Augsburger Allgemeine (Land West)
SGL baut Stellen ab, verzichtet aber auf Kündigungen
Wirtschaft Nach der Ankündigung von Stellenstreichungen protestieren die Beschäftigten in Meitingen dagegen. Jetzt erringen sie zumindest einen Teilerfolg
Meitingen Beim geplanten Stellenabbau in Meitingen will KohlefaserSpezialist SGL Carbon bis auf Weiteres auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten. Das ist ein Ergebnis der bisherigen Verhandlungen zwischen Arbeitnehmervertretern und Management, wie Betriebsratsvorsitzender Markus Stettberger auf Anfrage unserer Redaktion sagte.
Die Arbeitnehmer-Vertreter der Standorte in Bonn und Meitingen hätten mit der Konzernspitze eine Lösung ausgehandelt, „die aus unserer Sicht im Rahmen der Möglichkeiten erträglich ist“, wie Stettberger am Mittwoch sagte. Ganz wichtig sei gewesen, dass die Arbeitnehmervertreter beider Standorte an einem Strang gezogen hätten. Für Meitingen bedeutet das: In den nächsten Wochen werden Freiwillige gesucht, die das Unternehmen verlassen wollen oder sich innerhalb der Firma verändern. Sozial abgefedert werden soll das beispielsweise durch Altersteilzeitregelungen und Abfindungen. Im Februar oder März soll laut Stettberger Bilanz gezogen werden, ob der eingeschlagene Weg funktioniert. Das bedeutet – und das ist dem Betriebsratschef wichtig -, dass es bis Ende März keine betriebsbedingten Kündigungen gibt, das Unternehmen also niemanden entlässt, weil es für ihn keine
Arbeit mehr hat. Stettberger erwartet dennoch in den kommenden Wochen schwierige Gespräche, wenn nach Lösungen für die betroffenen Mitarbeiter und Bereiche gesucht werden muss. Ende Oktober hatte die Wiesbadener SGL angekündigt, weltweit 500 Stellen zu streichen, um Kosten zu drücken. Im größten Unternehmensstandort in Meitingen sollen 159 Jobs gestrichen werden. Dagegen wollten sich
Beschäftigte und Gewerkschaft zur Wehr setzen. Betroffen sind, wie SGL-Standortleiter Markus Partik jetzt bei einem Besuch des FWLandtagsabgeordneten Fabian Mehring erläuterte, insbesondere ehemalige Service-Leistungen für das vor der Schließung stehende japanische Unternehmen Showa Denko sowie weitere Stellen im Bereich von Forschung und Entwicklung.
In diesem Zusammenhang begrüßte Mehring die Ankündigung der SGL-Führung, bis auf Weiteres auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten und auf einen sozialverträglichen Abbau im Rahmen einvernehmlicher Lösungen zu setzen. Das solle Mitarbeitern auch einen Stellenwechsel mit Abfindung ermöglichen. Mehring: „Bei aller Enttäuschung ist das ein begrüßenswertes Signal, mit dem die SGLFührung zeigt, dass sie auch in schwierigen Zeiten zu ihrer sozialen Verantwortung steht.“Mit mehr als 1000 Beschäftigten sei das Unternehmen
ein „industrielles Herzstück unserer Heimat, das seit Jahrzehnten maßgeblich zu Wohlstand und Beschäftigung in der Region beiträgt“. Das soll trotz der derzeitigen Situation auch so bleiben. So berichtete Partik über Investitionen in den Standort und sprach von erfreulichen Entwicklungen im Bereich der Brennstoffzellen-Komponentenfertigung. Der Politiker Mehring sieht deshalb „Licht am Ende des Tunnels“. Mittelfristig werde die SGL fit für einen grundsätzlichen Aufschwung, glaubt Mehring.
In diesem Zusammenhang kamen die Gesprächspartner laut einer Pressemitteilung auch überein, den coronabedingt vertagten Besuch von Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) nachzuholen, sobald die Pandemie dies zulässt. „Dann können wir womöglich bereits unsere neue Fertigungsanlage für die Brennstoffzelle präsentieren“, zeigt sich Partik optimistisch.