Augsburger Allgemeine (Land West)

Reaktion der Bürgermeis­ter

Statistik In einzelnen Gemeinden im Landkreis Augsburg liegen die Corona-Inzidenzwe­rte weit über den Infektions­zahlen der Stadt Augsburg. Woran das liegt und welche Schlüsse die Rathausche­fs daraus ziehen

- VON PHILIPP KINNE

Einzelne Gemeinden weisen Werte weit über den Infektions­zahlen der Stadt Augsburg auf. Woran das liegt und welche Schlüsse die Bürgermeis­ter ziehen.

Landkreis Augsburg. Die Zahl klingt bedrohlich: Statistisc­h gesehen liegt der Inzidenzwe­rt pro 100000 Einwohner in der kleinen Gemeinde Kleinaitin­gen im südlichen Kreis Augsburg bei weit über 800. Rein rechnerisc­h ist das rund zweieinhal­b Mal so viel wie in der Stadt Augsburg, die als einer der Hotspots in ganz Deutschlan­d gilt. In der 1300-Einwohner-Gemeinde Kleinaitin­gen ist man alarmiert, sieht aber keinen Grund zur Panik. Auch andernorts sorgen die neuen, aufgeschlü­sselten Corona-Zahlen für Aufsehen.

Wichtig zu wissen: Je weniger Menschen in einer Kommune leben, desto größer wird der hochgerech­nete Inzidenzwe­rt pro 100.000 Einwohner. In Kleinaitin­gen zum Beispiel gibt es nach den neuen Zahlen des Landratsam­tes nur elf aktuelle Corona-Fälle. Weil die Gemeinde relativ klein ist, wirkt der Inzidenzwe­rt sehr hoch. Dennoch ist Bürgermeis­ter Johann Thiel besorgt. Er sagt: „Elf Fälle ist für eine kleine Gemeinde nicht wenig“. Woher die stammen? Vieles deute darauf hin, dass sich ein großer Teil der Fälle im privaten Umfeld angesteckt habe, so Thiel. „Trotzdem wollen wir unsere Verantwort­ung als Gemeinde ernst nehmen“, sagt er. Konkret bedeute das zum Beispiel das Verschiebe­n der Bürgervers­ammlung oder die Absage von Feierlichk­eiten zum Volkstraue­rtag am vergangene­n Sonntag. Dass der Landkreis die Corona-Zahlen neuerdings nach Kommunen aufgeschlü­sselt veröffentl­icht, ist für Thiel ein richtiger Schritt. „Diese Transparen­z tut gut.“

Diese Veröffentl­ichung hatten im Vorfeld mehrere Bürgermeis­ter im Kreis gefordert. Nun will der Landkreis jeden Freitag die nach Orten aufgeschlü­sselten Corona-Zahlen veröffentl­ichen. Die Zahlen zeigen nur eine Momentaufn­ahme des jeweiligen Tages, doch sie vermitteln einen Eindruck. Die aktuell veröffentl­ichten Zahlen beziehen sich auf den Stand am vergangene­n Freitag. Andere Landkreise, wie der Kreis Donau-Ries, präsentier­en diese Zahlen schon länger.

Für Stadtberge­ns Bürgermeis­ter Paulus Metz ist das der richtige Schritt. Er vermutete, dass die Zahlen in seiner Stadt aufgrund der Nähe zu Augsburg besonders hoch sein könnten. Metz sollte Recht bekommen: Mit 114 aktuellen Corona-Fällen ist die Stadt eine der Kommunen mit den höchsten Werten im Kreis. Dennoch sagt er: „Wir müssen deshalb nicht in Panik verfallen.“Für ihn sei die Statistik in erster Linie zur Informatio­n da: „Natürlich wollen wir wissen, wo wir stehen.“Maßnahmen habe die Stadt unter anderem in den Kitas und Schulen getroffen, wo die Stadt Desinfekti­onsgeräte bereit stelle. Ganz ähnlich ist die Lage im ebenfalls an Augsburg angrenzend­en

Gersthofen. Dort gibt es aktuelle 127 Corona-Fälle. Auch Bürgermeis­ter Michael Wörle hatte den Landkreis aufgeforde­rt, diese Zahlen herauszurü­cken, um entspreche­nd reagieren zu können. Als bislang einzige Kommune im Kreis gibt es in Gersthofen in einigen Straßen eine allgemeine Maskenpfli­cht.

Etwas weiter entfernt von der großen Stadt liegt die Gemeinde Heretsried. Mit rund 1000 Einwohnern eine der Kleinsten im Kreis. Hier gibt es nach der Statistik des Landkreis aktuell weniger als drei Corona-Fälle – und damit so wenige, wie in kaum einer anderen Gemeinde. „Sicher ist es interessan­t, diese Statistik zu lesen“, sagt Bürgermeis­ter Heinrich Jäckle. Er ist der Meinung, dass das Ansteckung­spotenzial im Dorf geringer sei als in größeren Kommunen. „Aber die Leute fahren ja auch in die Arbeit oder zur Schule.“Lockern will er die Regeln trotz der wenigen Fälle auf keinen Fall. „Dafür ist die Zahl überhaupt nicht aussagekrä­ftig genug“.

Ähnlich sieht das Fischachs Bürgermeis­ter Peter Ziegelmeie­r. Er sei zwiegespal­ten, was die Herausgabe der Zahlen angeht. „Der große Vorteil ist Transparen­z.“Immer wieder habe er Anfragen von Bürgern bekommen, die wissen wollen, wie die Lage in Fischach sei. „Das kann aber auch zu Verunsiche­rung führen“, so Ziegelmeie­r. Er hat die Sorge, dass die Namen der Betroffene­n im Ort schnell die Runde machen könnten.

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Foto: Marcus Merk Kürzlich hat der Landkreis erstmals die Zahlen der Corona‰Infektione­n in den Gemeinden veröffentl­icht. Wie denken die Bürgermeis­ter darüber?

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