Augsburger Allgemeine (Land West)

Traurige Theaterfre­unde in den Stauden

Kultur Auch in diesem Herbst wurde es wegen Corona nichts mit den Aufführung­en der Theater im Landkreis Augsburg. Worauf Darsteller und Vereine jetzt hoffen

- VON MARCUS ANGELE

Landkreis Augsburg Eigentlich sind Berichte und Geschichte­n über Theaterver­eine immer lustig. Und gerade in der jetzigen Zeit würden sie vielen Leuten so guttun, findet Armin Kraus von der Schloßberg­bühne Scherstett­en. „Lachen und Fröhlichke­it ist ja nachgewies­en eine gute Medizin.“Kraus spricht da wohl allen seinen Theaterkol­legen aus dem Landkreis Augsburg aus der Seele. Der plötzliche Corona-Lockdown hat den meisten Vereinen, die um die Osterzeit ihre Stücke aufführen wollten, böse dazwischen gefunkt. Auch in der nahen Zukunft schaut es auf den berühmten Brettern, die die Welt bedeuten, eher mau aus.

Kraus erinnert sich: „Wir hatten ja unser Stück schon zweimal gespielt und wollten unsere Termine noch durchziehe­n, doch am zweiten Wochenende war uns das dann doch zu heiß. So mussten wir die Kartenbesi­tzer anrufen und die Termine stornieren. An diesem Freitagabe­nd kamen dann noch die, die wir nicht erreicht hatten. Mit denen haben wir noch ein letztes Theaterbie­r getrunken und gehofft, dass die Situation bald besser wird.“Besser wurde es nicht.

Christian Eller war mit seinen Theaterfre­unden aus Margertsha­usen fast in der gleichen Lage: „Zwei Tage vor der Premiere mit ,Nix Amore am Lago Maggiore‘ war alles bereit und dann wurde aus der letzten Probe eine Krisensitz­ung mit Tränen. Zum Schluss war eben ,Nix Theater in Margertsha­usen‘ angesagt.“Aus dem letzten Satz hört man bei ihm schon deutlich die Enttäuschu­ng heraus. Auch eine Verschiebu­ng der Termine in den Herbst war nicht die erhoffte Lösung.

Der beliebte Kabarettab­end, in diesem Jahr mit Helmut A. Binser, wurde schließlic­h ebenfalls ein Opfer der Corona-Maßnahmen. Sowohl Armin Kraus als auch Christian Eller sind sich einig, dass sie erst wieder spielen, wenn es unter normalen Umständen möglich ist. Bei beiden Vereinen ist das Bühnenbild noch aufgebaut. „Wir müssen dann nur noch vorher abstauben“, lacht Christian Eller. Gerade die kleinen Bühnen leben eben auch von der Nähe zum Publikum.

Auch im Gemeindeze­ntrum Mittelneuf­nach blieb der Vorhang an Ostern geschlosse­n. Die zwölf Mitglieder der Jugendthea­tergruppe waren schon mitten in den Proben, als die Absage notwendig wurde. „Klar war die Enttäuschu­ng bei den Jugendlich­en groß. Sie sind mit so viel Engagement bei der Sache und dann bremst dich so ein kleiner Virus aus“, blickt Gottfried Wenger zurück und denkt schon weiter: „Ganz wichtig ist es jetzt, und da sind wir uns sicher alle einig, dass wir Vereine, die Jugend und Kinder nicht verlieren dürfen.

Es ist eine heikle Situation, wenn man zum Beispiel ein halbes oder ganzes Jahr nicht mehr tanzen, schießen, Theater oder Fußball spielen gehen darf. Da verliert sich in dem Alter schnell das Interesse. Und dann? Dann fehlt plötzlich der dringend benötigte Nachwuchs. Vereinsleb­en zeichnet sich eben schon immer von einem gesunden Miteinande­r von Alt und Jung aus. Das wird in der Zukunft eine schwere Aufgabe für alle Vereine, aber auch für die Eltern.“Traurig blickt Wenger nun auch auf die ausgefalle­nen Termine im jetzigen November, wo normalerwe­ise das „große“Ensemble des Theaterver­eins Mittelneuf­nach das Publikum mit ihrer Darbietung erfreuen würde. „Das ist ja nicht nur schade für uns Spieler. Jeder freut sich doch schon, wenn er das ein oder andere bekannte Gesicht auf der Bühne sieht. Wenn du dann noch gut unterhalte­n wirst, ist doch alles perfekt, egal ob das jetzt beim Theater oder beim Faschingsv­erein oder bei einer sonstigen Veranstalt­ung ist. Die Leute brauchen das einfach für das Wohlbefind­en“, resümiert Gottfried Wenger.

Genauso sieht es Georg Schweinber­ger von der Theaterrie­ge des TSV Ustersbach. „Dauernd Stress in der Arbeit und vielleicht zu Hause dazu Termine – da brauchst du einfach auch mal einen heiteren Ausgleich oder was Entspannen­des.“Der TSV Ustersbach hatte wie auch der Theaterver­ein aus Konradshof­en etwas mehr Glück. Sie brachten ihre Stücke Anfang des Jahres gerade noch vor der CoronaBrem­se sprichwört­lich über die Bühne. „Oh ja, da waren wir echt froh, dass wir da unsere Veranstalt­ungen nicht rückabwick­eln mussten“, sagen Georg Schweinber­ger aus Ustersbach und Jutta Schnell von den Konradshof­er Theatermim­en im Gleichklan­g. Für beide wäre es sehr bitter gewesen, wenn nach den vielen Proben und dem ganzen Aufwand alles abgesagt hätte werden müssen. „Da tun uns die Kollegen von den anderen Vereinen, die das leidvoll mitmachen mussten, echt leid“, sagt Jutta Schnell voller Mitgefühl.

Hoffnungsv­oll, dass die CoronaGesc­hichte vielleicht bald vorbei ist, war schließlic­h Hubert Hillenbran­d vom TSV Ustersbach und suchte bereits im Sommer fleißig nach einem neuen Stück. Doch im Oktober deutete sich schon an, dass in Ustersbach die Saison 2020/2021 ebenso wie in den anderen Orten ausfallen würde. Auch die Weihnachts­feier des TSV entfällt, was für Georg Schweinber­ger sehr schade ist: „Das war immer eine Feier für das ganze Dorf, von lustig bis besinnlich – aber wir müssen da jetzt einfach vernünftig sein und hoffen, dass wir nächstes Jahr wieder durchstart­en können.“

In Mittelneuf­nach entfallen der traditione­lle Nikolausem­pfang und mit ihm das geplante Theaterstü­ck der Schülergru­ppe. Aber wenn Weg A nicht geht, dann sucht man sich halt einen guten Weg B. „Der Nikolaus beschenkt hier die Kinder schon seit fast 40 Jahren. Diese schöne Aktion von Theaterver­ein und Neufnarria soll auch heuer stattfinde­n. Deshalb muss der Nikolaus in diesem Jahr zu den Kindern kommen und ihnen das Päckchen vor die Tür legen“, meint Gottfried Wenger mit einem Lächeln.

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Fotos: Marcus Angele Schluss mit lustig: Auch Stephan Knöpfle und Jutta Schnell aus Konradshof­en müssen zurzeit pausieren.
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Regisseur Hubert Hillenbran­d vom TSV Ustersbach war im Sommer schon fleißig am Lesen – doch es wird noch etwas dauern, bis sein ausgewählt­es Stück auf‰ geführt wird.

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