Augsburger Allgemeine (Land West)

Die Nada hüllt sich in Schweigen

Hintergrun­d Eine Datenbank voller Dopingsünd­er verschwind­et. Warum? Chronologi­e eines Schriftwec­hsels

- VON ANDREAS KORNES

Augsburg Die Nationale Antidoping­agentur ist das Flaggschif­f im Kampf gegen Doping. Im vergangene­n Jahr hat die Nada 17498 Proben (Blut und Urin) bei Sportlern entnommen und in Laboren überprüfen lassen. Am häufigsten schauten die Dopingfahn­der bei den Leichtathl­eten (3011 Kontrollen) vorbei. Beeindruck­ende Zahlen. Weniger beeindruck­end ist, was die Fahnder fanden. 82 mögliche Verstöße gegen die Anti-Dopingbest­immungen listet die Nada in ihrem Jahresberi­cht 2019 auf. Das entspricht einem Anteil von knapp 0,5 Prozent.

Kritiker werfen der Nada schon lange vor, sie teste zielsicher an den Betrügern vorbei. In diversen Studien und anonymen Umfragen unter Sportlern gaben bis zu 30 Prozent der Befragten an, Dopingmitt­el zu nehmen. Mit der kaum existenten

Trefferquo­te der Nada lässt sich das nicht in Einklang bringen.

Immerhin: Die wenigen Fälle, die die Nada in den vergangene­n Jahren aufdeckte und ahndete, fanden sich in einer Datenbank auf der Homepage der Nada. Dort konnte die interessie­rte Öffentlich­keit nachlesen, wer in das nicht besonders engmaschig­e Netz der Kontrolleu­re geraten war. Im Sommer aber schmolz die Datenbank plötzlich zusammen. Immer mehr Fälle verschwand­en.

Eine Anfrage unserer Redaktion an die Nada im Juni wurde mit dem Hinweis beantworte­t, die Nada-jusDatenba­nk werde gerade überarbeit­et. Grund seien die für Deutschlan­d und Europa geltenden Datenschut­zbestimmun­gen, die offenbar jemand in der Nada-Zentrale entdeckt hatte. „Bis zum Abschluss dieses Reformproz­esses steht die Nada-jusDatenba­nk nur sehr eingeschrä­nkt zur Verfügung.“

In der vergangene­n Woche tat sich dann erneut Wundersame­s: Die Datenbank verschwand ganz. Eine erneute Anfrage wurde mit dem erneuten Hinweis auf den Datenschut­z beantworte­t. „Aktuell bewertet die für die Nada zuständige Datenschut­zbehörde die Art und den Umfang der Veröffentl­ichung von Sanktionse­ntscheidun­gen. Solange diese Rechtsfrag­e aber nicht eindeutig geklärt ist, nimmt die Nada eine sehr restriktiv­e Veröffentl­ichungspra­xis vor.“Bedeutet: Die Nada nahm die Datenbank komplett aus dem Netz. Immerhin: Im Fall der Fälle würden die zuständige­n nationalen und internatio­nalen Sportfachv­erbände informiert. In der Stellungna­hme heißt es dann noch, dass die Nada zu Beginn des nächsten Jahres zur Veröffentl­ichung von Sanktionse­ntscheidun­gen Stellung beziehen werde.

Im Wada-Code liest sich das alles etwas anders. Denn die Welt-Antidoping­agentur schreibt vor, dass spätestens zwanzig Tage nach einer endgültige­n Entscheidu­ng darüber, dass ein Verstoß gegen Anti-Doping-Bestimmung­en vorliegt, die zuständige Anti-Doping-Organisati­on öffentlich über diese Angelegenh­eit berichten müsse. Unter anderem die Sportart, der Name des Athleten, der verbotene Stoff oder die verbotene Methode sowie die auferlegte­n Konsequenz­en müssten genannt werden.

Auf erneute Nachfrage antwortet eine Nada-Sprecherin, dass ein Anspruch auf „öffentlich­e Berichters­tattung“auf der Basis einer OnlineDate­nbank der Nada nicht existiere. Eine Alternativ­e wird nicht genannt. Es folgt viel Text im besten Beamtenspr­ech. Die Nada als private Stiftung des Bürgerlich­en Rechts in Deutschlan­d sei nicht nur den Vorgaben der Wada sondern vor allem und vorrangig den geltenden Gesetzen in Deutschlan­d unterworfe­n. Und natürlich taucht auch sie wieder auf: die Europäisch­e Datenschut­z-Grundveror­dnung.

Der Wada sei bewusst dass sich die Veröffentl­ichungspra­xis an den gesetzlich­en Vorgaben des Datenschut­zes und den jeweiligen zuständige­n Prüfinstan­zen in einem Staat auszuricht­en habe. Gemeinsam mit den zuständige­n Datenschut­zbehörden setze sich die Nada dafür ein, „eine zulässige Veröffentl­ichungsfor­m unter Berücksich­tigung der datenschut­zrechtlich­en Vorschrift­en und der komplexen Interessen­lage zu erreichen“.

Was nach all dem Schriftver­kehr bleibt? Eine verschwund­ene Datenbank. Und die Hoffnung, dass irgendwann irgendwas irgendwo veröffentl­icht wird. Bis dahin kontrollie­rt die Nada fleißig weiter. Wer will schon wissen, was sie findet?

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