Augsburger Allgemeine (Land West)
Gesundheit und Freiheit
Timothy Snyder über die USA und Covid
Der letzte Satz ist einer, der gerade in Corona-Zeiten weit über die USA hinaus zu denken geben sollte: „Um frei zu sein, brauchen wir unsere Gesundheit, und für unsere Gesundheit brauchen wir einander.“Aber nicht nur hier trifft Timothy Snyder in „Die amerikanische Krankheit“einen Nerv, der jenseits der Oberfläche gegenwärtiger Erscheinungen entzündet liegt.
Snyder gehört zu den renommiertesten US-Historikern, und hat vor allem über die totalitären Abgründe des Menschseins Richtungsweisendes publiziert („Über Tyrannei“). Hier nun wird er persönlich. Denn der YaleProfessor hat Weihnachten vor einem Jahr plötzlich schwer erkrankt im Krankenhaus zugebracht, laboriert bis heute an den Folgen und notiert in vier Aufsätzen seine Beobachtungen aus dem Krankenhaus und seine Analysen über Gesundheit und Freiheit. Das bedeutet freilich auch herbe Kritik am US-System, vor allem unter Trump: „Es war schon viel zu leicht, in diesem Land zu sterben, bevor das Coronavirus in die Vereinigten Staaten gelangte. Unser stümperhafter Umgang mit der Pandemie ist das jüngste Symptom unserer Krankheit, einer Politik, die Schmerz und Tod statt Sicherheit und Gesundheit bringt, Profit für einige wenige statt Wohlstand für viele.“Aber darüber sollte man getrost auch hierzulande nachdenken statt querdenken.
Übs. v. Andreas Wirtensohn, C.H. Beck, 158 S., 12 ¤