Augsburger Allgemeine (Land West)
Stadt will Klimacamp weiterhin loswerden
Justiz Das Protestlager soll verschwinden, wenn es nach der Stadt geht. Nach der Niederlage vor Gericht will Oberbürgermeisterin Eva Weber in die nächste Instanz gehen. Die Grünen üben eher leise Kritik
Die Stadt Augsburg will das Klimacamp neben dem Rathaus weiterhin loswerden. Zwei Wochen nachdem das Augsburger Verwaltungsgericht einen Räumungsbescheid der Stadt gegen das Protest-Camp aufgehoben hat, will die Stadt nun in die nächste Instanz ziehen. Wie die Stadt am Mittwoch mitteilte, soll „nach intensiven Beratungen“die Zulassung zur Berufung beim Verwaltungsgerichtshof in München beantragt werden.
Die Stadt ist der Auffassung, dass es sich beim Klimacamp um keine vom Versammlungsrecht geschützte Demonstration handelt. Das Gericht stützte hingegen die Sichtweise der Initiatoren, die ihre Veranstaltung als Demonstration sehen. Die Frage, ab wann die Kriterien für eine Demonstration erfüllt sind, sei grundsätzlich wichtig, begründet die Stadt den beabsichtigten Schritt in die nächste Instanz.
Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) begründet die Entscheidung so: „Die Versammlung auf dem Fischmarkt wird in der Stadtgesellschaft unterschiedlich wahrgenommen und bewertet. Als Oberbürgermeisterin der Stadt Augsburg möchte ich daher rechtlich klären lassen, ob unbefristetes Campieren auf öffentlichen Plätzen unter den durch das Grundgesetz geschützten Versammlungsbegriff fällt – auch, um mit eventuellen und zukünftigen Versammlungen anderer Interessensgruppen umgehen zu können.“Der Stadtrat müsse mit dieser Thematik nicht befasst werden, weil diese Entscheidung ein laufendes Geschäft der Verwaltung sei, heißt es seitens der Stadt. Die Grünen, die den Räumungsbescheid im Sommer unter Bauchgrimmen mitgetragen hatten, sprachen sich zuletzt dafür aus, das Urteil aus der ersten Instanz zu akzeptieren. Die grüne Fraktionschefin im Stadtrat, Verena von Mutius-Bartholy, hatte gesagt, man sehe keinen Grund für einen Weg in die zweite Instanz. Das habe man auch Eva Weber so signalisiert.
Darauf nahm die Oberbürgermeisterin nun aber offensichtlich keine Rücksicht. Von der GrünenFraktion kam am Mittwoch Kritik an der Entscheidung, wenngleich auch nicht besonders scharf formuliert. Man habe das Urteils des Augsburger Verwaltungsgerichts begrüßt und halte die Angelegenheit für juristisch geklärt, sagte der Fraktionsvorsitzende Peter Rauscher. „Wir als Fraktion waren uns früh einig, dass das Camp richtig und wichtig ist. Denn es schafft Aufmerksamkeit für das existenziell wichtige Thema Klimaschutz“, so Rauscher.
Von der CSU hieß es kurz nach Bekanntgabe der städtischen Mitteilung, dass man den Gang in die nächste Instanz begrüße. Dabei handle es sich um keine politische Entscheidung, auf die die CSU Einfluss genommen habe, erklärte Fraktionschef Leo Dietz. Es gehe darum, Klarheit in einer Grundsatzfrage zu bekommen. Freilich ist es auch kein Geheimnis, dass zumindest ein Teil der CSU-Fraktion das Klimacamp auch aufgrund seines Erscheinungsbildes neben dem Rathaus gerne beendet sehen möchte.
Oberbürgermeisterin Weber bezeichnete Klimaschutz unabhängig von der Rechtsstreitigkeit als „wichtig und vor allem auch sehr dringlich“. Die Stadt arbeite an Sofortmaßnahmen, der Klimabeirat werde bald Handlungsempfehlungen vorstellen. Mit dem Programm „Blue City“wolle man es Bürgern ermöglichen, aktiv am Klimaschutz mitzuwirken. Man wisse, dass man zulegen müsse, erklärte auch Umweltreferent Reiner Erben (Grüne), und bereite konkrete Maßgaben vor. Weber wies auch darauf hin, dass nur etwa 30 Prozent der in Augsburg anfallenden Emissionen konkret vor Ort beeinfluss werden könnten.
Die Aktivisten des Camps halten der Stadt vor, in Sachen Klimaschutz zu zögerlich vorzugehen. Maßstab müsse die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels sein. Davon sei die Stadt aber weit entfernt. Zum rechtlichen Vorgehen der Stadt äußerten sich die Aktivisten enttäuscht. „Aus Reihen der CSU hören wir in persönlichen Gesprächen immer, wir müssten demokratische Entscheidungen akzeptieren. Demokratie sei kein Wunschkonzert und Klimapolitik müsse sich den rechtlichen Vorgaben anpassen“, so Aktivistin Janika Pondorf. Oberbürgermeisterin Weber tue sich aber offenbar schwer damit, eine Gerichtsentscheidung hinzunehmen. Ihr politisches Handeln lasse auch nicht den Schluss zu, dass sie Klimaschutz als „dringliches“Thema sehe. Sobald die Stadt konkrete Maßnahmen ergreife, werde das Klimacamp verschwinden. „Wir sind nicht zum Spaß hier. Wir wollen alle nach Hause gehen und die Frist ist klar. Die Stadt muss uns zeigen, dass sie Verantwortung übernimmt und echte Maßnahmen einleitet“, so Camperin Anouk Zenetti.