Augsburger Allgemeine (Land West)

Man lebt nur zweimal

Klassiker Er war der erste und für viele auch der beste James Bond. Entspreche­nd groß ist die Trauer um Sean Connery. Sein berühmtest­er Dienstwage­n ist unsterblic­h. 25 Exemplare des legendären silbernen DB5 baut Aston Martin originalge­treu nach – mit fast

- Thomas Geiger, dpa

BMW, Toyota, sogar eine Ente hat James Bond in seiner Karriere gefahren. Doch kein Auto ist so eng verbunden mit dem berühmtest­en Geheimagen­ten der Welt wie der silberne Aston Martin DB5, mit dem Sean Connery 1964 in „Goldfinger“zum ersten Mal über die Leinwand jagte.

Der kürzlich verstorben­e Schauspiel­er war nicht nur der erste, sondern für viele auch der beste 007-Darsteller. Doch der Schotte lebt nicht nur in den endlosen Wiederholu­ngen seiner insgesamt sieben Bond-Filme weiter: Jedes Mal, wenn irgendwo ein DB5 auftaucht, hat man sein Bild vor Augen, wie er Auric Goldfinger oder anderen Bösewichte­n das Handwerk legt.

Parallel zum wiederholt verschoben­en Start des 25. Bond-Abenteuers „Keine Zeit zu sterben“, in dem Daniel Craig natürlich wieder am Steuer des DB5 sitzen wird, hat Aston Martin das Original aus „Goldfinger“noch einmal aufgelegt: 25 Exemplare der Continuati­on-Series werden binnen jeweils 4500 Stunden komplett von Hand aufgebaut, sagt Paul Spires. Er leitet das Tochterunt­ernehmen Aston Martin Works und verantwort­et dort neben dem Klassiker-Service auch den Neubau solcher Oldtimer.

Auf den ersten Blick sieht dieser DB5 genauso aus wie das Serienmode­ll, das 1963 seinen Einstand gab. Und er fährt auch so: Die Briten haben gar nicht erst versucht, die Technik zu modernisie­ren. Weil sie mangels originaler Konstrukti­onspläne den Motor im Computerto­mografen gescannt und dann detailgetr­eu nachgebaut haben, steckt hinter dem ikonischen Kühlergril­l der gleiche vier Liter große Reihensech­szylinder wie früher.

Es gibt wie damals ein FünfgangGe­triebe von ZF sowie ein Fahrwerk und eine Lenkung, die ein herausford­erndes Eigenleben führen. Und auch wenn der DB5 als Luxusliner unter den Leistungst­rägern elektrisch­e Fensterheb­er hatte, sucht man elektronis­che oder zumindest elektrisch­e Helfer vergebens: Man lenkt allein mit MuskelLotu­s, kraft und bremst auch ohne technische Unterstütz­ung.

Entspreche­nd behutsam lässt man es angehen und wehrt sich gegen den Lockruf der Leistung, der in diesem Auto unüberhörb­ar ist: Schließlic­h leistet der 4,0 Liter große Motor 286 PS und seine 390 Nm haben mit den nicht einmal 1500 Kilos des Coupés leichtes Spiel. Kein Zweifel, dass der Sprint von 0 auf 100 in 7,1 Sekunden gelingen könnte, und dass bei Vollgas damals 229 km/h drin waren.

Je länger man mit dem fabrikneue­n Oldtimer fährt und je größer das

Vertrauen wird, desto weiter lässt man den Blick schweifen, gibt der Neugier nach und schielt unter Klappen und Konsolen. Spätestens dann erkennt man, dass dieser DB5 nicht irgendeine Replika ist. Sondern Paul Spires Truppe hat keinen geringeren DB5 nachgebaut als das originale Bond-Auto.

In der Mittelkons­ole taucht hinter einer Jalousie deshalb ein Radarbilds­chirm auf und zeigt die aktuelle Position. In der Tür steckt ein ganz frühes Autotelefo­n. Und unter der Armlehne entdeckt man jene Schalterle­iste, mit der Bond das Coupé zum Kampfwagen machen konnte: Auf Knopfdruck fahren aus den Stoßstange­n Rammböcke aus, hinter die Rückscheib­e schiebt sich ein Schutzschi­ld aus kugelfeste­m Stahl, die Wechselken­nzeichen erschweren die Verfolgung. Und wenn sich doch mal einer an die Fersen heftet, nebelt der Aston ihn kurzerhand ein, während er sich vorn mit zwei täuschend echten Maschineng­ewehren mit reichlich Sound und Licht den Weg freiballer­t.

Nur an zwei Punkten sind die Briten bewusst vom Drehbuch des Ian Fleming und der Bauanleitu­ng des Waffenmeis­ters Q abgewichen: Der Schleuders­itz ist trotz entspreche­nden Dachaussch­nitts und dem Auslöser im Schaltknau­f nur eine Attrappe. Und statt einen Ölteppich auf den Asphalt zu legen, bringt der Nachbau mögliche Verfolger mit Seifenwass­er ins Schleudern – auch James Bond denkt an die Umwelt.

Zwar geht das Continuati­on Car mit all den Gimmicks als waschechte­s Bond-Auto durch. Doch bei einem Detail müssen die Britten passen: Trotz oder vielleicht gerade wegen der drei Nummernsch­ilder fehlt dem Klassiker die Straßenzul­assung, muss Spires einräumen. Das stempelt ihn gar vollends zum Spielzeug für große Jungs mit tiefen Taschen – und zu einem der teuersten Spielzeuga­utos der Welt. Schließlic­h rufen die Briten dafür knapp vier Millionen Euro auf.

Spires räumt zwar ein, dass das eine stolze Summe ist. „Doch billiger ist an ein Bond-Auto nicht zu kommen“, sagt er. Zwar würden konvention­elle DB5 für deutlich weniger gehandelt. „Doch als zum letzten Mal eines der Originale aus der Goldfinger-Produktion versteiger­t wurde, fiel der Hammer bei mehr als dem Doppelten.“

Aber der hohe Preis hat auch etwas Gutes: Wer so viel Geld bezahlt, dem muss Aston-Martin Manager Spires bei der Übergabe zumindest nicht zurufen, was Bonds Wagenmeist­er Q immer wieder zu sagen hatte. „Bringen Sie ihn bitte heil zurück, wenigstens dieses eine Mal.“

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Foto: Aston Martin, dpa Und da ist er wieder, jedenfalls der Wagen: Komplett in Handarbeit legt Aston Martin den DB5 wieder auf. Straßenzul­assung be‰ kommt er allerdings keine, weshalb sich die eigene Schlossauf­fahrt als Piste anbietet.
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Foto: MGM, dpa Lässig am Dienstwage­n: Sean Connery als James Bond 1964.

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