Augsburger Allgemeine (Land West)
Warum man manchmal auf Handwerker warten muss
Dienstleitung Wer während des Lockdowns Arbeiten erledigen lassen will, braucht mitunter Geduld. Woran das liegt
Die eigene Wohnung ist dank Corona für viele Menschen gerade der Lebensmittelpunkt. Wenn man so viel Zeit zu Hause verbringt, stößt man auf die kleinen und größeren Unzulänglichkeiten, die sich über die Jahre hier entwickelt haben. Wer die Badfliesen aus den 1970er Jahren oder die alte Küche von den Schwiegereltern nicht mehr sehen mag, kommt vielleicht auf die Idee, sich nach einem Handwerker umzusehen, der Abhilfe schafft. Viele sind dann überrascht, dass die Augsburger Handwerksunternehmen trotz der Krise nicht auf Aufträge warten. Zumindest für größere Projekte sollte man Zeit und Geduld mitbringen, heißt es von der Handwerkskammer für Schwaben (HWK).
„Gerade die Bau- und Ausbauhandwerke sind mit ihrer Geschäftslage weitgehend zufrieden und haben eine gute bis zufriedenstellende Auftragslage“, weiß HWK-Sprecherin
Monika Treutler-Walle. Da Handwerker trotz des Lockdowns arbeiten durften, gab es hier auch keine größeren Einbrüche. Durchschnittlich seien die Auftragsbücher für elf Wochen gefüllt – wobei es bei den Gewerken Unterschiede gebe, so Treutler-Walle.
Soll es beispielsweise eine neue Küche oder ein neues Bad sein, müssten darüber hinaus oft mehrere Handwerksfirmen koordiniert werden. „Räume müssen vorbereitet, vielleicht Fliesen abgemacht werden. Eventuell braucht es auch einen Installateur oder einen Elektriker, weil Anschlüsse versetzt oder andere Sanitäreinrichtungen eingebaut werden müssen“, so TreutlerWalle.
Ein coronabedingtes „Nadelöhr“sei die Materialbeschaffung. Wenn Handwerker auf Fliesen aus Italien warten müssten, könne das das ganze Projekt verzögern. Die Lieferketten seien noch nicht wieder intakt, heißt es seitens der HWK.
Schneller geht es, wenn sich jemand um die kaputte Herdplatte kümmern soll oder der tropfende Kaffeevollautomat zum Kundendienst muss. Allerdings ist in Augsburg die Auswahl an Reparatur-Unternehmen gering. Nur noch wenige Firmen hätten Interesse, sich mit kaputter Technik auseinanderzusetzen, sagt Stefan Langenwalter, Geschäftsführer beim HaushaltsgeräteReparaturservice Blitzblume in Oberhausen. Derzeit müssten Kunden ein bis zwei Tage warten, bis sich ein Servicetechniker bei ihnen zu Hause das defekte Gerät ansieht.
Die Leute kauften billige Technik in Märkten oder im Internet – diese Händler böten zumeist gar keinen Service mehr an, so Langenwalter. Und auch für die meisten Haushaltsgeräteoder Unterhaltungselektronik-Fachgeschäfte sei es nicht attraktiv, sich mit kaputten Geräten herumzuschlagen. „Die meisten wollen lieber verkaufen und nicht reparieren“, weiß der Techniker.
„Mit Reparaturen verdient man nicht viel Geld – für uns ist das eine Philosophiefrage“, betont Langenwalter. Denn die meisten Geräte könnten mit geringem Aufwand wieder auf Vordermann gebracht werden – was Ressourcen und die Umwelt schone. Gerade jüngere
Kunden kämen gar nicht mehr auf die Idee, ein defektes Gerät reparieren zu lassen. Die Corona-Krisewirkt sich auch auf die Reparaturdienste aus, „Im April und Mai kam plötzlich von einem Tag auf den anderen gar kein Auftrag mehr rein – jetzt sind die Kunden nur etwas verhalten“, schildert Langenwalter.
Servicetechniker Thomas Langenwalter, trotz Namensgleichheit mit dem Chef nicht verwandt, bekommt vor Ort bei den Kunden täglich zu spüren, wie ängstlich – oder auch völlig sorglos – die Menschen gerade einen Handwerker in ihre Wohnung bitten. „Oft heißt es schon am Telefon ,Kommen Sie aber ja nicht ohne Maske‘ “, weiß er zu berichten. Vor allem ältere Menschen, aber auch Kunden, die beruflich mit dem Gesundheitssystem zu tun haben, achteten gerade penibel auf Maskenpflicht und Hygiene. „Das ist gerade eben so, und die Maske behindert mich ja nicht beim Arbeiten“, sagt der Elektroniker.