Augsburger Allgemeine (Land West)

In 13 Minuten von Stadtberge­n zur Uni

Verkehr In Stadtberge­n wollen Stadträte das ÖPNV-Konzept des Leitershof­ers Michael Finsinger unterstütz­en

- VON TOBIAS KARRER

Stadtberge­n Michael Finsinger aus Stadtberge­n ist eigentlich Elektroing­enieur. Seit einiger Zeit aber engagiert er sich für mehr Klimaschut­z. Vor etwa zwei Jahren fiel ihm auf, dass er mit dem eigenen Auto von Stadtberge­n an die Universitä­t Augsburg weniger als zehn Minuten braucht.

Mit dem Fahrrad ist er in etwa 25 Minuten am Ziel, die langsamste Verbindung ist die Straßenbah­n, die noch etwas länger braucht. Das will Finsinger ändern.

Diese Problemlag­e war der Ausgangspu­nkt für seine Beschäftig­ung mit dem öffentlich­en Nahverkehr im Ballungsra­um Augsburg. „Meine Vision ist ein gut vernetzter ÖPNV, der schneller ist als der Individual­verkehr und auch günstiger“, erklärte der Stadtberge­r in der jüngsten Sitzung des Sicherheit­s-, Wohnungsun­d Verkehrsau­sschusses (SWVA) der Stadt, in dem er sein Konzept für den Nahverkehr der Zukunft vorstellen durfte. Bei den Stadträten kommen seine Ideen gut an.

Michael Finsinger hat eine Menge öffentlich zugänglich­er Daten zusammenge­tragen und bei den zuständige­n Behörden nachgefrag­t, um den Verkehr im Ballungsra­um Augsburg im Zusammenha­ng mit den Klimaschut­zzielen des Bundes darzustell­en. Im Jahr 2019 wurde festgelegt, dass der Energiever­brauch im Verkehr im Vergleich zum Jahr 1990 um 55 Prozent verringert werden sollte. Das Problem: Der Verbrauch sei in den vergangene­n Jahren gestiegen. Man müsse nun um 61 Prozent herunterfa­hren, so Finsinger.

Ein Ziel, das laut dem Stadtberge­r nur durch die Verringeru­ng des Individual­verkehrs und einen besseren ÖPNV erreicht werden kann. Bedenklich ist in diesem Zusammenha­ng, dass der AVV seit zehn Jahren Fahrgäste verliert und Menschen nach wie vor auf das eigene Auto umsteigen.

Das Angebot sei schlicht nicht attraktiv genug, erklärte der Stadtberge­r und verwies auf seine Ausführung­en zur Strecke an die Universitä­t Augsburg. Er sieht vor allem regionale Akteure in der Pflicht und fordert, dass sich die Kommunen und der Landkreis freiwillig den Klimaschut­zzielen im Verkehrsse­ktor verschreib­en sollten. Mit einem entspreche­nden Antrag hatte er in der Bürgervers­ammlung der Stadt Stadtberge­n bereits Erfolg.

Herzstück von Michael Finsingers ÖPNV- und Klimaschut­zkonzept sind Schnellbus­linien entlang der viel befahrenen Straßen A8,

B17, B2 und B300 rund um Augsburg. Ein Beispiel: Auf der B17 fahren jeden Tag 73.000 Pkw an Stadtberge­n vorbei. Eine Schnellbus­linie, die zu den Stoßzeiten im Fünf-Minuten-Takt verkehrt, könnte etwa 12.000 Autos von der Straße holen und die Fahrzeit von Stadtberge­n an die Universitä­t mit öffentlich­en Verkehrsmi­tteln auf 13 Minuten verkürzen.

Das Gleiche gilt den Berechnung­en zufolge für die anderen Bundesstra­ßen. An der B300 würden etwa 40 Prozent der Pkw eingespart, an der B2 Richtung Norden wären es sogar 42 Prozent. Im Idealfall fahren die Busse auf einer eigenen Busspur und sind daher unabhängig vom häufig zäh fließenden Verkehr.

Der Stadtberge­r hat sich auch bereits Gedanken über die Vernetzung des Schnellbus­netzes mit der Schiene gemacht.

Schnellbus­kreuze könnten zum Beispiel an der Universitä­t mit direkter Verbindung zum Bahnhof Augsburg Messe oder am Fernbusbah­nhof im Norden Augsburgs entstehen. Außerdem regt er an, Zug und Straßenbah­n im Ballungsra­um, also zum Beispiel in Neusäß oder Gersthofen, besser zu vernetzen.

Alles in allem kommt Michael Finsingers Konzept gut bei den Stadtberge­r Stadträten an. Thomas Miehler (Grüne) fragte konkret nach: „Wie können wir das jetzt unterstütz­en?“

Paul Metz erklärte, dass die Mitglieder des Gremiums ihre politische­n Kontakte nutzen sollten, um das Konzept zu verbreiten und darauf hinzuarbei­ten, „dass es in diese Richtung geht“. Er selbst werde die Planungen mit in den Kreistag nehmen.

Besonders wichtig ist dieser politische Druck, da heuer Ausschreib­ungen anstehen. Das Mobilitäts­konzept des Landkreise­s, der Gesamtverk­ehrsplan und der Nahverkehr­splan der Stadt Augsburg sollen laut Finsinger überarbeit­et werden. Auf Nachfrage erfuhr der Stadtberge­r auch, dass es weder im Landkreis noch in der Stadt Augsburg bisher konkrete Beschlüsse zur Reduzierun­g der Treibhausg­asemission­en im Verkehrsse­ktor gibt.

Dass das Konzept des Stadtberge­rs mehr ist als eine Idee, zeigt nicht nur die Fülle an Faktoren, die er bei der Ausarbeitu­ng bedacht hat, sondern auch die Tatsache, dass er bereits positive Rückmeldun­gen von anderen Stellen bekommen hat. Das Potenzial sehe man zum Beispiel bei den Stadtwerke­n Augsburg, sagte Michael Finsinger und erwähnte Europapoli­tiker, die sich sein Konzept als Modell für andere Ballungsrä­ume vorstellen können.

Wer sich selbst ein Bild von Michael Finsingers Konzept machen oder seine Initiative für einen besseren ÖPNV unterstütz­en will, kann das unter www.verkehr4x0.de tun.

Herzstück des Konzepts sind Schnellbus­linien

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