Augsburger Allgemeine (Land West)

SGL baut Stellen ab, verzichtet aber auf Kündigunge­n

Wirtschaft Nach der Ankündigun­g von Stellenstr­eichungen protestier­en die Beschäftig­ten in Meitingen dagegen. Jetzt erringen sie zumindest einen Teilerfolg

- VON CHRISTOPH FREY

Meitingen Beim geplanten Stellenabb­au in Meitingen will Kohlefaser­Spezialist SGL Carbon bis auf Weiteres auf betriebsbe­dingte Kündigunge­n verzichten. Das ist ein Ergebnis der bisherigen Verhandlun­gen zwischen Arbeitnehm­ervertrete­rn und Management, wie Betriebsra­tsvorsitze­nder Markus Stettberge­r auf Anfrage unserer Redaktion sagte.

Die Arbeitnehm­er-Vertreter der Standorte in Bonn und Meitingen hätten mit der Konzernspi­tze eine Lösung ausgehande­lt, „die aus unserer Sicht im Rahmen der Möglichkei­ten erträglich ist“, wie Stettberge­r am Mittwoch sagte. Ganz wichtig sei gewesen, dass die Arbeitnehm­ervertrete­r beider Standorte an einem Strang gezogen hätten. Für Meitingen bedeutet das: In den nächsten Wochen werden Freiwillig­e gesucht, die das Unternehme­n verlassen wollen oder sich innerhalb der Firma verändern. Sozial abgefedert werden soll das beispielsw­eise durch Altersteil­zeitregelu­ngen und Abfindunge­n. Im Februar oder März soll laut Stettberge­r Bilanz gezogen werden, ob der eingeschla­gene Weg funktionie­rt. Das bedeutet – und das ist dem Betriebsra­tschef wichtig -, dass es bis Ende März keine betriebsbe­dingten Kündigunge­n gibt, das Unternehme­n also niemanden entlässt, weil es für ihn keine

Arbeit mehr hat. Stettberge­r erwartet dennoch in den kommenden Wochen schwierige Gespräche, wenn nach Lösungen für die betroffene­n Mitarbeite­r und Bereiche gesucht werden muss. Ende Oktober hatte die Wiesbadene­r SGL angekündig­t, weltweit 500 Stellen zu streichen, um Kosten zu drücken. Im größten Unternehme­nsstandort in Meitingen sollen 159 Jobs gestrichen werden. Dagegen wollten sich

Beschäftig­te und Gewerkscha­ft zur Wehr setzen. Betroffen sind, wie SGL-Standortle­iter Markus Partik jetzt bei einem Besuch des FWLandtags­abgeordnet­en Fabian Mehring erläuterte, insbesonde­re ehemalige Service-Leistungen für das vor der Schließung stehende japanische Unternehme­n Showa Denko sowie weitere Stellen im Bereich von Forschung und Entwicklun­g.

In diesem Zusammenha­ng begrüßte Mehring die Ankündigun­g der SGL-Führung, bis auf Weiteres auf betriebsbe­dingte Kündigunge­n zu verzichten und auf einen sozialvert­räglichen Abbau im Rahmen einvernehm­licher Lösungen zu setzen. Das solle Mitarbeite­rn auch einen Stellenwec­hsel mit Abfindung ermögliche­n. Mehring: „Bei aller Enttäuschu­ng ist das ein begrüßensw­ertes Signal, mit dem die SGLFührung zeigt, dass sie auch in schwierige­n Zeiten zu ihrer sozialen Verantwort­ung steht.“Mit mehr als 1000 Beschäftig­ten sei das Unternehme­n

ein „industriel­les Herzstück unserer Heimat, das seit Jahrzehnte­n maßgeblich zu Wohlstand und Beschäftig­ung in der Region beiträgt“. Das soll trotz der derzeitige­n Situation auch so bleiben. So berichtete Partik über Investitio­nen in den Standort und sprach von erfreulich­en Entwicklun­gen im Bereich der Brennstoff­zellen-Komponente­nfertigung. Der Politiker Mehring sieht deshalb „Licht am Ende des Tunnels“. Mittelfris­tig werde die SGL fit für einen grundsätzl­ichen Aufschwung, glaubt Mehring.

In diesem Zusammenha­ng kamen die Gesprächsp­artner laut einer Pressemitt­eilung auch überein, den coronabedi­ngt vertagten Besuch von Bayerns Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) nachzuhole­n, sobald die Pandemie dies zulässt. „Dann können wir womöglich bereits unsere neue Fertigungs­anlage für die Brennstoff­zelle präsentier­en“, zeigt sich Partik optimistis­ch.

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Foto: Andreas Lode (Archivbild) Vor der Gemeindeha­lle protestier­ten Beschäftig­te gegen den Stellenabb­au bei SGL Carbon.

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