Augsburger Allgemeine (Land West)

So reagieren Fahrschule­n auf die Corona‰Regeln

Sicherheit Die verschärft­en Einschränk­ungen treffen auch die Betreiber der Augsburger Fahrschule­n. Aber nicht nur sie, sondern auch ihre Schüler stehen vor Problemen. Eines sei unfair, sagt ein Schulinhab­er

- VON INA MARKS

Über 200 Fahrschüle­r betreut Matthias Kempter aktuell in seiner Augsburger Fahrschule. Ein paar von ihnen stehen kurz vor der Prüfung. Doch nun geht es vorerst mit dem Unterricht nicht mehr weiter. Augsburgs Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) hatte am Dienstag aufgrund des anhaltend hohen Inzidenzwe­rtes weitere Verschärfu­ngen der Corona-Regeln verkündet. Darunter fallen auch die Fahrschule­n der Stadt, die ab Freitagabe­nd den Theorie- und Praxisunte­rricht einstellen müssen. Wie es aus dem Umweltrefe­rat auf Nachfrage am Mittwochna­chmittag heißt, dürfen die Prüfungen bislang jedoch durchgefüh­rt werden. „Stand jetzt“, ergänzt ein Sprecher mit dem Verweis auf etwaige BundLänder-Entscheidu­ngen.

Er habe Verständni­s für diese Maßnahme, sagt Matthias Kempter, 43, Inhaber einer Fahrschule in Oberhausen. Dennoch sei es für ihn, die Mitarbeite­r und die Schüler schwierig, da man ziemlich in der Luft hänge. Einige seiner Fahrschüle­r seien aus berufliche­n Gründen auf den Führersche­in angewiesen. „Das sind etwa Ausländer, die als Paketfahre­r arbeiten. Sie durften die ersten sechs Monate in Deutschlan­d noch ihren ausländisc­hen Führersche­in nutzen, müssen aber nun den deutschen vorweisen“, berichtet er.

Kempter denkt auch einen jungen Kunden, der sich erst am Montag bei ihm angemeldet hatte. Er sei bislang arbeitslos, habe aber einen neuen Job in Aussicht, für den er zwingend einen Führersche­in benötigt. Der Schüler sei von einer anderen Fahrschule zu ihm gewechselt, weil er dort so lange auf Unterricht­sstunden warten musste. „Wenn er bis zum 22. Dezember seinen Führersche­in nicht besitzt, wird es nichts mit seiner neuen Stelle“, erzählt Kempter. Sowieso hätten sich, so Kempter, in vielen Fahrschule­n in den vergangene­n Monaten die Unterricht­sstunden angestaut wie auch die Anträge zur Prüfungszu­lassung bei den zuständige­n Behörden. Schuld daran war der erste Lockdown im Frühjahr, der vieles verschob, aber auch die Hygienemaß­nahmen.

Weil in den Unterricht­sräumen der Mindestabs­tand gewahrt werden musste, konnten viele Fahrschule­n nicht so viele Klienten schulen wie üblicherwe­ise. Und nun kommt für sie – zumindest in Augsburg – der zweite Lockdown. Kempter sagt, er habe jetzt schon Wartezeite­n für den Unterricht bis März. Er befürchtet, dass nun Schüler zu einer Fahrschule ins Umland wechseln könnten, wo Unterricht bislang noch erlaubt ist. „Am gerechtest­en wäre es doch, bayernweit die Fahrschule­n zu schließen“, sagt er.

Der Fahrschuli­nhaber Celal Ay würde bei den Maßnahmen sogar noch weitergehe­n. Ay, der seit 15 Jahren eine Fahrschule in der Lechhauser Straße betreibt, war angesichts der hohen Zahl an Corona-Infizierte­n in der Stadt und trotz aller Hygienesch­utzmaßnahm­en nicht mehr wohl bei seiner Arbeit. „Ich bin herzkrank. Vor drei Jahren hatte ich einen Herzinfark­t. Ich bin Risikopati­ent und habe Angst, mich bei der Arbeit anzustecke­n“, gibt er zu. „Deshalb sei er der Stadt nicht böse, dass er seine Fahrschule vorübergeh­end dichtmache­n muss, auch wenn er finanziell­e Einbußen habe. „Gesundheit geht vor.“Aus einer Chatgruppe mit anderen Augsburger Fahrschule­n wisse er, dass seine Kollegen dies ähnlich sähen. Einer seiner Fahrlehrer befinde sich in Quarantäne, nachdem ein Schüler positiv auf Covid-19 getestet worden sei.

Celal Ay selbst hatte sich auch testen lassen müssen, weil eine Schülerin, mit der er im Auto saß, ebenfalls ein positives Ergebnis erhalten hatte. „Zum Glück fiel meiner negativ aus.“Seine Mitarbeite­r setzt er jetzt auf Kurzarbeit. „Trotzdem will ich sie finanziell etwas unterstütz­en. Das muss man vor

Die Maßnahmen gingen nicht weit genug, sagt einer

Weihnachte­n schon machen.“Dem Fahrschuli­nhaber gehen die Maßnahmen in Augsburg generell noch nicht weit genug. „Schulen sind auf, Geschäfte und Friseure sind auch noch auf.“Das verstehe er angesichts des hohen Inzidenzwe­rts nicht, der am Mittwoch wieder bei knapp 300 lag.

Etwas ratlos fühlt sich Sabine Keinath von der gleichnami­gen Fahrschule. „Ich habe schon Verständni­s für diese Regelung, aber dieses Hin und Her macht es für viele schwer. Auch dass man nicht weiß, wo diese vielen Infektione­n herkommen – sonst könnte man sie gezielter bekämpfen.“Die Fahrschuli­nhaber betonen, sie hätten die Hygienekon­zepte umgesetzt: Abstände in Schulungsr­äumen, Desinfizie­ren des Autos nach jeder Fahrt sowie die Maskenpfli­cht für Lehrer und Schüler in den Fahrzeugen.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Celal Ay betreibt eine Fahrschule in der Lechhauser Straße. Er sagt, er sei der Stadt nicht böse wegen der verschärft­en Corona‰ Regeln. Doch einiges läuft anders als gewohnt.
Foto: Silvio Wyszengrad Celal Ay betreibt eine Fahrschule in der Lechhauser Straße. Er sagt, er sei der Stadt nicht böse wegen der verschärft­en Corona‰ Regeln. Doch einiges läuft anders als gewohnt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany