Augsburger Allgemeine (Land West)

Stadt will Klimacamp weiterhin loswerden

Justiz Das Protestlag­er soll verschwind­en, wenn es nach der Stadt geht. Nach der Niederlage vor Gericht will Oberbürger­meisterin Eva Weber in die nächste Instanz gehen. Die Grünen üben eher leise Kritik

- VON STEFAN KROG

Die Stadt Augsburg will das Klimacamp neben dem Rathaus weiterhin loswerden. Zwei Wochen nachdem das Augsburger Verwaltung­sgericht einen Räumungsbe­scheid der Stadt gegen das Protest-Camp aufgehoben hat, will die Stadt nun in die nächste Instanz ziehen. Wie die Stadt am Mittwoch mitteilte, soll „nach intensiven Beratungen“die Zulassung zur Berufung beim Verwaltung­sgerichtsh­of in München beantragt werden.

Die Stadt ist der Auffassung, dass es sich beim Klimacamp um keine vom Versammlun­gsrecht geschützte Demonstrat­ion handelt. Das Gericht stützte hingegen die Sichtweise der Initiatore­n, die ihre Veranstalt­ung als Demonstrat­ion sehen. Die Frage, ab wann die Kriterien für eine Demonstrat­ion erfüllt sind, sei grundsätzl­ich wichtig, begründet die Stadt den beabsichti­gten Schritt in die nächste Instanz.

Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) begründet die Entscheidu­ng so: „Die Versammlun­g auf dem Fischmarkt wird in der Stadtgesel­lschaft unterschie­dlich wahrgenomm­en und bewertet. Als Oberbürger­meisterin der Stadt Augsburg möchte ich daher rechtlich klären lassen, ob unbefriste­tes Campieren auf öffentlich­en Plätzen unter den durch das Grundgeset­z geschützte­n Versammlun­gsbegriff fällt – auch, um mit eventuelle­n und zukünftige­n Versammlun­gen anderer Interessen­sgruppen umgehen zu können.“Der Stadtrat müsse mit dieser Thematik nicht befasst werden, weil diese Entscheidu­ng ein laufendes Geschäft der Verwaltung sei, heißt es seitens der Stadt. Die Grünen, die den Räumungsbe­scheid im Sommer unter Bauchgrimm­en mitgetrage­n hatten, sprachen sich zuletzt dafür aus, das Urteil aus der ersten Instanz zu akzeptiere­n. Die grüne Fraktionsc­hefin im Stadtrat, Verena von Mutius-Bartholy, hatte gesagt, man sehe keinen Grund für einen Weg in die zweite Instanz. Das habe man auch Eva Weber so signalisie­rt.

Darauf nahm die Oberbürger­meisterin nun aber offensicht­lich keine Rücksicht. Von der GrünenFrak­tion kam am Mittwoch Kritik an der Entscheidu­ng, wenngleich auch nicht besonders scharf formuliert. Man habe das Urteils des Augsburger Verwaltung­sgerichts begrüßt und halte die Angelegenh­eit für juristisch geklärt, sagte der Fraktionsv­orsitzende Peter Rauscher. „Wir als Fraktion waren uns früh einig, dass das Camp richtig und wichtig ist. Denn es schafft Aufmerksam­keit für das existenzie­ll wichtige Thema Klimaschut­z“, so Rauscher.

Von der CSU hieß es kurz nach Bekanntgab­e der städtische­n Mitteilung, dass man den Gang in die nächste Instanz begrüße. Dabei handle es sich um keine politische Entscheidu­ng, auf die die CSU Einfluss genommen habe, erklärte Fraktionsc­hef Leo Dietz. Es gehe darum, Klarheit in einer Grundsatzf­rage zu bekommen. Freilich ist es auch kein Geheimnis, dass zumindest ein Teil der CSU-Fraktion das Klimacamp auch aufgrund seines Erscheinun­gsbildes neben dem Rathaus gerne beendet sehen möchte.

Oberbürger­meisterin Weber bezeichnet­e Klimaschut­z unabhängig von der Rechtsstre­itigkeit als „wichtig und vor allem auch sehr dringlich“. Die Stadt arbeite an Sofortmaßn­ahmen, der Klimabeira­t werde bald Handlungse­mpfehlunge­n vorstellen. Mit dem Programm „Blue City“wolle man es Bürgern ermögliche­n, aktiv am Klimaschut­z mitzuwirke­n. Man wisse, dass man zulegen müsse, erklärte auch Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne), und bereite konkrete Maßgaben vor. Weber wies auch darauf hin, dass nur etwa 30 Prozent der in Augsburg anfallende­n Emissionen konkret vor Ort beeinfluss werden könnten.

Die Aktivisten des Camps halten der Stadt vor, in Sachen Klimaschut­z zu zögerlich vorzugehen. Maßstab müsse die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels sein. Davon sei die Stadt aber weit entfernt. Zum rechtliche­n Vorgehen der Stadt äußerten sich die Aktivisten enttäuscht. „Aus Reihen der CSU hören wir in persönlich­en Gesprächen immer, wir müssten demokratis­che Entscheidu­ngen akzeptiere­n. Demokratie sei kein Wunschkonz­ert und Klimapolit­ik müsse sich den rechtliche­n Vorgaben anpassen“, so Aktivistin Janika Pondorf. Oberbürger­meisterin Weber tue sich aber offenbar schwer damit, eine Gerichtsen­tscheidung hinzunehme­n. Ihr politische­s Handeln lasse auch nicht den Schluss zu, dass sie Klimaschut­z als „dringliche­s“Thema sehe. Sobald die Stadt konkrete Maßnahmen ergreife, werde das Klimacamp verschwind­en. „Wir sind nicht zum Spaß hier. Wir wollen alle nach Hause gehen und die Frist ist klar. Die Stadt muss uns zeigen, dass sie Verantwort­ung übernimmt und echte Maßnahmen einleitet“, so Camperin Anouk Zenetti.

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Foto: Ulrich Wagner Die Aktivisten des Augsburger Klimacamps fordern von der Stadt mehr Anstrengun­gen im Kampf gegen die Klimakrise. Seit An‰ fang Juli campen sie deshalb schon neben dem Rathaus.

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