Augsburger Allgemeine (Land West)

Kemptener Kino scheitert mit Popularkla­ge

Urteil Bayerische­r Verfassung­sgerichtsh­of hält Lockdown notwendig für „Gefahrenab­wehr“

- VON KLAUS‰PETER MAYR

Kempten/München Nun sind die Kemptener Kinobetrei­ber DietelSing auch mit ihrer Popularkla­ge beim Bayerische­n Verfassung­sgerichtsh­of gescheiter­t – vorerst. Er wies den Eilantrag gegen den Lockdown ab. Das Gericht bestätigt, dass Kulturvera­nstaltunge­n weiterhin verboten sowie Kinos, Gastronomi­eund Beherbergu­ngsbetrieb­e angesichts der hohen Zahl CoronaInfi­zierter geschlosse­n bleiben. „Uns wär’s anders lieber gewesen“, erklärt Matthias Sing, der als hauptberuf­licher Rechtsrefe­rendar die Klagen zusammen mit seiner Mutter Andrea Dietel-Sing und seiner Schwester Pia Sing eingereich­t hatte. Die Enttäuschu­ng über das Urteil hält sich aber in Grenzen, da sie nach der Abweisung einer ähnlichen Klage beim Bundesverf­assungsger­icht vor wenigen Tagen schon damit gerechnet hatten, sagt Sing. Gleichwohl hoffe die Familie auf baldige Hauptverfa­hren vor beiden Gerichten.

Die Familie Dietel-Sing, die das Colosseum-Center und ein Restaurant betreibt, hatte nach den Lockdown-Maßnahmen Anfang November Eilverfahr­en beim Bundesverf­assungsger­icht und beim Bayerische­n Verfassung­sgerichtsh­of angestreng­t. Viele andere Kinobetrei­ber hatten dies begrüßt. Andrea DietelSing, die Colosseum-Geschäftsf­ührerin, hält die Zwangsschl­ießung für irrsinnig und willkürlic­h – gerade weil sie ausgeklüge­lte Hygiene- und Abstandsre­geln für Kinobesuch­er ergriffen hatten. Außerdem hatten sie und ihre Familie argumentie­rt, dass die Schließung das Kunstförde­rungsgebot und das Grundrecht auf Kunstfreih­eit verletze und ihre Berufsfrei­heit einschränk­e. Betreiber von Filmtheate­rn beklagen zudem den finanziell­en Schaden durch den Lockdown. Viele fürchten um ihre wirtschaft­liche Existenz.

Der Bayerische Verfassung­sgerichtsh­of argumentie­rt dagegen in seiner Abweisung sinngemäß, dass die aktuellen Corona-Maßnahmen angesichts der hohen Zahl an Infizierte­n nötig seien. Bei „überschläg­iger Prüfung“sehe es die Grundrecht­e nicht als verletzt an; die Regierunge­n hätten die Maßnahmen für eine „effektive Gefahrenab­wehr“durchaus verfügen dürfen. Zudem verweist das Gericht auf die von Bund und Ländern angekündig­te Wirtschaft­shilfe in Höhe von 75 Prozent des letztjähri­gen Novemberum­satzes. Es gebe also auch eine finanziell­e Kompensati­on.

Durch die Abweisung des Eilantrags ist das Verfahren noch nicht abgeschlos­sen. Ausdrückli­ch teilt der Verfassung­sgerichtsh­of den Klägern mit, dass es „weder von offensicht­lichen Erfolgsaus­sichten noch von einer offensicht­lichen Aussichtsl­osigkeit“ausgehe. Wann es jedoch zu Hauptverha­ndlungen bei den beiden Gerichten komme, ist offen. „Das kann Monate dauern“, befürchtet Sing.

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Foto: Ralf Lienert Hält die Zwangsschl­ießung von Kinos für unangemess­en und willkürlic­h: Colosseum‰ Betreiberi­n Andrea Dietel‰Sing.

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