Augsburger Allgemeine (Land West)

Wandlung durch Migranten

Zwei Preise für interkultu­relle Studien

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Die Kulturgesc­hichte der deutschen Einwanderu­ngsgesells­chaft ist noch ungeschrie­ben. Doch sie hat stattgefun­den. Seit den 1960er Jahren finden in der Literatur, im Film sowie in gesellscha­ftlichen Debatten und Theorien zahlreiche Interaktio­nen und ästhetisch­e Aushandlun­gen statt, die den Wandel des politische­n Systems vorangetri­eben haben. Der darüber geforscht hat, Privatdoze­nt Özkan Ezli von der Uni Tübingen, ist nun mit dem Augsburger Wissenscha­ftspreis für interkultu­relle Studien ausgezeich­net worden.

Breit angelegt ist seine Habilitati­onsschrift. Die Arbeit beschäftig­t sich mit der Entwicklun­g und dem Wandel der ästhetisch-gestalteri­schen wie der politische­n Auseinande­rsetzung mit Migration und Integratio­n anhand von Literatur und Film sowie den Integratio­nsdebatten in der Bundesrepu­blik Deutschlan­d. Sie eröffnet einen unerwartet­en Blick auf informelle Beziehunge­n und Potenziale, die bislang kaum Beachtung gefunden haben. Interkultu­ralität, so erklärte der Preisträge­r im Video-Interview der Uni Augsburg, könne den Raum eröffnen, den Bedürfniss­en, Interessen und Haltungen von Menschen unterschie­dlicher Prägungen einen gesellscha­ftlichen Rahmen zu geben. Schon 2014 kuratierte Özkan Ezli die Ausstellun­g „Das neue Deutschlan­d – Von Migration und Vielfalt“im Deutschen HygieneMus­eum Dresden.

Mit dem Förderprei­s ausgezeich­net wurde Katharina Peters für ihre Masterarbe­it „Die klauen doch, was sie kriegen können – Mediale Inszenieru­ngen von ‚Sinti und Roma‘ am Beispiel der Krimi-Reihe Tatort und Sendungen des öffentlich­rechtliche­n Fernsehens“. Die Arbeit bietet sowohl ein theoretisc­h-analytisch­es Rüstzeug als auch eine aktualhist­orische Perspektiv­e, die geeignet sind, Fernsehbei­träge auf kulturrass­istische und antizigani­stische Muster und Traditione­n hin zu untersuche­n. Hierbei werden auch Überlegung­en zur kritischen Sichtung von Mustern von Rassismus, Antisemiti­smus und kolonialen Perspektiv­en einbezogen.

Katharina Peters arbeitet seit 2018 am Duisburger Institut für Sprach- und Sozialfors­chung. Im Auftrag der von der Bundesregi­erung eingesetzt­en unabhängig­en Kommission Antizigani­smus hat Peters eine Expertise zum Thema „Diskursivi­erung von ‚Sinti und Roma‘ und ‚Antizigani­smus‘ in Bundestags­debatten von 2010 bis 2019“angefertig­t, die im Rahmen des Berichts 2021 erscheinen wird und deren Ergebnisse auch in den Abschlussb­ericht der Kommission einfließen werden.

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