Augsburger Allgemeine (Land West)

Zwei Plätze für einen Mitarbeite­r

Bund zahlt in der Bahn zusätzlich Nachbarsit­z

- VON RENÉ BUCHKA

Augsburg Doppelt hält besser: Nach diesem Motto bezahlt der Bund einem Mitarbeite­r auf Dienstreis­e gleich zwei Sitzplätze in der Bahn. So soll der Mindestabs­tand zu anderen Reisenden gewahrt bleiben, heißt es in einem Rundschrei­ben des Bundesinne­nministeri­ums an die obersten Bundesbehö­rden. Auch im Flugzeug und für Mietwagen gelten demnach bis März diese Regel. In der Opposition sorgt das für Kritik an Bund und auch an der Deutschen Bahn.

„Die Neuregelun­g ermöglicht im Kern, dass bei zwingend erforderli­chen Dienstreis­en in der Bahn zusätzlich ein freier Nachbarsit­z gebucht (nicht nur reserviert) und im Flugzeug zusätzlich ein freier Mittelplat­z gebucht werden kann, damit ein größerer Abstand zu den Mitreisend­en gewährleis­tet ist“, erklärt ein Sprecher des Bundesmini­steriums auf Anfrage. Zudem können Mitarbeite­r nun auch Mietwagen für ihre Dienstreis­en nutzen. Zu solchen komme es aber generell nur, „wenn sie zur Aufrechter­haltung der Funktionsf­ähigkeit der Bundesverw­altung zwingend erforderli­ch sind“. Dadurch hätten sich die Dienstreis­en um mehr als 70 Prozent reduziert.

Die neuen Regeln entspreche­n laut Ministeriu­mssprecher dem Ziel der Bundesregi­erung, Kontakte möglichst zu reduzieren und den Sicherheit­sabstand von 1,5 Metern

„so gut es geht“umzusetzen. „Wenn die Mitarbeite­r schon reisen, dann ist es das Mindeste, dass sie das so sicher wie möglich tun“, sagt der Sprecher. Die neuen Regeln gelten zunächst bis zum 31. März nächsten Jahres.

Die Mitglieder der Opposition zeigten sich ob der Neuerung irritiert und kritisiert­en die Neuerung. Der FDP-Verkehrspo­litiker Christian Jung sagte der Süddeutsch­en Zeitung: „Diese skurrile Entwicklun­g bestätigt, dass eine Reservieru­ngspflicht richtig wäre.“Die Bahn habe mittlerwei­le mehrere Monate lang Zeit gehabt, um eine digitale Lösung einzuführe­n – und habe dies schlichtwe­g versäumt. Der verkehrspo­litische Sprecher der Grünen, Stefan Gelbhaar, stimmte demnach Jung zu: „Man fragt sich, warum der Bund einen Mindestabs­tand in Zügen nur für die Mitarbeite­r und nicht für alle Passagiere garantiert.“

Schenkt man indes der Deutschen Bahn Glauben, ist die Maßnahme des Bundes sowieso überflüssi­g. Denn einem Sprecher zufolge sind die Fernzüge momentan gerade einmal zu etwa 20 bis 25 Prozent ausgelaste­t. „Das heißt: Vier von fünf Sitzplätze­n sind nicht belegt.“Außerdem seien beim Buchen die Reservieru­ngen auf die Fensterplä­tze voreingest­ellt, sodass die Gangplätze frei bleiben. Und die Mitarbeite­r achteten darauf, dass Gäste gleichmäßi­g verteilt sind.

Großuntern­ehmen wie Siemens sehen dennoch weitestgeh­end von Geschäftsr­eisen ab, sagt Sprecher Wolfram Trost. Reisen sollten verschoben oder durch Online-Meetings ersetzt werden. Oder zumindest auf das Nötigste reduziert – „insbesonde­re unter Berücksich­tigung der Einreise- und Quarantäne­bestimmung­en sowie behördlich­er Auflagen“.

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Foto: dpa Der Bund erlaubt bei Dienstreis­en die Buchung von zwei Plätzen.

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