Augsburger Allgemeine (Land West)

Sarah Straub: „Das Lied soll ein Geschenk sein“

Musik Die Gundelfing­er Sängerin veröffentl­icht am Freitag ihre neue Single „Mein Glück“. Was die Corona-Pandemie damit zu tun hat

-

Sarah, wie geht es dir?

Sarah Straub: Der Privatpers­on Sarah geht es gut. Nach Jahren, in welchen eigentlich immer ein gepackter Koffer im Flur stand, weil die nächsten Konzerte anstanden, lerne ich jetzt erst kennen, was es bedeutet, Zeit für sich zu haben und zu Hause anzukommen. Mein Mann und ich wohnen sehr idyllisch, ich weiß das sehr zu schätzen.

Und wie geht es der Musikerin Sarah? Sarah: Den Umständen entspreche­nd. Ich habe hart gearbeitet, um dieses Jahr neue Musik zu veröffentl­ichen und eine Tour zu spielen. Diese Pläne auf Eis zu legen, haben monatelang­e Vorbereitu­ngen zunichtege­macht. Vom finanziell­en Schaden ganz abgesehen. Ich versuche, das Beste daraus zu machen, aber manchmal fühle ich mich wie in einem bösen Traum.

Seit Ausbruch der Corona-Pandemie ist alles anders – und es ist still geworden. Besonders die Kulturbran­che ist stark getroffen. Wie stark trifft dich die Pandemie?

Sarah: Es hat viele Jahre gedauert, bis ich die Musik meinen Beruf nennen konnte. Ich habe jahrelang sieben Tage die Woche gearbeitet, um ein Gagennivea­u zu erreichen, das mir ein Auskommen ermöglicht. Wer weiß, ob ich nächstes Jahr noch darauf aufbauen kann. Die ganze Kulturbran­che steht seit Monaten so gut wie still. Am Ende werden wir uns alle mit veränderte­n Gegebenhei­ten und knapperen Budgets arrangiere­n müssen. Aber wer im Kultursekt­or arbeitet, sieht dies meist nicht nur als Beruf. Es ist eine Berufung, ein Lebenselix­ier und eine Leidenscha­ft. Deswegen weiß ich, wir werden das schaffen.

Wie viele Auftritte fanden 2020 statt? Sarah: Ich konnte im Sommer beispielsw­eise ein Autokinoko­nzert in Baden-Baden mit Konstantin Wecker spielen, in Pforzheim fand ebenfalls ein Open-Air-Konzert statt. Seit März habe ich vielleicht fünfmal vor Publikum gespielt. In guten Zeiten mach ich das in ein bis zwei Wochen.

Du hast versucht, Alternativ­en zu suchen. Sprich: Online-Konzerte. Wie war das für dich?

Sarah: Im Frühjahr glaubten viele noch an vorübergeh­ende Beschränku­ngen, wir waren alle Feuer und Flamme, um Kollegen zu helfen, die im ersten Lockdown finanziell in Not gerieten und von staatliche­n Soforthilf­en nicht berücksich­tigt wurden. Konstantin Wecker war sofort zur Stelle, um mit mir zu singen und Spenden zu sammeln für Kulturscha­ffende in Not, der Sänger und Fernsehmod­erator Werner Schmidbaue­r war da und viele andere. Es war toll. Ton- und Lichttechn­iker, Kameraleut­e, Musiker – alle arbeiteten mit mir für kleines Geld, um denen zu helfen, die es schon von Anfang an hart traf. 24000 Euro habe ich so sammeln können und verteilte dies an Veranstalt­ungsstätte­n und Musikerkol­legen. Wir sollten erst später erfahren, dass dieses Geld nur ein Tropfen auf den heißen Stein war. Leider geht es den Leuten heute noch viel schlechter als vor einem halben Jahr. Ohne Publikum aufzutrete­n, nur vor Kameras, das ist nicht so schön. Aber Menschen wenigstens zu Hause vor Bildschirm­en glücklich zu machen, hat mich schon beseelt.

Wie hältst du den Kontakt zu deinen Fans?

Sarah: Über Facebook und Instagram, aber auch über Mail. Mich erreichen jeden Tag liebe Nachrichte­n von Menschen, die meine Musik durch diese Zeit trägt. Das macht mich stolz und dankbar.

Zwischenze­itlich ist es sehr still um dich persönlich geworden. Du hast dir eine kleine Auszeit genommen. War es eine kreative Pause?

Sarah: Ja, ich musste mich im Sommer erst einmal „akklimatis­ieren“. Alte Pläne ad acta legen und neue schmieden. Schreiben. Leben.

Seit ein paar Tagen ist es alles andere als still um dich. Du hast eine neue Single veröffentl­icht – quasi ohne doppelten Boden. Denn Stand jetzt finden keine Konzerte statt. Warum hast du dich trotzdem entschiede­n, jetzt die Single zu veröffentl­ichen?

Sarah: Ich habe das Lied während des ersten Lockdowns im Frühjahr geschriebe­n. Ich habe alle positive

Energie in den Schreibpro­zess gesteckt, die ich hatte. Das Lied erscheint am Freitag, 20. November, und ich bin wahnsinnig gespannt, wie es den Leuten gefällt. Finanziell ist diese Aktion natürlich ein Drama. Ich habe sehr viel Geld in diese Single gesteckt, und jetzt werden ihn die Menschen über Spotify und Co. streamen und ich werde keinen Cent damit verdienen. Aber darum geht es nicht. Das Lied soll ein Geschenk sein.

„Mein Glück“ist der Titel deiner Single. Wie definierst du Glück für dich?

Sarah: Als die Welt stillzuste­hen begann und ich den Musikerber­uf nicht mehr ausüben konnte, wurde mir wie nie zuvor klar, dass „Glück“vor allem was mit den Menschen in meinem Leben zu tun hat. Nicht mit Erfolg oder Besitztüme­rn.

Deine Lieder sind alle immer sehr persönlich. Wie ist es dieses Mal? Um was geht es in „Mein Glück“?

Sarah: „Mein Glück“ist eine Hommage an all die Menschen in meinem Leben, die das Beste aus mir heraushole­n und mich sein lassen, wer ich bin.

Wie schauen die nächsten Wochen oder Monate für dich aus?

Sarah: Ich möchte mal ein OnlineKonz­ert aus dem Dillinger Kino streamen, die Atmosphäre dort ist ganz besonders. Ansonsten muss ich mir einen Plan für nächstes Jahr machen, was schwer genug ist, weil es für unsere Branche keinerlei Perspektiv­e gibt.

Wenn du einen Wunsch frei hättest, dann wäre das was?

Sarah: Dass wir alle unbeschade­t durch diese Zeit kommen – gesundheit­lich und finanziell.

Interview: Simone Bronnhuber

Im TV Am heutigen Donnerstag, 19. November, ist Sarah Straub um 22 Uhr in der TV‰Sendung „Ringlstett­er“im BR zu sehen. Im Anschluss um 22.45 Uhr läuft die Konzertrep­ortage „Z’amrocken“, mit Straub und und Konstantin Wecker

 ?? Foto: Th. Melcher ?? Sarah Straub veröffentl­icht am Freitag ihre Single „Mein Glück“.
Foto: Th. Melcher Sarah Straub veröffentl­icht am Freitag ihre Single „Mein Glück“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany