Augsburger Allgemeine (Land West)
Streit um Kneippanlage
Freizeit Anwohner in der Nähe des Kneippbeckens in Stadtbergen ärgern sich über Treffen und Lärm an der neu gebauten Anlage zum Abkühlen. Was sie jetzt in einem Bürgerantrag fordern
Anwohner in der Nähe des Kneippbeckens in Stadtbergen ärgern sich über Treffen und Lärm an der neu gebauten Anlage. Was sie jetzt in einem Antrag fordern.
Stadtbergen August-AbensteinWeg. Fast vier Stunden dauerte die jüngste Sitzung des Sicherheits- und Verkehrsausschusses (SVA) der Stadt Stadtbergen. Ein Antrag der Anwohner an der Kneippanlage sorgte für eine lebhafte Debatte der Stadträte. Seit Jahren ärgern sich Nachbarn über Lärm, der von den Besuchern der Anlage ausgehen soll. Auch die Geräusche der Sportgeräte am Mehrgenerationenpark sind für die Anwohner ein Problem. Bei dem Thema kochen die Emotionen hoch.
Der Antrag der Bewohner, der auch unserer Redaktion vorliegt, ist umfassend. Unter anderem fordern sie die Anpassung der Öffnungszeiten der Kneippanlage. Ab 18 Uhr soll Schluss sein, eine Mittagsruhe von 12 bis 14 Uhr vorgeschrieben werden. Sie fordern außerdem, auf einem Schild zu konkretisieren, dass die Anlage eine Ruhezone ist und Rücksicht auf die Nachbarn genommen werden sollte. Der Grund: In den Augen der Anwohner wird die Kneippanlage „zweckentfremdet“.
Echte „Kneippianer“könnten das Becken häufig nicht nutzen, „weil sich Kleinkinder und ältere Kinder im Becken aufhalten, planschen, spritzen und vom Beckenrand springen und heftig lärmen“. Der Antrag fordert auch, entlang des August-Abenstein-Weges einen Lärmschutz anzubringen. Alles in allem verlange man von den Anwohnern „Rücksichtnahme und Toleranz“, gestehe ihnen das aber nicht zu, so der Antrag.
Doch die Anwohner beschweren sich nicht nur über lärmende Kinder. Die Anlage sei auch zum beliebten Treffpunkt für Erwachsene geworden und „laute Treffen von Jugendlichen mit Musik und Alkohol“würden zur Gewohnheit. Das „Durcheinander“gleiche im Sommer ab dem Vormittag einem Rummelplatz und steigere sich bis in den späten Abend hinein. Eine Anwohnerin kommentierte in der Sitzung laut: „Ich verstehe in meinem Garten jedes Wort.“Die Gesprächsthemen der Erwachsenen seien teils „unappetitlich“.
Gerade für die Anwohner ist das Thema sehr emotional. Bürgermeister Paul Metz musste eine Zuschauerin mehrmals ermahnen, die Beratungen nicht zu unterbrechen. „Sie verlangen von Kindern, dass sie sich an Regeln halten, also tun Sie das bitte auch hier. Ich will nicht vom Hausrecht Gebrauch machen“, sagte er nach dem vierten Zwischenruf.
In seinen Ausführungen ging der Bürgermeister grundsätzlich auf das Thema Lärm in einer Gemeinde ein. Er erwähnte die 24 öffentlichen Spielplätze in Stadtbergen, die Kindergärten und die Wertstoffinseln. „In einer Gemeinschaft muss man bestimmte Dinge tolerieren“, sagte er und ergänzte, dass er regelmäßig am Schlaugraben spazieren gehe, um sich selbst ein Bild von der Situation zu verschaffen. „Ich habe dort aber kein einziges Mal eine Situation vorgefunden, auf die diese Beschreibung zutrifft“, erklärte er mit Verweis auf den Bürgerantrag.
Auch Markus Voh, der Leiter des Ordnungsamtes, kann die Schilderungen im Antrag nicht bestätigen. Es komme zwar vor, dass sich Jugendliche abends an der Kneippanlage treffen, dass das regelmäßig der Fall sei, habe der Ordnungsdienst bisher nicht bestätigen können.
Im Sicherheits- und Verkehrsausschuss wurde der Antrag heftig diskutiert. Bärbel Schubert (SPD) zum Beispiel erklärte, dass sie die Anwohner verstehen könne. Sie habe auch schon gehört, dass Kinder sehr laut an der Kneippanlage spielen. Sie bestätigte auch, dass die Anlage teils als Planschbecken zweckentfremdet würde. „Das sehe ich nicht ein“, erklärte sie.
Auch für Günther Oppel (Pro Stadtbergen) ist die Zweckentfremdung der Anlage das eigentliche Problem. „Wir wollen doch eine vernünftige Nutzung für alle“, sagte Oppel und bezog sich dabei auf das Argument der Anwohner, dass „Kneippianer“die Anlage kaum mehr nutzen könnten. Roswitha Merk (CSU) hingegen erinnerte sich an ihre eigene Kindheit, in der sie hin und wieder auch über die Grenzen des Erlaubten hinaus Lärm machen durfte. „Ich will auch den nächsten Generationen etwas Freiheit gönnen“, erklärte sie. Sie habe auf ihrem Fahrradweg in die Arbeit im Sommer kein „Halligalli“an der Anlage feststellen können. „Vielleicht ist das, was wir hier auf der Tagesordnung haben, ein gesellschaftliches Problem“, sagte Roswitha Merk. Die grundsätzliche Frage nach Rücksicht und Toleranz könne man aber nicht an der Stadtberger Kneippanlage lösen.
Nach der Diskussion ging das Gremium die einzelnen Punkte im Antrag der Bürger durch. Abgelehnt wurden zum Beispiel die veränderten Öffnungszeiten. Es bleibt also bei einer legalen Nutzung von sieben bis 22 Uhr. Auch gegen die Einrichtung eines Lärmschutzwalls am August-Abenstein-Weg sprach sich das Gremium mehrheitlich aus. Ebenso abgewiesen wurde die Forderung der Anwohner, den BocciaPlatz, der als Fußballplatz missbraucht werde, in eine Blühwiese zu verwandeln.
An einigen Stellen gingen die Stadträte aber auch auf die Anwohner zu. Zum Schild vor der Kneippanlage wird es beispielsweise einige Ergänzungen geben, unter anderem die Bitte, auf die Nachbarn Rücksicht zu nehmen.