Schüler in weiterführenden Schulen in geteilten Klassen unterrichtet werden, während Grund- und Mittelschüler sowie Förderschüler weiter in vollen Klassenzimmern sitzen. Deren Lehrer würden sich der Gefahr einer Ansteckung besonders ausgesetzt sehen, berichtet der Vorsitzende des Bayerischen Lehrerinnenund Lehrerverbandes BLLV im Landkreis. Diese Grund- und Mittelschullehrer würden sich dadurch vielfach als Lehrer zweiter Klasse fühlen. Auch wenn ihm bewusst ist, dass Lernen im Klassenverband in der Schule für Kinder am effektivsten ist, sagt Jörg Faßnacht
ganz klar: „Das geht gar nicht“. Zudem sei die Lage unübersichtlich, weil in Augsburg andere Regeln gelten als im benachbarten Landkreis. Das verunsichere Schüler, die in der Stadt wohnen und im Landkreis zur Schule gehen. Feste Regeln für alle würden die Situation erleichtern, denkt der Konrektor.
Hinzu kommt, dass die Regeln von verschiedenen Stellen in relativ kurzen Abständen der Situation angepasst werden. Damit kämpft auch Jessica Dzabek im Johannes-Hort in Gersthofen. Hier dürfen sich die Kinder nur mit Mindestabstand an den Mittagstisch setzen, sie dürfen sich nicht mehr allein das Essen auffüllen und müssen ihre eigenen Trinkflaschen mitbringen.
All das verändert den Tagesablauf im Hort für die 40 Kinder und drei Erzieher. Jessica Dzabek selbst hat
wegen der hohen Hygieneauflagen keine Angst, sich im Hort mit dem Coronavirus zu infizieren, wie sie sagt. „Mir tut es in der Seele weh, die Kinder neun Stunden am Stück mit Maske zu sehen“, erklärt sie. Im Hortgebäude gibt es deshalb mehrere Plätze, die von einem Klebeband umrahmt sind. Auf diesen wenigen Quadratmetern darf sich ein Kind allein aufhalten und die Maske abnehmen.
Jessica Dzabek hat in der Pandemie schon so Einiges für die Kinder im Hort getan. Als manche Eltern im Sommer nach dem ersten Lockdown keine Urlaubstage mehr übrig hatten, hat sie selbst ihren AugustUrlaub geopfert, damit diese Kinder im Hort betreut werden können. An Kinderbetreuung kann die Leiterin des Kindergartens St. Martin in Batzenhofen im Moment nicht denken.
Angela Deffner ist seit gut einer Woche in Quarantäne. Ein Kind in der Einrichtung war positiv getestet worden. Ein weiteres kam später hinzu, als sich alle Eltern und Kinder testen ließen. Angela Deffner beschäftigt vor allem eines: „Man kann eigentlich nicht wissen, ob ein Kind Corona hat“, sagt sie. Die beiden positiv getesteten Kindergartenkinder seien insgesamt völlig unauffällig gewesen.
Deshalb findet sie es besonders wichtig, dass sich in so einem Fall alle Kinder und Eltern auf das Virus testen lassen: „Das sollte verpflichtend vom Gesundheitsamt verlangt werden“, findet sie. Entsprechend dankbar ist die Kindergartenleiterin, dass dies in Batzenhofen gut geklappt hat. Am Freitag waren nach Angaben des Landratsamtes acht Kitas und Betreuungseinrichtungen
im Landkreis von QuarantäneMaßnahmen betroffen. Hinzu kommen sieben Schulen. Im städtischen Kindergarten in Neusäß hat es bislang noch keinen positiven CoronaTest gegeben.
Gruppen und Personal seien hier streng getrennt, berichtet die Leiterin Christine Kaiser. Nur im absoluten Notfall und mit FFP2-Maske springe Personal in der anderen Gruppe ein. Auch hier haben einige Erzieherinnen Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus. „Sie kommen aber trotzdem“, sagt die Leiterin.
Es herrsche ein Gefühl der Unsicherheit: Wann trifft es uns? Immerhin kommen in einer Gruppe Personen aus 25 Haushalten ohne Masken und Abstand zusammen. Außerhalb des Kindergartens wäre so etwas nicht erlaubt. »Kommentar